Selten war ein Sommerhalbjahr so durchmischt, wie in diesem Jahr. Noch im Mai standen in einigen Gebieten der Schweiz die landwirtschaftlichen Felder unter Wasser, weil es in vielen Gebieten zu üppige Niederschläge gab. Von der letzten Juni-Dekade  an änderte sich die Wetterlage jedoch abrupt ins Gegenteil. Heisse und trockene Luft aus dem Süden bescherten unserem Land Temperaturen wie im Mittelmeerraum, und die Niederschläge blieben vielerorts über einen Monat lang aus.

Siebenschläferregel bewahrheitete sich

Eine Bauernregel sagt: «Regnet es am Siebenschläfertag (27. Juni), es noch sieben Wochen regnen mag». Dabei kann diese Regel nicht wörtlich genommen werden. Es wird kaum 7 Wochen ohne Unterbruch regnen. Da sich der Sonnenstand jedoch gerade nach der Sommer-Sonnenwende nur sehr wenig verändert, bleibt die Wettersituation und die damit verbundenen Zirkulationsmuster der Winde oft einige Wochen ziemlich ähnlich, egal ob gerade ein Azorenhoch oder ein Islandtief vorherrscht. 

Also sagt die Bauernregel, die aus der empirischen Beobachtung entstanden ist: So wie das Wetter Ende Juni ist, wird es wahrscheinlich noch über längere Zeit bleiben – und genau dies war in den vergangenen Wochen der Fall. Systematische Untersuchungen zeigten, dass viele Bauernregeln in mindestens zwei von drei Fällen zutreffen.

In Zukunft mehr Hitzewellen

Nach Angaben von MeteoSchweiz war der Juli 2015 auf der Alpensüdseite, im Engadin, im Wallis und in der Westschweiz der heisseste Monat seit Messbeginn im Jahr 1864. In den übrigen Gebieten gehört er meist zu den drei heissesten Monaten in den über 150-jährigen Aufzeichnungen. Die Monatstemperaturen lagen 3 bis 4 Grad über dem langjährigen Mittel 1981 bis 2010. 

In Lugano TI und in Sion VS stieg die Julitemperatur mit 25,7 bzw. 24 Grad sogar mehr als ein halbes Grad über das bisher höchste Monatsmittel, welches in Lugano mit 25 Grad im Juli 1928, in Sion mit 23,3 Grad im Juli 2006 aufgezeichnet wurde. In guter Erinnerung ist uns noch der Sommer 2003, der von den langanhaltenden heissen Temperaturen und dem fehlenden Regen als Jahrhundertsommer in die Geschichte eingegangen ist. Bereits der Sommer 2006 war wieder extrem heiss und trocken und der Sommer 2015 scheint ähnlich zu verlaufen. Werden mit der erwarteten fortschreitenden Erwärmung auch die Hitzewellen zunehmen?


Zwei Hitzewellen hatten die Schweiz im Juni/Juli im Griff. Computermodelle, die mögliche Klimaszenarien bis zum Ende des 21. Jahrhunderts simulieren, zeigen tatsächlich, dass sowohl die Häufigkeit als auch die Intensität von sommerlichen Hitzeperioden deutlich zunehmen werden. 

Alle Simulationen basieren auf dem Treibhausgas-Emissionsszenario des Weltklimarates (IPCC), dem ein rasches ökonomisches Wachstum und ein Nebeneinander fossiler und erneuerbarer Energieträger zugrunde liegt. Dabei werden Hitzewellen von 7 und mehr Tagen Länge, die heute im Mittelland nur alle drei Jahre oder noch seltener auftreten, bis zum Ende des 21. Jahrhunderts zum Normalfall. Zudem werden die maximalen Temperaturen während solcher Ereignisse ansteigen. 

Nach Angaben von Meteo Schweiz liegen die Temperaturen des maximalen 14-Tage-Mittelwerts der Maximaltemperatur über die 30 Jahre 1980 bis 2009 für die Stationen Zürich, Basel und Lugano zwischen 27,5 und 29 Grad. Die Temperaturen der Sommer 2003 und 2015 (bis zum 20. Juli) liegen bereits deutlich darüber. Die Computermodelle zeigen, dass gegen Ende des 21. Jahrhunderts für alle drei Stationen Werte von deutlich über 30 Grad mit Maximalwerten bis mehr als 36 Grad zu erwarten sind. Dies bedeutet eine Erhöhung von über 6 Grad gegenüber den heutigen Verhältnissen. 

In den letzten Jahrzehnten sind die intensiven Hitzeperioden häufiger geworden. In Regionen, die immer wieder von Hitzeperioden betroffen wurden – wie  z.. die Westschweiz – sind solche Ereignisse heute in deutlich kürzeren  Abständen zu beobachten. 

In Regionen, die in der Vergangenheit kaum Hitzeperioden registrierten, treten sie heute mehr oder weniger regelmässig auf. 

Folgen für die Landwirtschaft

Die anhaltende Trockenheit von über einem Monat, verbunden mit aussergewöhnlich hohen Temperaturen, hat die Landwirtschaft dieses Jahr an vielen Orten in Bedrängnis gebracht. Mit der fortschreitenden Erwärmung sind solche Situationen in Zukunft noch häufiger zu erwarten. Für die Landwirtschaft bedeutet dies, dass Pflanzenkulturen vermehrt bewässert werden müssen. Ebenso braucht es Anpassungen in Pflanzenbau und Landnutzung für die wärmeren und trockeneren Sommermonate. 

Nach dem Fehlen des Niederschlags über Wochen waren die Böden ausgetrocknet. Da Flüsse und Bäche extrem wenig Wasser führten, war die Wasserentnahme für die Bewässerung der Kulturen in vielen Gebieten verboten. In solchen Situationen kann auch ein später einsetzender Regen die bisherigen Ertragsverluste nicht mehr kompensieren. 

Kulturen mit geringerem Wasserbedarf pflanzen


Forschungsergebnisse der landwirtschaftlichen Forschungsanstalt Agroscope und ihrer Partner zeigen Massnahmen auf, die die Abhängigkeit von der Bewässerung vermindern könnten. So hilft die konservierende Bodenbearbeitung die Wasserrückhaltung auf Ackerflächen zu verbessern. Eine Umstellung auf Kulturen mit einem geringeren Wasserbedarf und grösserer Hitzetoleranz, die Vorverschiebung der Wachstums- und Reifeperioden durch eine frühere Saat in die kühlere Jahreszeit sowie ein Anbau von Winter- statt Sommerkulturen sind mögliche Szenarien. 

Um eine Leistungseinbusse bei Nutztieren zu vermeiden, werden in Zukunft vermehrt Nachtweide, Schatten auf der Weide, genügend Tränkewasser, Berieselungsanlagen zur Kühlung sowie die Verlagerung der Weidehaltung in höher gelegene Gebiete nötig sein.

Andreas Walker