Die Schweiz hat die höchste Brauereiendichte Europas. Auch in der Ostschweiz, von Schaffhausen bis ins Engadin, wird vielerorts Bier gebraut. Inzwischen hat jede Region ihre eigenen Biersorten, es kommen immer mehr dazu. Dabei stösst die Regionalität allerdings an ihre Grenzen: Malz, ein elementarer Bestandteil von Bier, musste bislang aus dem Ausland importiert werden, weil es hierzulande keine Mälzereien gibt.

Ohne lange Anfahrtswege

Das soll sich nun ändern: Wie kürzlich bekannt wurde, gibt es bereits ein entsprechendes Bauprojekt in Möriken-Wildegg im Kanton Aargau, und nun erhält auch die Ostschweiz eine eigene Mälzerei. «Ziel ist es, den Umweg nach Deutschland zu sparen und somit die Wertschöpfung in die Schweiz zurückzubringen», sagte Andreas Schmidli, Mitbegründer von «Regiomalz» am Montag an einer Informationsveranstaltung am BBZ Arenenberg in Salenstein. «Damit wird ermöglicht, in der Gegend sowohl gute Braugerste anzubauen als diese auch ohne lange Anfahrtswege zu vermälzen.»

Dabei setzt das Startup laut Agronom Schmidli auf eine Rimomalt-Anlage der Firma Bühler AG in Uzwil, die in der Branche weltweit führend ist. Die Anlage hat zwei Keimkästen und eine Kapazität von zusammen 40 Tonnen, damit entspricht sie einer mittelgrossen Mälzerei.

Standort Hinterthurgau

«Regiomalz» konnte bereits IP-Suisse und Biofarm als Anbaupartner gewinnen, welche dereinst mit interessierten Landwirten aus der Ostschweiz Abnahmeverträge abschliessen werden. Als erste Annahmestelle vorgesehen ist Marthalen im Kanton Zürich, weitere sind im Gespräch. «Neben unserem Standardsortiment mit diversen Malzen aus IP-Suisse- und Bio-Gerste bieten wir auch Lohnvermälzung ganzer Chargen an», sagte Andreas Schmidli.

Derzeit sei «Regiomalz» noch mit Investoren in fortgeschrittener Verhandlung. Bei der Wahl des Betriebsstandorts evaluiere die Mälzerei, die im «Projekt Regionale Entwicklung Tannzapfenland» eingebettet ist, aktuell zwei konkrete Standorte im Hinterthurgau. Geplant sei, Ende 2022 die erste Charge Getreide zu vermälzen.

«Mälzen beginnt bereits auf dem Feld», stellte Marc Nyffenegger, von Beruf Müller und ebenfalls Mitbegründer von «Regiomalz», fest. Um eine möglichst hohe Qualität der Braugerste sicherzustellen, hat sich das Jungunternehmen daher an das BBZ Arenenberg gewandt. Dieses hat sich bereit erklärt, Sortenversuche durchzuführen und Landwirte zu beraten, welche Braugerste anbauen wollen. An einem Flurgang im Rahmen der Informationsveranstaltung wurden interessierten Landwirtinnen und Landwirten die ersten Versuche im Bio-Anbau vorgestellt.

Gerstensorten verglichen

Zurzeit werden unter Biobedingungen fünf Sorten Sommerbraugerste miteinander verglichen. Der gleiche Versuch ist auch auf dem Strickhof angelegt. Die hierzulande wohl bekannteste Sorte ist Quench, welche die Genossenschaft «Gran Alpin» seit Jahren in den Bündner Bergen anbaut und die sich dabei als robuste, zuverlässige Sorte erwiesen hat. «Dennoch heisst es nicht automatisch, dass Quench unter anderen klimatischen Bedingungen ebenso gut abschneidet», sagte Daniel Fröhlich, Bioberater am BBZ Arenenberg.

 

Vom Getreide zum Malz

ei Malz handelt es sich um gekeimtes und getrocknetes (gedarrtes) Getreide. Genauer gesagt, werden beim Mälzen Getreidekörner mit Wasser zum Keimen gebracht, wobei der Keimvorgang Enzyme aktiviert. Daraufhin werden die gekeimten Getreidekörner getrocknet und geröstet. Malz kommt neben Hopfen und Wasser als Ausgangsstoff beim Bierbrauen zum Einsatz. Die darin enthaltenen Enzyme sorgen beim Brauvorgang für den Stärke- und Eiweissabbau. Malz wird vor allem zur Herstellung von Bier und Whisky benötigt.

Die weiteren Sorten sind Avalon, Accordine, Leandra und Tostefix. Sie alle werden bezüglich verschiedenster agronomischer und qualitativer Eigenschaften beurteilt. «Nebst der Erntemenge sind bei der Braugerste ein tiefer Proteingehalt und eine gute Keimfähigkeit am wichtigsten, beides braucht es für die Vermälzung», so Fröhlich. «Zudem sollen die Körner eine Grösse von mindestens 2,5 mm aufweisen. Alles was kleiner ist, fällt als Futteranteil weg.»

Vor der Aussaat sei es wichtig, eine Nmin-Probe vom Boden zu nehmen und daraufhin gezielt zu düngen. «Langsam wirkende Hofdünger sollte man vermeiden, da man dabei keine Kontrolle über die Stickstoffmobilisierung hat», sagte der Bioberater. Die Unkrautregulierung bei der Braugerste sei einfach zu handhaben, da sie eine gute Bestockung aufweist.

Probemälzungen geplant

Nach der Ernte wird eine Sortierung durchgeführt, um den Vollgerstenanteil (verkaufsfähige Körner) festzustellen. Zudem sollen in Deutschland Probemälzungen durchgeführt werden. Auf den Herbst ist zudem ein Versuch mit Wintergerste geplant. «Ziel ist die beste Sorte für den Bio- resp. Extenso-Anbau in der Region zu evaluieren», sagte Hansueli Brassel von Biofarm. «Es kann auch sein, dass in Abhängigkeit des Standorts eher Winter- oder Sommergerstesorten Sinn machen .»

 

Landwirte im Thurgau und umliegenden Gebieten, die sich für den Anbau von Braugerste interessieren, melden sich bei www.biofarm.ch (Bio-Anbau), www.ipsuisse.ch oder braugerste@regiomalz.ch.