«Ich habe Krankenschwester gelernt, bei den Diakonissen in Stuttgart (D) – in voller Uniform inklusive Häubchen», erzählt Margret Eschbach. Eigentlich wollte sie einst Kunstglaserin werden, hatte sogar eine Lehrstelle. Sie fand aber keine Wohnung in der Stadt. So wurde sie quasi aus der Not heraus Pflegefachfrau und lernte zu dienen. Bald merkte Margret Eschbach, dass es ihr auf den Abteilungen zu langweilig war, und meldete sich für die 
Intensivstation. «Dort gefiel es mir. Es war immer viel und Ungewöhnliches los.» Innert Kürze mussten neue Entscheide getroffen werden. «Jetzt lebe ich in der gleichen Situation, in der wir stets offen sein müssen für Neues, damit wir mithalten können.»


Seit 20 Jahren Gemüsebau


In diesem Zusammenhang klingt es erstaunlich, dass Margret Eschbach zusammen mit ihrem Mann Andreas seit 20 Jahren einen Gemüsebaubetrieb führt – in fünfter Generation, zuoberst in Füllinsdorf BL.


Vor 24 Jahren heirateten sie, und auf den Hochzeitsfotos sieht man immer wieder drei junge Afrikaner in einfacher Kleidung. «Sie waren Flüchtlinge aus dem Kongo und aus Nigeria, die bei uns gearbeitet haben», erklärt die Bäuerin.

Seit Margret Eschbach auf dem Betrieb lebt, hatten sie stets afrikanische Männer und Frauen angestellt. Heute kommen sie aus Somalia und Eritrea. Das kommt ihr entgegen, denn nach Abschluss ihrer Ausbildung reiste sie nach Gambia in Westafrika, wo sie als Volontärin in einem Spital arbeitete. «Jene Zeit hat mich geprägt: offen zu sein gegenüber der Mit- und Umwelt, die Dinge gelassen anzugehen, sich Auszeiten zu gönnen.»


Rascher zufrieden sein


Heute heisse das «Slow down», aber in Afrika sei diese Lebensweise schon immer verfolgt worden. Das einfache Leben dort lehrte Margret Eschbach ebenso, mit bestimmten Gegebenheiten zufrieden zu sein.

Ihre Schwiegereltern waren nicht die Ersten, die Vertriebene eingestellt hatten. Bereits Andreas Eschbachs Urgrossvater hatte 1943 einen jüdischen Flüchtling beherbergt. Die offiziellen Papiere aus Bern, die den Aufenthalt regelten, bewahren Eschbachs sorgfältig auf. Heute ist der Mann 91 Jahre alt und lebt in Israel. Margret und Andreas Eschbach hatten ihn Anfang Monat besucht.


Mit Offenheit gut aufgestellt


Die Eschbachs sind gut damit gefahren, gegenüber dem Andersartigen offen zu sein und hin und wieder «querzudenken». Denn das Leben biete verschiedene Richtungen. Was die grosse Masse tue, müsse nicht unbedingt das Richtige sein. Ihr Haus ist offen. Das könne ein Wagnis sein, aber es biete auch Abenteuer.

Den offenen Geist hat das Betriebsleiterpaar auf seine drei Kinder übertragen, die sich immer noch gerne daheim aufhalten, auch wenn sie zwischendurch auf grosser Reise sind. Martina (21) ist Pharma-Assistentin, seit ein paar Monaten in Australien und wird im Herbst ein Pharmazie-Studium beginnen. Nicola (20) befindet sich im letzten Lehrjahr als Automatiker (Robotertechnik). Nach dem Abschluss wolle er dem Ruf der weiten Welt folgen. Und der 18-jährige Oliver steht gegenwärtig im zweiten Lehrjahr als Gemüsegärtner. «Aber wir drängen ihn keinesfalls, den Betrieb zu 
übernehmen. Wir sprechen nicht einmal davon.»

Sie und ihr Mann hätten allen Kindern stets gesagt, sie seien frei in der Berufswahl. Zufrieden und natürlich auch etwas stolz sagt Margret Eschbach: «Für uns ist es eine Freude, dass alle drei auf gutem Weg sind.»


Innovativ unterwegs


Die neueste Innovation auf dem Betrieb in Füllinsdorf ist die Gründung der 2B-Fresh Eschbach AG (www.2bfresh.ch): ein gemeinsames Unternehmen mit einer israelischen Firma. Vor ein paar Monaten startete die Familie Eschbach mit dem Anbau und dem Verkauf von frisch geernteten «Micro Leaves». Das sind knackig-zarte, bunte, schmackhafte Kräuter, Salate und Gemüse, die im Keimstadium geerntet werden. Margret Eschbachs Augen strahlen: «Die farbenreichen Blättchen lassen die Herzen von Spitzenköchen, der Einkäufer von Grossverteilern und unsere eigenen höherschlagen.»


Benildis Bentolila