"Mut zu mehr Markt" lautete der Titel des traditionellen Neujahrs-Podiums des Berner Bauernverbands in Münsingen BE. Das Einstiegsreferat hielt, in der Höhle des Löwen quasi, der Direktor des wirtschaftsfreundlichen Think-Tanks Avenir Suisse, Peter Grünenfelder. 

"Rapsöl schadet der Gesamtwirtschaft"

Dieser gab sich Mühe, die rund 200 Gäste, hauptsächlich aus der Landwirtschaft, zu provozieren. Die protektionistische Agrarpolitik führe dazu, dass die übrige Wirtschaft  nicht an den Segnungen des globalen Freihandels teilhaben könne. Er nannte Indonesien als Markt mit grossem Potenzial für die Schweizer Exporteure. Ein bilaterales Freihandelsabkommen scheitere aber am Widerstand der Landwirtschaft zum Schutz des Schweizer Rapsöls.

Grünenfelder kritisierte auch, dass die vor- und nachgelagerten Sektoren aufgrund mangelnder Konkurrenz hohe Margen abschöpften, namentlich erwähnte er Fenaco, Emmi, Migros und Coop. Er unterstrich diese Aussagen mit Schlagzeilen vom vergangenen Februar zur Tatsache, dass Migros und Coop die europaweit höchsten Margen garnierten. 

Bei Fenaco-Chef Martin Keller geriet Grünenfelder damit an den Falschen. Er gehe davon aus, dass kein einziger CEO der Avenir-Suisse-Mitglieder (von ABB bis Zurich) lange überleben würde im Job, wenn er derart tiefe Profitabilitätsquoten erreichen würde wie er als Fenaco-Chef. Auch Migros-Vertreter Reto Sopranetti wehrte sich: Die präsentierten Zahlen aus der Küche von Pro Marca, dem Markenartikel-Verband seien falsch, in Wahrheit liege die Nettomarge bei unter 2 Prozenten.

"Freihandel: Win-Win für alle"

Grünenfelder rühmte im Weiteren den liberalisierten Käsehandel als positives Beispiel für Freihandel. Mehr Freihandel führe zu mehr Innovation und eine Win-win-Situation für alle. Ernährungssicherheit bestehe nicht aus 100 Selbstversorgung, so Grünenfelder, das werde missverstanden, wobei der gegenwärtige Selbstversorgungsgrad bei rund 50% liegt.

In einem Versuch, die Wogen etwas zu glätten, erklärte Grünenfelder, die Bauern seien angesichts der Regulierungsdichte eine bemitleidenswerte Spezies und schlug einen Bürokratieabbau vor. Gleichzeitig beklagte er die mangelnden ökologischen Leistungen der Landwirtschaft, deren Einhaltung mit bürokratischen Ungetümen gesichert wird. Einer der Widersprüche, die auch in der auffällig ähnlichen bundesrätlichen Argumentation immer wieder auffallen.

akr

Eine ausführliche Berichterstattung zur Veranstaltung finden Sie in der BauernZeitung vom 12. Januar.