Aufgrund breiter Kritik von Politik, Tierschutz, Medien und aus der Branche selber will ASR aus ihrem Ausstellungs-Ehrenkodex ein Reglement machen. Gleichzeitig soll das Sanktionsregime verschärft werden. Markus Gerber, Swissherdbook-Präsident und Mitglied der zuständigen ASR-Arbeitsgruppe, begründet im Interview die Notwendigkeit für das Reglement und nimmt Stellung zur Kritik am Vorgehen.


Warum braucht es ein neues ASR-Ausstellungsreglement?


Markus Gerber: Jedes Reglement braucht periodisch eine Überarbeitung. Wir reagieren damit auch auf die scharfe Kritik an

gewissen Exzessen.  

Es wird kritisiert, dass man die Resultate der Euterfüllungs-Studie des Berner Tierspitals hätte abwarten sollen vor einer Reglementsanpassung.


Die Studie von Adrian Steiner bezieht sich vor allem auf die Euterfüllung, mit dem Reglement wollen wir aber ein umfassendes Instrument zur Bekämpfung von weiteren nicht tolerierbaren Auswüchsen schaffen.


An was denken Sie etwa?


Zum Beispiel an Oxytocin-Einsatz ausserhalb der Melkzeiten, das ist höchst problematisch. Ganz generell soll jeder Arzneimitteleinsatz an Schauen nur noch durch den Ausstellungstierarzt erfolgen dürfen.

Wollen Sie einen Systemwechsel oder nur ein Pflaster zur Beruhigung der Kritiker?

Weder noch. Es geht nicht um einen Systemwechsel. Basis des neuen Reglements bildet der Ehrenkodex der ASR. Mit der Umwandlung von einem Kodex in ein Reglement wollen wir die Verbindlichkeit des Dokuments aber stärken.


Die treibenden Kräfte hinter dem neuen Reglement sind die Zuchtverbände, wie breit ist die Unterstützung in der Basis?


Es gibt zwei Lager. Der kleine Prozentsatz, welcher an Ausstellungen teilnimmt und für sich in Anspruch nimmt, Reklame für die Zuchtverbände zu machen ist eher skeptisch. Daneben gibt es eine grosse Mehrheit, die dafür ist, Auswüchse zu bekämpfen, auch weil sie um das Image der Milchkuh und im speziellen der Hochleistungskuh fürchtet. Wir stehen als Verbände gegenüber allen Mitgliedern in der Pflicht.


Wie ist das neue Reglement in der Vernehmlassung angekommen?


Sie ist noch nicht ausgewertet, deshalb kann ich dazu nicht Stellung nehmen. Das Meinungsspektrum ist breit. Der Entscheid, wie weiter fällt an der Oktobersitzung des ASR-Vorstand.


Die Grünen wollen eine Reduktion von Bundesgeld für Spitzenzucht. Wie gross ist die Gefahr, dass dieses verloren geht?  


Ich nehme die Interpellation der Grünen ernst. Man darf die strategischen Absichten nicht unterschätzen. Die Grünen positionieren sich mit dem Tierschutz bereits für die Agrarpolitik ab 2022. Auch die Pro Natura mit ihrer Kampagne gegen die Pestizide hat in dieser Hinsicht Stellung bezogen. Es geht in der Interpellation ja nicht nur um die Ausstellungsgelder, sondern ganz allgemein um einen Angriff auf die Viehzucht und insbesondere das System Hochleistungskuh. Wenn wir die Probleme an den Ausstellungen nicht in den Griff kriegen, kommen nicht nur die betroffenen Aussteller an die Kasse, sondern alle Viehzüchter. Deshalb dürfen wir den Kopf keinesfalls in den Sand stecken, sonst riskieren wir die Reduktion der inländischen Produktion zugunsten höherer Importe.


Der Swiss-Expo-Präsident wirft den Zuchtverbänden vor, sie liessen sich von Leuten instrumentalisieren, die eine Ballenberg-Landwirtschaft anstreben. Was sagen Sie dazu?


Die ASR als Dachorganisation der Rinderviehverbände hat klar den Führungsanspruch, die Probleme wie diejenige an den Ausstellungen anzugehen. Es wäre auch mit Blick auf die produzierende Landwirtschaft verheerend, wenn man diese Auswüchse nicht aktiv angeht.


Ein weiterer Vorwurf lautet, die Verbände wollten sich lediglich politisch profilieren.

Dieser Vorwurf ist völlig unberechtigt. Wir nehmen nur einen politischen Auftrag wahr, den wir als Verteiler der Bundesmittel bereits haben. Ich stelle fest, dass ein Röstigraben existiert, die Diskussion um Ausstellungs-Exzesse findet nur in der Deutschweiz statt. Die öffentlichen Meinung zu ignorieren kann die Viehzucht arg in Bedrängnis bringen. Wir brauchen deshalb ein System, mit dem man glaubwürdig und praxistauglich kontrollieren und wenn nötig auch sanktionieren kann.

Interview Adrian Krebs