Die drei Pferde kommen neugierig aus dem Stall heraus, als sich Katja Heiniger der Aussenkoppel nähert. «Der Fuchs ist ein Pensionspferd, die beiden anderen gehören uns», erklärt sie und hält den Tieren ein paar Karotten hin, welche diese ihr ungeduldig aus den Händen fressen.

Interessante Konstellation

Es seien reine Freizeitpferde ergänzt Katja Heiniger. «Ich geniesse die Ausritte mit meiner Tochter. Mein Mann Hansueli ist fürs Reiten nicht zu begeistern, aber jetzt hat er angefangen mit einem einachsigen Wagen, einem Sulky, zu fahren. Das gibt uns die Möglichkeit gemeinsam unterwegs zu sein, was wir natürlich sehr geniessen.»

Katja und Hansueli Heiniger  sind seit eineinhalb Jahren verheiratet – beide zum zweiten Mal. Beide haben eine Tochter und einen Sohn aus erster Ehe. Hansueli Heinigers Kinder sind um die zwanzig und wohnen bei ihrer Mutter im Nachbardorf.

Seine Tochter Livia lernt gerade Autofahren und freut sich, dass Papa diesen Nachmittag mit ihr fahren geht: Übung macht die Meisterin! Katjas Teenager wohnen auf dem Landwirtschaftsbetrieb am Rand von Dietlikon.

Alpakas beschützen Hühner

Hier weiden neben den drei Pferden auch die Galtkühe und zwei Alpakas auf der Wiese. Die etwa zehn trächtigen Fleckviehkühe gehören zur Tierhaltergemeinschaft, welche die Heinigers mit einem Berufskollegen im Nachbardorf eingegangen sind. Meist werden die Tiere von Hansueli Heinigers Vater besorgt. Er schaut auch sonst dafür, dass Ordnung auf dem Betrieb ist.

Ein wichtiger Betriebszweig ist neben dem vielseitigen Ackerbau die Freiland-Pouletmast. Vor einer Woche sind 4000 Eintagsküken eingestallt worden. Während der ersten drei Wochen bleiben sie im Stall, nachher dürfen sie raus, so schreibt es das Label vor. «Die Wiese, welche sie zur Verfügung haben müssen, nutzen die Hühner zusammen mit den Alpakas und den Pferden. Die Hühner bleiben in der Nähe des Stalls und unter Sträuchern und Bäumen», erklärt die Bäuerin.

Zu Recht, denn das Leben als Freilandpoulet ist nicht ganz ungefährlich. Und hier kommen die Alpakas zum Einsatz. Offenbar sind diese ideal, um den Fuchs von Raubzügen auf der Hühnerweide abzuhalten. «Das grössere Problem sind aber die Krähen: Sie sitzen auf dem Dach und warten auf die Gelegenheit, sich ein junges Federknäuel zu ergattern», erzählt Katja Heiniger.

Die Hühner bleiben für die Mast gut zwei Monate auf dem Betrieb, dann werden sie für die Schlachtung abgeholt. Die Dietlikonerin fügt an: «Wir sind dankbar, dass wir für diese Arbeit jeweils auf unsere zuverlässigen Helfer zählen können – gerne bin ich dann für die Verpflegung zuständig.»

Hobby zum Beruf gemacht

Katja Heiniger hat nach der Schulzeit eine einjährige Lehre bei der Post gemacht. «Damals war ich eigentlich froh, dass ich es gerade noch ins letzte Jahr dieser Ausbildung geschafft hatte – heute sieht das anders aus. Nach nur einem Jahr Ausbildung bekam ich natürlich auch kein Eidgenössisches Fähigkeitszeugnis (EFZ). Heute geht fast gar nichts mehr ohne einen solchen Abschluss. Ich habe nach der Ausbildung weiterhin bei Poststellen in der Region gearbeitet. Innert weniger Jahre stieg ich zur Gruppenchefin auf, aber das nützt mir nichts», erzählt sie.

Viele Jahre hat sich Katja Heiniger ausserdem als Mädchenriegenleiterin engagiert und
weitergebildet. Weil sie eine Wasserratte ist, sind irgendwann die vom Verband angebotenen Ausbildungen im Schwimmen dazugekommen. Der Schwimmunterricht ist ein Standbein in ihrem Leben geworden.

Zuerst waren es Kurse, heute unterrichtet sie an einer Primarschule und kann dadurch auf ein regelmässiges Einkommen zählen. «Mein Traum wäre aber immer noch, die Quereinsteiger-Ausbildung zur Kindergärtnerin zu machen, aber ohne EFZ habe ich keine Chance», bedauert sie.

Aufwendiger als gedacht

Die Fragen rund um ihre künftigen Ausbildungen beschäftigen die Bäuerin immer wieder. Zurzeit besucht sie am Strickhof den berufsbegleitenden Bäuerinnenkurs. «Ich lerne viel und es ist spannend. Leider bleibt für den Austausch unter uns Frauen nicht so viel Zeit. Wenn wir in Wülflingen sind, haben wir den ganzen Tag Schule. Während des Mittagessens reden wir über dies und das, oft auch über Modulinhalte.»

In die landwirtschaftlichen Herausforderungen wachse sie langsam hinein. Sie staune oft, wie komplex das alles sei, bemerkt sie. «Wenn mir Hansueli zeigt, wie der Traktor und die angehängte Maschine funktioniert und erklärt, was ich machen soll, dann klappt das meistens. Ich realisiere aber, wie seine betrieblichen Entscheidungen, wann, was, wie und wo gemacht werden muss, am Schluss einkommensrelevant sind. Man muss die vielen, sich ständig ändernden Vorschriften bis ins kleinste Detail kennen und dann genauestens aufzeichnen und dokumentieren. Ich war mir nicht bewusst, dass das so aufwendig ist.»

Margret Rinderknecht