«Wir haben gerade von Landwirten viele Anfragen in Sachen Ergänzungsleistungen», weiss Esther Gerber, Sozialarbeiterin bei der Pro Senectute Emmental-Oberaargau in Konolfingen. «Auch wenn die Akzeptanz sehr unterschiedlich ist. Selbst wenn das Geld regelmässig nicht bis zum Monatsende reicht, geniert sich manch einer, Hilfe zu beanspruchen. Dabei sind Ergänzungsleistungen keineswegs Sozialhilfe, sondern ein rechtlicher Anspruch um die minimalen Lebenskosten zu decken.»

Tipp 1: Beratung lohnt sich

Generell werden Ergänzungsleistungen ein Thema, wenn die anerkannten Ausgaben die Einnahmen überschreiten. Ob aber tatsächlich ein Recht darauf besteht, muss individuell geprüft werden. «Wenn etwas beim Nachbarn gilt, heisst das noch lange nicht, dass das auch im eigenen Fall so funktioniert», erklärt Esther Gerber. «Da spielen sehr viele Aspekte ineinander. Es lohnt sich daher, frühzeitig bei Pro Senectute eine kostenlose Beratung mit Fokus auf die Sozialversicherungen in Anspruch zu nehmen. Im Idealfall schon vor der Hofübergabe. Haben wir die notwendigen Angaben, können wir eine provisorische Berechnung für die Alterssituation erstellen. Auch für den Fall, dass eine Hälfte eines Ehepaares in ein Pflegeheim muss.»

Tipp 2: Fürs Alter rechnen

Gerade bei Mehrgenerationenhaushalten, wenn Vater und Mutter ein Wohnrecht haben, kann es knifflig werden. Wohnt die Senior-Generation gratis auf dem Betrieb, wird der Eigenmietwert der Wohnung zu ihrem Einkommen dazu gerechnet, selbst wenn sie das Haus bereits an die jüngere Generation überschrieben haben. Steckt ein Grossteil des Vermögens in den eigenen vier Wänden, kann es daher unter Umständen sinnvoll sein, das Wohnhaus nicht an die junge Generation zu überschreiben. Esther Gerber: «Wer die eigene Liegenschaft selbst bewohnt, kann einen Freibetrag von 112?000 Franken abziehen – aber eben nur, wenn sie einem noch gehört.»

Tipp 3: Vermögen darf sein

Auch mit etwas Vermögen kann ein Recht auf Ergänzungsleistungen bestehen: 37500 Franken pro Person, bzw. 60?000 Franken pro Paar sind frei. Ist das Vermögen grösser, muss von diesem Betrag jährlich zehn Prozent an den Unterhalt gegeben werden. Kommt man ins Pflegeheim, sind es 20 Prozent.

Ein Beispiel: Vermögen auf dem Bankkonto: 100000 Franken, Freibetrag: 37500 Franken,angerechnetes Restvermögen: 62500 Franken 
Davon muss jährlich 6250 Franken an den eigenen Unterhalt bezahlt werden, solange man zuhause lebt. Im Heim sind es 12?500 Franken.

Tipp 4: Vorsicht mit Schenkungen

Umsicht ist geboten, wenn man zu wenig Einkommen für den eigenen Lebensunterhalt im Alter hat und dennoch aus dem Vermögen Geld verschenkt, «damit es mir später das Heim nicht nimmt.» Solche Gross- zügigkeit, zum Beispiel den eigenen Kindern gegenüber, kann verhindern, dass man Ergänzungsleistungen beziehen kann oder diese zumindest kleiner ausfallen. «Hier bestehen noch viele Vorur- teile», sagt Ester Gerber. «Ein Pflegeheim ist nun mal nicht gratis. Und man kann nicht mit der einen Hand Geld verschenken und mit der anderen Hand Unterstützung beanspruchen.» Schenkungen werden daher im Schenkungs- sowie im Folgejahr dem Vermögen angerechnet. Anschliessend wird der angerechnete Betrag jedes Jahr um 10?000 Franken reduziert.

Tipp 5: Pflegefall

Ein Wohnrecht ist nicht gleichbedeutend mit einem Gratis-Pflegeplatz. «Die jüngere Generation tut sich oft schwer damit, für Pflegeleistungen etwas zu verlangen», weiss Ester Gerber aus Erfahrung. «Doch klare Reglungen helfen beiden Seiten. Und geht es um Ergänzungsleistungen, werden rückwirkende Ansprüche gar nicht akzeptiert.» Lebt man daheim, wird zudem nur eine Stunde Pflege à 25 Franken pro Tag anerkannt.

Ist ein Senior, eine Seniorin seit mindesten einem Jahr unterbrochen auf Hilfe angewiesen, lohnt es sich abzuklären, ob ein Anspruch auf Hilflosenentschädigung besteht. Da- zu gehört Hilfe beim An- und Ausziehen der Kleider beim Aufstehen, Hinsetzen, Hinlegen beim Essen bei der Körperpflege beim Toilettengang bei der Fortbewegung Die Entschädigung beträgt je nach Grad der Hilflosigkeit zwischen 235 und 940 Franken pro Monat.

«Sowohl bei Finanzierungs- wie auch bei Pflegefragen gilt: Es ist es immer gut, wenn die ganze Familie mit zum Beratungsgespräch kommt», rät Ester Gerber. «Auch Geschwister, die nicht auf dem Hof leben. So lässt sich im Gespräch meist die beste Lösung für eine Situation finden.» Cornelia von Däniken

 Cornelia von Däniken