Der Begrüssungskaffee erwartet uns an diesem Freitagmorgen im hellen, grossen Speisesaal des ehemaligen Klosters Fischingen. Skepsis, aufgesetzte Munterkeit und spürbare Unsicherheit flirren unter uns elf Mitgliedern, die diese Klausurtagung mitbestreiten. Das Thema ist uns allen bekannt: Weiterentwicklung des Stiftungsrats.


Die Vorgeschichte ist schnell erzählt, aber nicht weniger wirkungsvoll. Da haben sich rund eine Handvoll Menschen aus dem Eulachtal gefunden, die sich mit unkonventionellen Gedanken und einem Startkapital eines Legats ans Werk machten. Daraus entstand über die Jahre die breit angelegte Abdeckung der Alterspflege in unserem Tal. Durch einen politischen Akt wurde die erprobte Gruppe nun verstärkt durch Mitglieder des Verbandsvorstands des ehemaligen Pflegezentrums, das bis dahin in den Händen der Gemeinden lag und nun ebenfalls zur Stiftung gehört.

Bereits nach wenigen Sätzen erklärt uns unser Prozessbegleiter, dass er diese eineinhalb Tage Unterstützer und Kommunikator sei, aber auch Hofnarr. Dies, so erkenne ich einige Stunden später, ist ein gewiefter Zug, um Problemzonen mit Humor offen zu legen.

Schnell kommen wir ins vertiefte Arbeiten. Gegenseitig stufen wir uns ein zwischen offensiv bis defensiv, von aufwand- bis menschenorientiert. Wir erfahren von unserem Gesprächsleiter, ob wir Operationsleuchten, Meereswogenbauch- oder Sprühnebelmenschen sind.

Emotionsgeladen tauchen sie sinnvollerweise auf, die heiklen Punkte. Bislang gerne vertuscht. Die klare, geschickte, stets würdigende Gesprächsführung lässt uns einen möglichen Weg beschreiten. Doch nur einige Momente. Zu tief und zu lange sind die Schwierigkeiten, die nun auch in diesem Raum aufbrechen, in unserem Tal im Stillen, manchmal auch offen, genährt worden. Die politische Zuweisung trägt diese ungefiltert in das alte Gremium. Einfach schlimm.

Ich brauche in jeder Pause einen Kaffee, um diese gefühlsbeladenen Achterbahnfahrten zu überstehen. Abends machen wir uns auf den Weg zur Idaburg. Steil geht es bergauf. Lange geht es bergauf. Einige sind zügig unterwegs. Auch mit richtigem Schuhwerk für diesen halbgefrorenen Schneematch. Keuchend gelangen wir alle oben an. Genussvoll und mit viel Gelächter lassen wir den Abend in gemeinsamer Einigkeit ausklingen.


Um so härter trifft es mich am anderen Morgen, als ich realisiere, dass wir fast am selben Punkt stehen wie am Vortag. Eine philosophische Arbeitsgruppe versucht mit unkonventionellen Mitteln die Hürden zu überwinden. Andere mittels klarer Auflistung anstehender Aufgaben. Die dritte proklamiert vorerst das weitgehende Beibehalten des Istzustands.

Einige haben für sich (in dieser Nacht?) Klarheit geschaffen. Sie treten zurück. Andere möchten eine längere Probezeit. Weitere entscheiden sich für das Weitermachen. Vor dem Heimweg trete ich in die Kapelle ein. In der Hoffnung, dass sich mein Gefühlschaos von Irritation, Ermüdung und einer Prise Erleichterung in Ruhe umwandelt. Beim Hinauskommen höre ich, wie eine Operationsleuchte zuversichtlich in die Runde sagt: Ich freue mich auf die Weiterarbeit!

Sabine Nussbaumer