Seit gut einem Monat arbeite ich nun an der Deutschen Schule in Managua. Von Dienstag bis Freitag bin ich Biologielehrerin und von Samstag bis Montag bin ich Bäuerin. Der Einstieg an der Schule war nicht einfach. Jeden Morgen musste ich Dario weinend im Kindergarten zurücklassen und mich auf den Unterricht konzentrieren. Obwohl das Kindermädchen bei ihm bleiben durfte, war der Abschied von mir immer eine Tragödie. Das Weinen hat aber – wie mir später gesagt wurde – nie lange angedauert.

Am 11. Juli war dann mein erster Schultag. Zum Glück hatte ich aber den Montag zur Vorbereitung an der Schule eingeplant. Denn ich musste bald feststellen, dass für mein Kommen wenig vorbereitet war. Ich musste mich durchfragen, um die Arbeitsblätter und andere Materialien für meinen Unterricht bereit stellen zu können.

Nur vier, den Lehrern zur Verfügung stehende Computer sind an einen Drucker angeschlossen. Jeder Lehrer bekommt seinen eigenen Zugang zu diesen Computern. Diesen musste der EDV-Spezialist mir aber zuerst noch erstellen. Bis er soweit war, durfte ich meine Arbeitsblätter auf einem Computer im Sekretariat ausdrucken und ein anderer Lehrer lieh mir seinen Kopiercode.

Die Nicaraguaner sind eben eher schlechte Organisatoren, aber umso flexibler und hilfsbereiter. So schaffte ich es gerade noch meine Unterrichtslektionen für den Dienstag vorzubereiten, bevor ich Dario um 12 Uhr abholen musste. Zum Glück habe ich zudem eine tolle Biologielehrer-Kollegin. Sie hatte mich bereits im Vorfeld bei der thematischen Unterrichtsvorbereitung und bei persönlichen Anliegen unterstützt. Lustigerweise ist sie ebenfalls Schweizerin, auch mit einem nicaraguanischen Landwirt verheiratet und ihre Tochter ist wenige Monate älter als Dario. Zu zweit decken wir den Biologieunterricht auf Deutsch in der Oberstufe ab.

Am Dienstag hatte ich dann meine erste Lektion. Meine Schüler sind 14- bis 16-jährige Jugendliche im 9. und 10. Schuljahr. Als ich mit dem Direktor hereinkam und wir guten Tag sagten, standen alle Schüler auf und sagten laut im Chor: „Guten Morgen Herr Giessel, guten Morgen Frau Lötscher“. Das war – wie ich bald merkte – die respektvolle Standardbegrüssung für den Lehrer. Es bringt mich jedes Mal noch zu einem Schmunzeln.

Die Schulräume sind sehr einfach eingerichtet. In den normalen Klassenräumen, hat es weder einen Hellraumprojektor noch einen Beamer, einfach nur eine Tafel. Der Biologie- bzw. Chemieraum sind zwar mit einem Beamer ausgestattet, aber ich habe nur wenige Lektionen in diesem Raum.

Die meisten Schüler sind aus Nicaragua, nur wenige haben deutschsprachige Wurzeln. Ihre Deutschkenntnisse sind sehr unterschiedlich und eher auf schlechtem Niveau. Dazu kommt, dass Biologie bis jetzt erst ab der 10. Klasse auf Deutsch unterrichtet wird. Zudem habe ich das Gefühl, dass die Lernbereitschaft nicht gerade gross ist. Ich werde als Biologielehrerin unter diesen Umständen sehr gefordert sein, verständlichen und interessanten Unterricht zu bieten.

Mirka Lötscher