Noch vor 11 Uhr hatten wir uns auf unserem Krankenbett eingerichtet. Mir ist gleich aufgefallen, dass es das einzige grosse Bett in diesem Raum war. Die anderen fünf Mütter hatten nur ein kleines Bettchen für ihre Babies und sie selbst mussten Tag und Nacht mit einem Stuhl vorlieb nehmen. Nachts wurden zwei Mütter, deren Kinder nicht mehr gestillt wurden, von ihren Ehemännern abgelöst.

Dario durfte den Raum nicht verlassen. Also war auch ich ans Gebäude gebunden. Zum Glück hat meine Schwägerin, die nur ein paar Taximinuten vom Kinderspital entfernt wohnt, gut vorgesorgt. Sie hat alles nötige mitgebracht: Essen, Trinkwasser, einen Laken und ein Büchlein für Dario, das wir in dieser Zeit etwa zehnmal angeschaut haben.

Die Ärztin hat sich wie es in ihrer Macht stand gut um Dario gekümmert. Sie kam sogleich zu uns, nachdem wir uns eingerichtet hatten. Sie erklärte mir, wie ich Dario in den folgenden vier Stunden behandeln musste. Danach haben die Krankenpfleger das Zepter übernommen und haben die Behandlung der Allgemeinheit angepasst. Es wird nur alle vier Stunden mit Ventolin inhaliert und nicht mit Sauerstoff, dieser sei nicht notwendig, meinten sie. Als die Ärztin abends um 21 Uhr endlich wieder Zeit für uns fand, stellte sie fest, dass es Dario kaum besser ging und immer noch zu wenig Sauerstoff im Blut zirkulierte.

Es gab mir ganz stark den Eindruck, dass die Krankenschwestern vor allem Befehle ausführen, aber nicht selbst eine Situation beurteilen können. Die Genesung des Patienten ist praktisch vollständig vom Arzt abhängig. Dario musste nun ständig eine Maske tragen, welche an die Sauerstoffflasche angeschlossen war. Zudem musste ich ihn wieder häufiger mit Ventolin inhalieren lassen. Ich war so dankbar, mich neben Dario legen zu können und ich nicht in einem Stuhl übernachten musste. Trotzdem haben wir natürlich nicht viel geschlafen.

Am nächsten Morgen war er zwar sehr müde, aber es ging im nach der intensiven Behandlung schon wieder recht gut. Wir waren so froh, als um 8 Uhr morgens endlich der Arzt zur lang ersehnten Visite erschien und ihm den Austritt erlaubte. Bis wir dann aber wirklich gehen konnten, brachte die Krankenschwester die ganze Krankengeschichte und Folgebehandlung inklusive Rezepte zu Papier.

Die verschriebenen Medikamente holten wir dann kostenlos bei der hauseigenen Apotheke ab. Komischerweise nahm der Verantwortliche das Medikament aus seiner Schachtel und packte sie dafür gemeinsam mit der Kopie des Rezeptes in ein Plastiksäckchen. Meine Schwägerin erklärte mir danach, weshalb der Patient die Schachtel nicht mitbekommt: Die leeren Schachteln werden zur Kontrolle mit den Rezepten verglichen, damit Medikamente nicht unter der Hand verschwinden konnten.

Mirka Lötscher