Verdattert stehe ich in meinem Garten. Üppigstes Grün, getupft mit intensiven Farben von einjährigem Rittersporn, Kapuziner-blüten, Stockrosen, Dahlien, Nachtkerzen, Lilien, Sonnenblumen umfängt mich. Gartenwege sind kaum mehr zu sichten. Nebst unerfreulichen Hirsen, Disteln und Hahnenfuss wuchern darin Blumen, die ich, bevor wir in unsere Ferien fuhren, nicht gesichtet habe. Pfirsich- und Nektarinenbäume zeigen stolz ihre prachtvollen Blätterkronen. Die Rosenstöcke blühen immer noch.

Rote, grosse Erdbeeren leuchten mich an. Und die beiden Jüngsten verspeisen an diesem Abend gleich mehrere gereifte Gurken. Die Andengurke verfügt über meterlange Triebe. Die Glockenrebe ist derart gewachsen, dass sie bereits im zweiten Stock die Fensterläden umwuchert.

Pralle Salatköpfe warten auf die Ernte, genauso wie die inzwischen zuckersüssen Trüübeli. Inmitten von Ringelblumen entdecke ich reifen Blumenkohl. Nicht nur über dessen serbelnden Wuchs habe ich mich wochenlang geärgert. Lauch in wunderbarem grünblau wetteifert in seiner Grösse mit leuchtenden lila Mohnblüten.

Auf dem Balkon kippen die Geranienstöcke fast aus den Kisten. So viele Blüten! Rot, roter und etwas violett – ein richtiges Farbenfeuerwerk. Den Begonienpflanzen stecke ich eilends Stützen für die riesigen Blütenköpfe.

Mitten drin springen, rennen und klettern unsere vier jungen Büsis herum. Zilli, ihre Mutter, maunzt und ruft mit aufgebrachtem Miauen nach ihrem Nachwuchs, wenn er ausser Sichtweite ist. Schmetterlinge tanzen, Bienen sind am Arbeiten. Der Boden riecht frisch, wie immer nach einem Regenschauer. Ich gucke unter die Blätter und suche nach Schnecken. Erstaunt finde ich eine grosse Kröte und nur zwei Weinbergschnecken, die sich im Gewürzbeet tummeln. Das Rätsel löst sich in der Dämmerung: Zwei Igel sind da unterwegs.

Der Weg hinter dem Gartenhaus ist beinahe zugewuchert von riesigen Gladiolen, Herbstastern, die sicher grösser als 2 Meter sind und fast gleich hoher Katzenminze. Ich entdecke die prachtvollen Blüten der Edelwicken, die sich doch vorher immer in gleich mickrigem Wuchs zeigten. Auch der

Trauerweidenast, den ich im Frühjahr einfach mal in den Boden gesteckt habe, präsentiert lang gewachsene Äste. Die Kürbispflanzen lassen Teile des Gartens als Urwald erscheinen. Überall klettern die Triebe mit ihren grossen, sattgrünen Blättern und den knallgelben Blüten empor. Schon fast die Hälfte des

Hasenstalls ist von ihnen bedeckt. Reife Tomaten und Zucchetti lassen mein Herz höher schlagen.

Während ich reife Stachelbeeren in den Mund stecke, schmunzle ich: So lässt sich das Feriengefühl gut aufrechterhalten. Ich setze mich mitten in diese Pracht. Schaue, rieche und freue mich. Zilli streicht mir um die Beine. «Da habe ich doch eine Kolumne geplant über Veränderungen», sage ich zu ihr, «aber eigentlich nicht in dieser Weise.»

Beim Einschlafen frage ich sicherheitshalber meinen Mann nochmals: «Wie lange waren wir weg? Doch nur eine Woche, nicht einen Monat?» Morgen, ja gleich morgen will ich meine Freundin fragen, mit welchen Zauberkräften sie in dieser Zeit meinen Garten beglückt hat.

Sabine Nussbaumer