Bäuerin und Floristin sind die Traumberufe von Andrea Pfister. Dass sie im Moment beide ausüben kann, ist nicht selbstverständlich.

Nach einem schweren Schicksalsschlag, der die junge Familie und das ganze Umfeld prägten, schaut Andrea Pfister nun möglichst in die Zukunft. Sie schöpft dafür immer wieder Energie, Kraft und Freude im Zusammensein mit der Familie, in Tätigkeiten rund ums Haus, in den Blumen und beim Pferdesport. «Das Schicksal wird dir in den Schoss gelegt und du kannst nichts dagegen machen», ist die Bäuerin überzeugt.


Schädel-Hirn-Trauma


Andrea Pfister ist mitten in einem glücklichen «Dreimädelhaus» auf der Fuhren im Wasen BE aufgewachsen. Schon früh war klar für sie, dass sie Bäuerin werden wollte. Sie bewunderte die Arbeit der Eltern, speziell auch die des Vaters. Mit Leib und Seele ist sie seit jeher dem Hof verbunden.

Nach der Schulzeit und Lehre als Floristin war eine weitere glückliche Fügung, dass ihr Schulschatz Clemens Pfister von der Schonegg zu ihr auf den elterlichen Hof kam. Im Jahre 2007 heirateten die beiden und mit der heute neunjährigen Nina und dem sechsjährigen Tim kamen das grosse Glück und viel Sonnenschein in die junge Familie. Im Hinblick auf eine Hofübernahme begann Clemens Pfister die Zweitausbildung als Landwirt.

«Es war ein wunderschöner Samstag im Dezember 2011 und Tim gerade zwei Monate alt, als mein Mann schwer verunfallte. Er wollte bloss die Pferde in den Stall bringen und erlitt dabei schwerste Verletzungen, verbunden mit einem Schädel-Hirn Trauma», blickt Andrea Pfister zurück. Von diesem Tag an war in der jungen Familie nichts mehr wie vorher. «Der Traum, den wir leben wollten, wurde uns aus den Fingern gerissen und wir mussten der harten Wahrheit ins Auge schauen», stellt die Bäuerin fest.

Neuorientierung

Sechs Monate war der Ehemann und Vater weg von zu Hause, zuerst im Krankenhaus, später in der Rehabilitation. Es folgten eine nicht einfache Zeit daheim und weitere Operationen. Schwere Tage und Stunden, die geprägt waren von Heimweh, Ängsten und Hoffnung, gab es für alle Beteiligten.


«Das war ein Schock und man kann sich nicht vorstellen, was es heisst, in der grossen Ungewissheit zu sein. Das unbeschwerte Leben ist weg. Und mein Mann ist seit der Hirnverletzung nicht mehr derselbe wie vor dem Unfall», sagt Andrea Pfister.

Für die junge Frau und Mutter war schnell klar, dass sie und ihre Familie auf dem Hof bleiben wollten. Dies bedeutete aber, dass der Betrieb mit 30 Hektaren Land, 9 Hektaren Wald und 26 Milchkühen etwas anders ausgerichtet werden musste.

Andrea Pfister absolvierte die Ausbildung zur Bäuerin FA und der Titel ihrer Diplomarbeit lautete folglich «Veränderungen auf der Fuhren - Umstellung auf Mutterkuhhaltung – ein Weg in die Zukunft». Sie integrierte darin die Module Familie und Haushalt, Rindviehhaltung und Betriebslehre. Es gab dabei für sie einige Momente, in welchen es wehtat, sich mit den Vorgaben zu beschäftigen.

Ein grosses Glück war für die Bäuerin, dass ihr Vater viel Unterstützung bot und noch aktiv auf dem Betrieb arbeitet. So konnte parallel zur Milchwirtschaft die Mutterkuhherde aufgebaut werden. Geplant ist, den Betrieb künftig möglichst einfach zu führen, die fixen Zeiten zu reduzieren und die Tiere mit den Erträgen aus dem Ackerbau zu versorgen. «Du findest dich mit dem Schicksal ab, aber

akzeptieren kann man es wohl nie», hält Andrea Pfister fest.

Starker Zusammenhalt

Auf 2017 wollen Andrea und Clemens Pfister den Hof nun übernehmen. Bis dahin sollen die Arbeitsabläufe für die beiden möglichst einfach gestaltet sein. Sie sind sehr froh, weiterhin nach Möglichkeit auf die Unterstützung des Vaters zählen zu können. «Wir sind eine Familie, die auch in schwierigen Zeiten zusammenhält», sagt Andrea Pfister dankbar. Daraus entstanden auch viele schöne Momente. Die Besuche der Kinder beim Grosi im Stöckli sind immer sehr wertvoll.


Andrea Pfister arbeitet einen Tag pro Woche in der Blumeninsel Huttwil BE. Sie freut sich dabei an den Begegnungen mit den Kunden und kann bei der Arbeit mit den Blumen den Kopf «lüften». Nebst in den schönen Ecken im und ums Haus findet die Bäuerin das «Glück auf Erden» zuweilen auf dem Rücken ihres Pferdes. Mit «Lesley» auszureiten sowie im Reitverein Kontakte zu pflegen gibt ihr auch immer wieder Kraft für den Alltag.

Barbara Heiniger