Mit der Abdeck-Pflicht aller Güllelager ab 2030 soll die Landwirtschaft gemäss dem Bundesrat gegen die Ammoniak-Emissionen ankämpfen. Nicht nur für die Agrarexperten in den Büros ist es wichtig, Emissionen gering zu halten. Auch für Landwirt(innen) bedeutet die Reduzierung der Ammoniak-Verluste mehr Nährstoffe in der Gülle. Dadurch könnten Mineraldünger eingespart und sensible Ökosysteme vom Luftschadstoff verschont werden.
90 Prozent aus der Landwirtschaft
Bekanntlich stammen über 90% der schweizweiten Ammoniak-Emissionen aus der Landwirtschaft. Davon machen die Emissionen beim Ausbringen der Gülle den Grossteil aus (43%). In Stall und Laufhof entweichen laut dem Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) 37% , bei der Hofdünger-Lagerung 17% und auf der Weide 3% des totalen Ammoniaks. Auf der Emissions-Rangliste der Nutztiere steht das Rindvieh zuoberst (78%), gefolgt vom Schwein (15%), dem Geflügel (4%) und von «übrigen Tieren» (3%).
Emissionsvermindernde Techniken haben sich in der Praxis bewährt. So sind die meisten Güllelager bereits abgedeckt und der Schleppschlauch-Einsatz nimmt kontinuierlich zu (wir berichteten). Über die gesamte Anzahl Güllelager, die in der Schweiz noch zu bedecken sind, gibt es allerdings keine offiziellen Zahlen. Einer Studie zufolge lag im Jahr 2015 der Anteil ungedeckter Güllelager bei rund 17% . Der Kanton Thurgau rechnet beispielsweise mit rund 160 ungedeckten Lagern, der Kanton Luzern mit 1200, ist dem Umwelt und Energie-Bericht 2020 des Kanton Luzerns zu entnehmen.
Abdeckung wird Pflicht
Laut dem BLW gibt es also nach wie vor Handlungsbedarf. Daher hat der Bundesrat im Rahmen der Revision der Luftreinhalte-Verordnung (LRV) ein Massnahmen-Paket beschlossen. Mit einer Übergangsfrist bis 2030 müssen alle bestehenden Behälter und ab dem 1. Januar 2022 alle Neubauten gedeckt sein. Die zweite Massnahme ist die Schleppschlauch-Pflicht für die Gülle-Ausbringung bei Hanglagen unter 18 Gefälle (wir berichteten). Die Förderung des Schleppschlauchs mittels Direktzahlungen wurde bis Ende 2021 verlängert. Damit folge man der Forderung der Motion «Beiträge für emissionsvermindernde Ausbringverfahren bis 2021», heisst es im LRV-Bericht.
Empfehlungen für die Abdeckung von Gülle- oder Vergärungsproduktlagern finden Landwirt(innen) auf der Webseite des Bundesamtes für Umwelt (Bafu) und des BLW. Gemäss der LRV kommen für eine möglichst kosteneffiziente Lösung feste Konstruktionen (Zelt- oder Kegeldach, Kugelkuppe) sowie Schwimmfolien (Schwimmkörper, Sandwichfolie, teilschwimmende Folien) in Frage (siehe Tabelle).
Treibhausgas-Reduktion
Die Gülle-Abdeckung soll laut einer kürzlich verfassten Studie von der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) die Ammoniak-Emissionen um bis zu 80% reduzieren. Dazu wurden 120 Studien und Daten aus rund 370 Berichten verglichen und ausgewertet. Die Forschungsgruppe führte Resultate aus Amerika, Kanada, Italien und Dänemark zusammen. Auch Treibhausgase würden durch die künstliche Abdeckung vermindert in die Luft austreten.
Eine Schwimmschicht reduziere die Ammoniakemissionen zwar. Die Wirkung sei jedoch viel weniger zuverlässig als die einer festen Abdeckung. Dies weil sich eine Schwimmschicht nicht immer aufbauen kann und diese bei jedem Rührvorgang zerstört wird, heisst es in der Studie.
Hohe Kosten empören einige
Die HAFL-Studie über gasförmige Emissionen bei Gülle löste verschiedene Reaktionen aus. Die ständigen Anpassungen und Vorschriften würde die Landwirtschaft vor weitere finanzielle Herausforderungen stellen, kritisieren vereinzelte User auf der Facebook-Seite der BauernZeitung. In der Tat sind die Kosten beachtlich (siehe Tabelle).
Ansäuern und separieren
Die HAFL-Studie formuliert folgende Hauptresultate:
- Alle Abdeckungsarten haben sich als effizient für die Emissionsminderung von Ammoniak erwiesen. Auch die Treibhausgas-Emissionen gehen aufgrund der Abdeckung leicht zurück.
- Ansäuern der Gülle (Herabsetzen des pH-Werts) reduziert die Ammoniak- und Methan-Emissionen sowie zu einem geringen Teil auch den CO2-Ausstoss. Es wird dabei aber vermehrt Lachgas freigesetzt.
- Gülleseparierung in einen flüssigen und festen Teil erhöht die Ammoniak-Verluste, reduziert aber die Methan-, Lachgas- und CO2-Emissionen.
- Anaerobe Vergärung steigert den Ausstoss von Ammoniak aber reduziert denjenigen von Methan.
Beim Rühren entweicht viel
Auch das Rühren der Gülle begünstigt das Entweichen von Treibhausgasen. Dies untersuchte eine weitere Studie der HAFL.Man verglich ein offenes Rindergüllelager mit einer teilschwimmenden Folie und einem Güllelager mit mittig verschlossener Abdeckung. Die Resultate bringen ein gleiches Fazit hervor, wie bei der bereits erwähnten Studie: Ein Tag nach dem Aufbrechen der Schwimmschicht betrug die Ammoniak-Emission bei den komplett abgedeckten Güllelager 80% weniger als beim offenen Lager.
Die Abdeckung von Güllelager stellt für Thomas Kupper, Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der HAFL und Beteiligter an der Studie, mit Abstand die wirkungsvollste Variante zur Emissionsminderung dar. Wissenschaftler sind sich aber bewusst, dass die Verpflichtung zur Abdeckung für einige Landwirt(innen) ärgerlich sein kann. In den 1990-er Jahren richtete sich der Fokus der Agrarpolitik auf die Erstellung von möglichst grossen Güllelagern. Somit förderte der Bund den Bau von offenen Lagern. Durch grössere Gülle-Behälter konnten Landwirt(innen) den Hofdünger über längere Zeit lager. Daher ist der Kurswechsel der Agrarpolitik sicherlich nicht für alle erfreulich. Die Umwelt wird es uns aber hoffentlich danken.
Zwei empfohlene Abdeckungsmöglichkeiten
Eigenschaft | Feste Konstruktion | Schwimmfolie |
Emissions-Reduktion (Ammoniak) | 80 Prozent | 80 Prozent |
Handhabung |
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Kosten | 20 00 bis 42 00 Franken | 10 00 bis 29 00 Franken |
Material |
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Lebensdauer | 10 bis 25 Jahre | 10 bis 15 Jahre |
Gefahren
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