Die «offeni Tür i de Not» ist eine Beratung und Begleitung für die bäuerliche Bevölkerung. Das Projekt ist vom Luzerner Bäuerinnen und Bauernverband organisiert. Die Grundsätze des Projekts lauten: neutrale Anlaufstelle, Diskretion und Verschwiegenheit, grosse zeitliche Verfügbarkeit, Kooperation mit anderen Institutionen und Kompetenz des Beraterteams. Lisbeth Wicki betreut das Telefon, hört zu und hilft den Betroffenen in verschiedenen Lebenssituationen. Die BauernZeitung hat sie zu ihrer Arbeit bei der offenen Tür in der Not befragt.

Wie lange betreuen Sie die offene Türe in der Not schon? Sind sie alleine oder haben Sie eine Arbeitskollegin?

Lisbeth Wicki: Ich betreue die offene Tür in der Not nun seit drei Jahren. Im Moment bin ich die Einzige, die das Telefon betreut, falls ich mal nicht da bin, wird über das Sekretariat eine Ablösung organisiert. Wir sind also immer erreichbar.

Wie kamen Sie dazu, das Telefon zu betreuen?

Auf diese Aufgabe wurde ich durch ein Inserat aufmerksam. Ich dachte mir damals, dass unsere Söhne im Jugendalter mir den Freiraum geben, eine solche Arbeit anzunehmen. Etwas Soziales zu machen reizte mich. Manchmal wird man dann, wenn das Telefon klingelt, halt in eine ganz andere Welt versetzt. Ich möchte die Bäuerinnen und Bauern aber motivieren, diese Hilfe anzunehmen und sich zu melden. Ein Anruf kann Türen öffnen.

Arbeiten Sie anonym?

Das Telefon war mal anonym, heute meldet ich mich aber mit dem Namen. Das schafft Nähe und Vertrauen.

Wie viele Anrufe haben Sie durchschnittlich?

Das ist ganz unterschiedlich. Pro Jahr sind es ungefähr 50 Telefonate. Jedoch sind sie ganz unterschiedlich verteilt übers Jahr. Manchmal habe ich tagelang keines, mal zwei am Tag.

Wie haben sich die offene Türe in der Not und die ­Probleme entwickelt?

Die Themen sind eigentlich immer ähnlich, jedoch stelle ich fest, dass die Trennungen und Scheidungen im landwirtschaftlichen Bereich in den letzten Jahren schon auch zugenommen haben. Somit haben sich die rechtlichen Fragen zu diesem Thema gehäuft.

Wann greifen die Leute zum Telefonhörer, um Sie anzurufen? Hat es etwas mit den Jahreszeiten zu tun?

Nein, das hat weder mit der Weihnachtszeit noch mit dem Nebel zu tun. Meistens trägt man schon länger eine Sorge mit sich herum. Die Betroffenen rufen dann an, wenn noch zusätzlich etwas passiert ist auf dem Betrieb oder in der Familie. Das Fass ist am Überlaufen und man ruft spontan an. Ich habe festgestellt, dass Frauen im Allgemeinen etwas öfter anrufen als Männer. Manchmal gibt es auch Externe, die sich beraten lassen, wie sie jemandem helfen können.

Wie gehen Sie vor, wenn sich jemand meldet? Welche Möglichkeiten haben Sie, um jemandem zu helfen?

Ich habe verschiedene Personen in meinem Team. Ich kann auf Psychologen, Betriebsberater, den Rechtsdienst, die Eheberatung und Familienberatung usw. zurückgreifen und weiterverweisen. Halt je nach dem, was zu der Bauernfamilie oder dem Betrieb passt. Die Kontakte werden durch mich weitergegeben und vermittelt.

Was ist im Moment aktuell? Sind die Probleme eher ­gesellschaftlich oder typisch bäuerlich?

Die Arbeitsbelastung auf den Betrieben ist ein grosses Problem. Die betriebliche Arbeit, das Büro, das Familienleben und ein eventueller Nebenerwerb unter einen Hut zu bringen, kann herausfordernd sein. Manchmal führt diese grosse Verantwortung auch zu einem Burn-out oder kann das Auseinanderleben der Partnerschaft bewirken. Ein Dauerbrenner ist das Zusammenleben von mehreren Generationen auf dem Bauernhof.

Merkt man die Veränderung in der Landwirtschaft und den medialen Druck auf die Bauern?

Ja, das spürt man. Das geht an keiner Bäuerin und keinem Bauer spurlos vorbei, was da in den Zeitungen so steht. Es ist absolut nicht movierend, jedoch ist das kein Grund, warum sich jemand bei der Beratung meldet.

Haben Sie einen speziellen, bleibenden Eindruck von ihrer Arbeit?

Allgemein gesehen, schafft ein Anruf Erleichterung. Die Personen können ihre Probleme teilen und ich finde es schön, wenn ich jemandem helfen kann. Der Weg geht dann weiter, aber mit einer möglichen Hilfsperson «im Rucksack». Ich höre des Öfteren: Hätte ich mich doch früher bei ihnen gemeldet.

Lisbeth Wicki betreut die offene Tür seit drei Jahren. Sie lebt und arbeitet selbst auf einem ­Bauernhof und hat viel ­Verständnis für die ­Bäuerinnen und Bauern.