Die Zahlen wurden mit Spannung erwartet, obwohl schon im Winter 2015 klar wurde, dass es schlechte Neuigkeiten sein werden. Denn der trockene Sommer und die schlechte Situation bei den Milch- und Schweinefleischpreisen waren Vorboten dessen, was Dierk Schmid von Agroscope am Donnerstag in Tänikon TG nun präsentierte: Tiefere landwirtschaftliche Einkommen.

Die Auswertung der Buchhaltungsdaten hat nämlich ergeben, dass die Einkommen im Schnitt um 6,1% gesunken sind. Ein durchschnittlicher Bauer hat 2015 ein Einkommen von rund 61 400 Franken erwirtschaftet. Hauptgrund für die tieferen Einkommen waren die tieferen Erträge im Pflanzenbau und der Tierproduktion. So ist in der Tierproduktion der Ertrag um 5,8% gesunken. Im Pflanzenbau betrug der Rückgang gar 6%.

Milchbauern sind besonders betroffen

Wie die Schweizer Milchproduzenten SMP kurz nach Bekanntwerden der Resultate mitteilen, zeige sich erneut, dass "die Milchproduzenten in einer speziell schwierigen Situation stecken, besonders weil sich jetzt zusätzlich erstmals die niedrigen Erlöse in der Einkommenssituation niederschlagen."

Die SMP fordern mit dem Verweis auf die Hilfspakete für die Milchbauern in der EU deshalb Bund und Parlament auf, Zahlungsrahmen und Bundesbudget für die Landwirtschaft "unter keinen Umständen" zu senken. Innerhalb der Direktzahlungen braucht es nach Ansicht der nationalen Milchbauernvertretung weitere Anpassungen.

Das Programm für graslandbasierte Milch- und Fleischproduktion müsse auch einheimisches Raufutter berücksichtigen. Das Programm RAUS soll nach Vorstellung der SMP in ein System umgebaut werden, "dass die Tierhaltung optimiert und die Mehraufwände insbesondere für die Milchproduzenten entschädigt. Wir schlagen ein zweistufiges Programm vor: RAUS für Auslauf und RAUS-plus für Weidebetrieb."

Mit beiden Anpassungen soll eine nachhaltige Milchproduktion gefördert werden.

Unzufriedener SBV-Vertreter

Nach der Präsentation von Dierk Schmid machte sich ein anderer Bauernvertreter etwas Luft: Françis Egger vom Schweizer Bauernverband kritisierte die Art und Weise der Kommunikation von Agroscope. So war die Präsentation der Buchhaltungsergebnisse eigentlich auf den Tagungsbeginn angesetzt. Das Bundesamt für Landwirtschaft habe aber darauf gedrängt, die Präsentation auf den späteren Vormittag zu verlegen, heisst es bei gut informierten Kreisen. Auch die Medienmitteilung wird nicht wie geplant um 11 sondern erst um 16 Uhr offiziell verschickt.

Für Egger ist das ein Problem, da er eigentlich in den Nationalratssaal rapportieren sollte. Dort fand zur gleichen Zeit die Nationalratsdebatte zum Bundesbudget statt. Die Bauernvertreter hofften auf die aktuellsten Zahlen, um ihren Argumenten noch Nachdruck verleihen zu können. 

So sparte er auch nicht mit Kritik an der Methodik. Werde mit einem kalkulatorischen Nullzins für die Eigenkapitalverzinsung gerechnet, werde das Ergebnis nur auf dem Papier geschönt. "Die Situation bei den Bauernfamilien ist durch das aber nicht besser", sagte er.

Gemäss Auswertung höhere Arbeitsverdienste

Dass Francis Egger derart in Rage geriet, liegt an der Bewertung des Eigenkapitals. Durch die negativen Zinsen für Bundesobligationen haben nämlich die Forscher den Zins für das Eigenkapital auf Null gesetzt. Dadurch wird das eingesetzte Eigenkapital günstiger, was die gesamten buchhalterischen Betriebsaufwände senkt.

Zusammen mit den tieferen Zinsen und den günstigeren Kosten führt das dazu, dass trotz der tieferen Erträge der Arbeitsverdienst leicht zunehmen konnte. Wie Agroscope nämlich berechnete, hat der Arbeitsverdienst pro Vollzeit-Äquivalent-Familienarbeitskraft um 0,9% zugenommen.

hja