Er hat das Lager der Kühe mit Stroh eingestreut und gibt nun mit der Gabel Heu und Silofutter in die Krippe. Simon Tobler ist Betriebshelfer und arbeitet seit einem Monat auf dem Hof von Urs Rechsteiner im Schaugentobel bei St.Gallen. Dieser hatte sich bei einem Unfall während eines Holzschlags einen Wadenbeinbruch und einen Bänderriss zugezogen. Er kann zwar zu Hause sein, aber es ist ihm nicht möglich, die tägliche Arbeit auf dem Hof zu verrichten.

«Da lernst du unheimlich viel»

Sohn und Frau des Betriebsleiters haben Tobler am ersten Tag seines Einsatzes in seine Arbeit eingeführt. Dazu gehören jetzt im Winter vor allem das Melken morgens und abends, das Füttern der Kühe und des Jungviehs sowie das Reinigen des Stalles und die Pflege der Tiere.

Der Betriebshelfer ist 20 Jahre alt und hat vor einem halben Jahr seine Ausbildung als Landwirt EFZ an der landwirtschaftlichen Schule Rheinhof im St.Galler Rheintal abgeschlossen. Wie die meisten jungen Landwirte kann er nicht gleich den Hof der Eltern übernehmen. Doch, anstatt wie viele seiner Kollegen als landwirtschaftlicher Angestellter oder im Baugewerbe zu arbeiten, möchte er das „Bauern“ auf verschiedenen Betrieben kennenlernen. „Da lernst Du unheimlich viel“, sagt der begeisterte Landwirt.

Nicht ins kalte Wasser werfen

Zurzeit melkt er in einem Anbindestall, wo er zum Melken von einer Kuh zur anderen gehen muss. Nächste Woche ist er in einem Stall mit Melkstand. Auch damit hat er Erfahrung und selbst ein Melkroboter wäre ihm nicht fremd, da er einen solchen von seinem Lehrbetrieb her kennt.

Tobler hat keine Berührungsängste vor der modernen Technik. Es ist ihm noch nie passiert, dass er gar nicht weitergekommen ist.  „Nicht verzagen, Google fragen“, verweist er scherzhaft auf sein Smartphone. Hier auf dem Hof kann er den Betriebsleiter direkt fragen, da dieser zuhause ist.

Doch in anderen Situationen ist der Betriebshelfer auf sich gestellt. Wird er  „einfach ins kalte Wasser geworfen“, kann dies beträchtliche Schäden auf dem Hof zur Folge haben. Wichtig sind schriftliche Aufzeichnungen, zum Beispiel eine Telefonliste mit den Nummern des Tierarztes, des Besamers, des Servicetechnikers, des Arztes etc. Auch ist die Kennzeichnung der Tiere eine wichtige Voraussetzung, dass der Betriebshelfer seine Arbeit richtig machen kann. Er muss wissen, welche Kuh galt ist oder wenn die Milch einer behandelten Kuh nicht abgeliefert werden darf.

Mitgliederbeitrag lohnt sich jetzt

Da die Kinder bereits ihrer eigenen Arbeit nachgehen, ist der Betriebsleiter im Schaugentobel auf externe Hilfe angewiesen. Seine Frau arbeitet vormittags als Briefträgerin, abends hilft sie im Stall mit. Die ersten Tage nach dem Unfall konnte der Sohn die Arbeit im Stall übernehmen. Doch auf die Dauer war dies nicht möglich.

Nun machte es sich bezahlt, dass der Betrieb dem Betriebshelferdienst seit 25 Jahren einen jährlichen Mitgliederbeitrag von 60 Franken bezahlt; denn dieser stellt ihm nun gegen einen Entschädigungsansatz, der weit unter den Kosten eines Angestellten liegt, einen Betriebshelfer zur Verfügung. Die administrative Abwicklung geschieht für den Landwirt ausserdem schnell und unkompliziert.

Eigene Ansichten hintenanstellen

Eine Regel für den Betriebshelfer lautet: „Der Bauer sagt, wie es gemacht werden soll“, erklärt Tobler. Da muss er manchmal seine eigenen Ansichten hintenanstellen. Die Bauern erwarten von ihm gute Kenntnisse in der Landwirtschaft, die er mit seinen drei Lehrjahren, welche er auf verschiedenen Betrieben absolvierte, mit sich bringt. Jeder Betriebshelfer hat seine Stärken: Der eine kennt sich besser in der Tierhaltung aus, der andere besser im Ackerbau oder Obstbau. Die Einsatzleiterin achtet darauf, die Leute möglichst entsprechend einzusetzen.

Jeweils am Freitag erhält der Betriebshelfer von der Einsatzleiterin ein SMS, wo sein nächster Arbeitsplatz sein wird. In der Regel gibt es immer Arbeit für Tobler. Ansonsten ist er zwischendurch auch mal froh, auf dem Betrieb zu Hause mithelfen zu können. So flexibel muss der Betriebshelfer sein. Auch Offenheit und Toleranz gegenüber anderen sowie Anpassungsfähigkeit sind gefragt. Zu seinem Lohn erhält der Betriebshelfer Kost und Logis. Das hat den Vorteil, dass er in der Nähe ist und morgens früh mit seiner Arbeit beginnen kann. „Ich brauche die Abwechslung“, fasst Tobler seine Motivation zusammen. „Wahrscheinlich macht man Betriebshelfer, wenn man jung ist“, fügt er an. Schön ist es, wenn er sich wie hier in der Familie des Betriebsleiters gut aufgenommen fühlt.

Michael Götz, lid