Als unsere vier Kinder im Kindergarten- undSchulalter waren, hörte ich jedes Mal mit grossem Interesse und höchstem Erstaunen zu, wenn Mütter mit Teenagern und von bereits erwachsenen Kindern miteinander redeten. Da ging es umleere, stille Häuser, Anwandlungen von Wehmut, zu vielfreie Zeit und um Grundsatzfragen wie: Was bin ich noch wert, wo werde ich gebraucht? 

Wie bitte? Zuviel freie Zeit?? Unvorstellbar!!Ein ruhiges Haus? Welch himmlische Vorstellung! Was ich wert bin?? Also bitte!! Das weiss ich doch auch ohne meine Kinder! Falls ich wirklichnicht gebraucht werden sollte, (welch absurde Vorstellung!), hätte ich da schon ein paar Ideen! Wehmut? Na ja, könntesein, …vielleicht. 

So waren meine Gedanken und Worte zu diesem Thema. Ich hatte eine exakte Vorstellung davon, was ich alles machen würde. Und vor allem, wie ich es machen würde, wenn unsereKinder dann selbständiger wären. Natürlich wusste ich auch, wie ich mich dabei fühlen würde: Unglaublich gut natürlich! Mehr Freiheit! Ich war überzeugt, damit nicht das geringste Problem zu haben. 

Zeitsprung in die Gegenwart. Vielleicht denke ich nicht komplett anders, aber ich verstehe heute sehr gut, was ich damals nicht einordnen konnte. Grosse Kinder zu haben ist ein Balanceakt zwischen gebraucht werden und nicht gefragt sein, zwischen seine Meinung sagen und diese gefälligst für sich zu behalten! 

Das Spektrum an Gefühlen reicht von Stolz und Dankbarkeit bis hin zu Selbstzweifeln und Identitätskrisen. Da fragen sich die Teenager wohl manchmal nicht zu Unrecht, wer da eigentlich eine Baustelle im Kopf hat, sie oder ihre Eltern . . .Und dann kommt: «Du bist ja voll schlecht drauf! Lass mich doch einfach in Ruhe!!»

Das ruhige Haus, an einigen Stunden des Tages ganz für uns allein, hat mir nie zu schaffen gemacht. Das ist Luxus! Die freie Zeit auch. Wenn ich sie dann haben sollte! Mir scheint, ich bin immer noch grösstenteils damit beschäftigt, ihr hinterherzujagen.Die Sache mit dem Selbstwert allerdings, bringt mich ab und zu doch zum Nachdenken. Ich muss mir eingestehen, dass ich nicht immer gleich gut damit klarkomme, gefühlsmässig von einer Ecke in die entgegengesetzte gestellt zu werden. Zwischen: «Wo sind meine Jeans, und: «Geht dich ja nicht immer was an, wo ich hingehe und mit wem!», liegt ein Tal!! Wie soll ich da den Sprung schaffen? Und dann auch noch mühelosund ohne Nebengeräusche?! 

Unser Ziel war es all die Jahre, unsere Kinder in die Selbständigkeit zu führen. Jetzt muss ich mich fragen: «Kann ich selber stehen oder verliere ich meinen Stand, weil ich mich zu sehr an meine Kinder, meine Rolle als Mutter gelehnt habe?»

Ich komme mit Mitte vierzig in die glückliche Lage, mich neu zu definieren! Mich zu fragen, was ich will, was ich kann, wofür mein Herz schlägt! Meine Kinder geben mir diese Chance! Sind sie nicht wunderbar!?

Therese Looser