Pflanzenschutzmittel sind ein hochemotio
nales Thema, wie die gegenwärtige Debatte in Deutschland und etwas weniger ausgeprägt in der Rest-EU wieder einmal treffend illustriert. Soll das Herbizid Glyphosat verboten werden? (Agrar-)Politik, Wirtschaft, Umweltschützer und das Publikum liegen sich seit Wochen öffentlichkeitswirksam in den Haaren und tragen einen wahrhaften Herbizid-Glaubenskrieg aus.

Die Schädlichkeit von  Glyphosat steht dabei gar nicht mehr im Zentrum. Auch die x-te Studie hat nämlich keinen verlässlichen Aufschluss

darüber geben können, ob die unter dem Markennamen Roundup weltweit verkaufte Chemikalie nun tatsächlich krebserregend ist oder nicht. Vielmehr dient Glyphosat als symbolischer Zankapfel, um den sich Gegner und Befürworter von intensiver Landwirtschaft, Gentechnologie und Globalisierung Saures geben.


In der Schweiz wurde diese Debatte bisher deutlich zaghafter geführt. Zwar haben die Grossverteiler die Roundup-Produkte für Privatgärtner aufgrund des Krebsverdachts bereits aus dem Sortiment verbannt.  In den bäuerlichen Pestizidschränken gehört Glyphosat  derweil   noch relativ unbestritten zum Inventar. Die in der Schweiz eingesetzte Menge wird auf 300 Tonnen geschätzt, knapp die Hälfte der jährlich verwendeten Unkrautbekämpfungsmittel.

Im Unterschied zum umliegenden und erst recht 
zum ferneren Ausland wird Glyphosat in der Schweiz aber verhältnismässig zurückhaltend eingesetzt. Erstens 
ist gentechnisch verändertes Saatgut, das nur in Kombination mit Glyphosat («Roundup-ready») funktioniert, hierzulande verboten. Ebenso verboten ist zweitens das Versprühen des Herbizids auf erntereife Kulturen, während Glyphosat im Dienste der gleichmässigen Abreifung, der sogenannten Sikkation, etwa in der EU flächendeckend zum Einsatz kommt.

Das heisst nun nicht, dass die Schweizer Landwirtschaft punkto Pestizide die Hände in den Schoss legen kann. Die jährlich total ausgebrachten gut 2000 Tonnen zeitigen Folgen. Die sensiblen Messinstrumente der eidgenössischen Wasserschutz-Behörden haben gezeigt, dass  viele 
Gewässer im Mittelland Pestizid-Rückstände aufweisen, welche die Biodiversität tangieren können. Das darf die Bauern nicht kalt lassen.


Tut es auch nicht. Sie suchen unterstützt vom Bund nach schonenden Ausbringungsmethoden, nehmen zahlreich an Extensivierungsprogrammen teil und tragen gemeinsam mit Behörden und Fachkräften aus allen Himmelsrichtungen ihren Teil zum Gelingen des Nationalen Aktionsplans Pflanzenschutzmittel bei. Dabei bewegen sie sich in einem anspruchsvollen Markt, der  immer günstigere   Produkte mit immer makelloserer Qualität verlangt, während die Umweltstandards immer strenger werden.

Stark involviert in der Pestiziddiskussion sind auch die Umweltverbände, allen voran der grösste,  die Pro Natura. Dass diese nun mit ihrer Kampagne gegen Pestizide in Gewässern die Bauern frontal angreift, bringt der Wasserqualität der Oberflächengewässer rein gar nichts. Zwar kann man sich mit dieser Attacke gegen die Landwirtschaft in der Öffentlichkeit profilieren, aber dieser Zweck heiligt die Mittel nicht. Wenn die Bauern mit drastischen Fotomontagen vor den Kopf gestossen werden, ist das der sicherste Weg, um Fronten zu verhärten und die Stimmung zu trüben, ärger als es jeder Pestizideintrag im munter sprudelnden Bächlein könnte.

Für weitere Verbesserungen bei der Wasserqualität braucht es Anstrengungen auf allen Ebenen und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Dass es Massnahmen braucht, ist nicht von der Hand zu weisen. Das Wasser ist dabei nur ein Aspekt, auch die Pflanzenschutz-Rückstände im Boden sind ein Thema. Und dabei ist nicht nur die konventionelle, sondern auch die biologische Landwirtschaft, welche die Pro Natura als Alternative empfiehlt, gefordert, Stichwort Kupfereinsatz.

Erwähnen dürfte Pro Natura ganz nebenbei auch, dass man bereits einiges erreicht hat. Heute kann man, und darum beneiden uns viele ausländische Besucher und Besucherinnen, bedenkenlos in jedes Schweizer Gewässer springen. Dass dem so ist, ist Resultat und Verdienst langjähriger Anstrengungen aller Beteiligten: von Naturschützern über  Konsumenten und Politik bis zur Landwirtschaft.

Diese bewährte Zusammenarbeit zugunsten des eigenen Spendenkontos fahrlässig aufs Spiel zu setzen, ist wahrlich alles andere als ein umweltpolitisches Gesellenstück.

Adrian Krebs

Einen Gastbeitrag von Pro Natura zum Thema finden Sie in der BauernZeitung vom 24. Juni 2016