Insgesamt ist der Export um 77 Tonnen zurückgegangen. Die Importe haben um 1230 Tonnen zugenommen. Im ersten Semester 2017 wurden 31879 Tonnen Käse ausgeführt und 30479 Tonnen in die Schweiz importiert. In der Käsebranche haben Milchbauern, Käser, Affineure und Händler rund 265 Millionen Franken verdient. Das sind 0,9% weniger als im Vergleich zur Vorjahresperiode.

Die Zahlen sind Wasser auf die Mühlen vieler Bauern. Sie sehen sich darin bestätigt, dass der Käsefreihandel mit der EU kein Erfolgsmodell ist. Der günstige Käse aus dem Ausland macht den Schweizer Käsemarkt kaputt, sorgt für Preisdruck und letztlich für tiefe Milchpreise. Doch das ist nur die eine Hälfte der Wahrheit. Betrachtet man die wertmässige Handelsbilanz, ist die Wertschöpfung nur bedingt gefährdet. Denn wie die Daten der eidgenössischen Zollverwaltung zeigen, sind Exportkäse nach wie vor ein gutes Stück teurer als Importkäse. Daran ändern auch die ausgeführten Käseanschnitte nichts, die in Italien zu Reibkäse und in Dänemark zu Käsepulver verarbeitet werden (wir berichteten).

Zwar haben die Importmengen stark zugelegt, während die Exportmengen nur langsam wachsen. Aber wird Preis mit Menge multipliziert, sind die Käseexporte nach wie vor mehr wert, als die Käseimporte. Technisch gesprochen: Die wertmässige Handelsbilanz ist über alle Käse betrachtet nach wie vor positiv. Das sind gute Nachrichten. Denn Schweizer Käse ist, darf und soll im Export teuer sein. Ein Qualitätsprodukt verschenkt man nicht. Insgesamt scheint die Qualitätspositionierung zu funktionieren. Geld kann man zwar im Gegensatz zu Käse nicht essen. Aber immerhin lässt sich damit in die hiesige Infrastruktur, in neue Produkte und Absatzkanäle, Marketing und Personal investieren. Alleine mit der wertmässigen Betrachtung der Handelsbilanz kann man also mit gutem Gewissen von einem Erfolgsmodell sprechen.

Doch das Erfolgsmodell schwächelt. Das betrifft zwar weniger das Modell, dafür aber umso mehr die im Export bekannten Käsesorten wie Gruyère und Emmentaler. Diese konnten gemäss SCM und TSM im ersten Halbjahr ihre Marktposition nicht ausbauen, mussten sogar Marktanteilsverluste hinnehmen. Die Emmentaler-Exporte sind im ersten Semester 2017 um 509 t zurückgegangen. Und selbst vom Gruyère wurden 224 t weniger ausgeführt. Gewonnen haben gemäss Mitteilung günstigere Käse. Grosslochkäse wie der Switzerland Swiss, eine Art Emmentaler für Arme. Kritiker monieren, der Käse verdränge den teureren Emmentaler.

Die meisten Exporteure indes betonen, dass mit dem Switzerland Swiss neue Marktsegmente erschlossen werden, während der Emmentaler-Absatz so zäh ist, wie ein Fondue vom Vortag. Dass die Käser, die Käsehändler und Exporteure zudem lieber Eigenmarken statt Sortenkäse vermarkten, trübt die Erfolgsaussichten der grossen Sortenkäse zusätzlich. Hinzu kommt, dass es sich bei den Eigenmarken und Eigenkreationen gerne um Gruyère- oder Emmentaler-ähnliche Produkte handelt. Die Konkurrenz unter den Schweizer Exporteuren nimmt im Export damit zu.

Und im Inland holt die ausländische Konkurrenz auch auf. Der billige Importkäse dringt in einst sichere Absatzkanäle in der Gastronomie und der Lebensmittelindustrie. Das erstaunt angesichts der tiefen Importkäsepreise nicht. Und selbst die Plätze im Ladenregal sind längst nicht mehr alleine für Schweizer Käse reserviert. Statt nun aber auf breiter Ebene in die Entwicklung neuer wertschöpfungsstarker Produkte zu investieren, wird der Käse mehr und mehr zum Regulierprodukt der Schweizer Milchbranche. Denn Mooh, Aaremilch, ZMP und andere investieren in eigene Verarbeitungskapazitäten. Sie wollen selbst ihre Milchüberschüsse verwerten können. Und zwar mit Käse. Das ist auch für die Bauern interessant. Denn verkäste Milch ist dank der Verkäsungszulage mindestens 15 Rappen mehr wert als einfache Molkereimilch. Dass die Händler mit dem Käse aber die billigen Deutschland-Importe verdrängen können und wollen, ist eher unwahrscheinlich. Viel lieber will man nämlich auch im Export mittun und die ohnehin schon wachsende Konkurrenz noch weiter befeuern. Und zwar mit mehr Menge zu günstigeren Preisen. Kurzfristig hat das angesichts der tiefen Preise durchaus eine gewisse Logik. Langfristig beschreitet man damit aber einen gefährlichen Weg, an dessen Ende europäische Milchpreise und europäische Milchverarbeitungsbedingungen stehen könnten.

Hansjürg Jäger

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