Vielleicht gibt es ja einen Wecker, der ein halbwegs erträgliches Geräusch hat, ich habe ihn jedenfalls noch nicht gefunden! Allein in unserem Haus gibt es sechs verschiedene Arten, wie man sich aus dem Land der Träume in die harte Gegenwart eines dunklen Wintermorgens befördern lässt. Und ich bin kein Morgenmuffel! Ich bin sofort hellwach, zu (fast) allem bereit, und (meistens) voller Tatendrang! Aber, ich muss zugeben, dass ich in letzter Zeit einige Male daran gezweifelt habe, ob das (noch) der Wahrheit entspricht.


Es ist 5 Uhr morgens. Der erste Wecker hat sich bereits mit hartnäckigem Piepen gemeldet. Es zerrt an meinen Nerven, bevor sie überhaupt in ihrem Wachmodus angelangt sind. Jetzt gehts direkt neben meinem Ohr los, ebenfalls piepend, wenn auch einen halben Ton höher. Ich schlage meine Decke zurück, da vibriert und surrt es über meinem Kopf. Ich fühle mich, als wäre ich an das Ding angeschlossen!

Nachdem ich mir kaltes Wasser ins Gesicht gespritzt, und warme Socken über meine Füsse gezogen habe, komme ich in der Küche an. 
Jetzt ist es wieder ganz still. Das geniesse ich! Ein bisschen Ruhe, niemand redet, kein Telefon, keine Handymelodie weil ein Whatsapp angekommen ist. Nichts! Meine Frisur spielt keine Rolle, mein Gesicht interessiert zu diesem Zeitpunkt nicht einmal mich, und es ist auch völlig Wurscht, wenn ich beim Griff nach meinen Socken im Dunkeln zwei verschiedene angezogen habe!

Am Morgen bin ich eigentlich gar nicht existent für die Welt da draussen. Das nimmt Druck weg! Ein wenig gestohlene Zeit, bevor der ganze Trubel beginnt! Ich atme tief ein und widme mich meinen Sandwiches, von denen ich jeden Morgen unzählige mache. Heute mit Schinken   Eben will ich konzentriert eine Essiggurke in feine Scheiben schneiden, da schellt es im oberen Zimmer so ohrenbetäubend laut, dass ich zusammenfahre. Ich gewöhne mich nie daran! 


In der Zwischenzeit ist das Morgenessen bereit, und die Mittagsverpflegungen warten auf ihren Abtransport. Es riecht nach Kaffee, und ich bin nicht mehr allein in der Küche. Als auch noch der Wecker unserer Jüngsten loslegt, bringt mich das nicht mehr aus dem Tritt. Wenigstens ist für heute das Piepen, Surren, Schnurren, Scheppern, Schellen und Vibrieren vorbei.


Ich will gerade aus der Küche, weil es jetzt zu hell und zu spät ist, um in zwei verschiedenen Socken, mit zerknittertem Gesicht und in Schlabberklamotten herumzulaufen. Da geht sie los! Die Pseudomelodie meines Handys! «Du kannst mich mal!», zische ich in seine Richtung, und stapfe die Treppe hinauf. Wenn ich mich um mein Outfit gekümmert habe, bekomme ich erst einmal einen schönen heissen Tee! Und der ist mucksmäuschenstill, bis ich ihn getrunken habe. Immer wieder gut, dass es Dinge gibt, die sich nie ändern!

Therese Looser