Zurück zur «guten landwirtschaftlichen Praxis», wie es vor 30 Jahren, als ich Lehrer und Berater am Strickhof war, gelehrt wurde», war das Fazit von Andreas Buri. Anlass war die Abschlussveranstaltung des Ressourcenprojekts «Einzelbetriebliche Stickstoff-Effizienz steigern und Stickstoff-Verlustrisiko im Kanton Zürich reduzieren» (kurz N-Effizienz genannt), das der Zürcher Bauernverband 2018 mit der Agrofutura, dem Strickhof und der HAFL startete.
Stellschraube Kraftfutter
Andreas Buri, der einen Betrieb in Ossingen bewirtschaftet, war zusammen mit ZBV-Präsident Martin Haab als Vertreter des Zürcher Bauernverbands in der Begleitgruppe des Ressourcenprojekts. 19 Betriebe machten mit, unter ihnen auch Martina und Christoph Geiselmann aus Oetwil am See. Auf ihrem Betrieb fand das Ressourcenprojekt seinen Abschluss. Geiselmann bewirtschaftet 46 ha mit Futter- und Ackerbau, hält 50 Milchkühe und macht Brennholz.
Seine Stellschrauben, um Stickstoff zu reduzieren, waren im Feld der Einsatz vom Schleppschlauch und die Umstellung von Harnstoffdünger auf Ammonsalpeter – im Stall die Senkung des Rohproteingehalts im Kraftfutter. «Es wird kein betriebsfremdes Kraftfutter mehr zugeführt», sagte Geiselmann.
Die Fütterungsumstellung habe sich positiv auf die Milchharnstoffwerte ausgewirkt und die Kühe seien gesünder. Sein Massstab dafür waren die Tierarztkosten, die er während der Projektdauer halbieren konnte – unter anderem auch, weil er sich an die Stierenempfehlungen der IG Neue Schweizer Kuh hielt. Freilich ging auch die Milchleistung von 8675 kg bei Projektbeginn auf 7413 kg zurück. «Das Milchgeld ist gesunken. Den Einkommensverlust konnte ich aber mit den Beiträgen aus dem Ressourcenprojekt kompensieren», sagte Christoph Geiselmann.
Annelies Übersax von der Agrofutura erklärte: «Geld für Massnahmen gab es nur, wenn nachweislich eine Wirkung erzielt wurde.» Die Reduktion des N-Saldoüberschusses wurde mit Fr. 8.–/kg N abgegolten. Der ausbezahlte Betrag pro Jahr betrug maximal Fr. 15 000.–.
«Es ist einfacher, den Stickstoffüberschuss zu senken, als die Stickstoffeffizienz zu erhöhen», sagte Beat Reidy von der HAFL. Von den 19 Betrieben verringerten 17 ihre Stickstoffüberschüsse gemäss den Zielvorgaben. Im Durchschnitt konnten die Betriebsleiter auch die Stickstoffeffizienz erhöhen. «Aber nur sieben der 19 Betriebe erreichten das vorgegebene Ziel betreffend Stickstoffeffizienzsteigerung um 5 bzw. 10 %», sagte Reidy.
Der Stickstoffkreislauf sei komplex und eine Effizienzgrösse pro Jahr sei kein gangbarer Weg für die Wirkungskontrolle. «Die Ergebnisse sind stark standort- und witterungsabhängig und können von Jahr zu Jahr stark schwanken», so Reidy, und weiter: «Damit ein Betrieb sich verbessern kann, müssen die Nährstoffflüsse ersichtlich sein.» Im Projekt rechnete die HAFL dafür eine Hoftorbilanz – also den Saldo aus Stickstoffinput minus den -output. Eine Hoftorbilanz zu rechnen, sei aber komplex und nicht alltagstauglich.
Analysen haben sich gelohnt
«Hofdünger- und Grundfutteranalysen als Grundlage für die Düngungs- und Fütterungsplanung wurden von den Betriebsleitern als wertvoll beurteilt und halfen, die Stickstoffeffizienz zu erhöhen», hielt Strickhof-Berater Serge Braun abschliessend fest. Aufgrund der exakten Hofdüngerwerte sei eine optimierte, betriebsspezifische Düngungsplanung möglich gewesen. Sein Tipp am Schluss: «Der Stickstoffgehalt im Hofdünger kann direkt auf dem Betrieb mit dem Schnelltest Quantofix bestimmt werden.»
Nachgefragt: «Das starre N- und P-Kontingent aus der Suisse-Bilanz verhindert N-Effizienz»
Je grösser die Reduktion des Stickstoffüberschusses war, desto höher fiel die Abgeltung im Projekt aus. Bei Betrieben, die vor Projektbeginn schon vorbildlich unterwegs waren, war also der Fortschritt kleiner und die Abgeltung geringer. Wie ungerecht ist das denn?
Andreas Buri: Da gebe ich Ihnen recht. Es ist unbefriedigend. Mit einer wirkungsbasierten Abgeltung lässt sich das nicht vermeiden. Im Projekt wurde das immerhin durch einen Pauschalbetrag etwas abgefedert. Gleichwohl bin ich für ein wirkungsbasiertes Anreizsystem, das Freiraum für selbstständiges Denken und Handeln zulässt. So kann der Landwirt standort- und klimagerechte Massnahmen umsetzen. Bei einem Massnahmensetting entstehen falsche Anreize. Seit 30 Jahren wird das im Naturschutz und der Biodiversitätsförderung praktiziert – und wo sind wir heute? Wir haben wenig erreicht und sind von Naturschutzseite her in der Kritik, obwohl die Landwirte sich an die Vorgaben halten bzw. gehalten haben.
Sie plädierten beim Projektabschluss für die «gute landwirtschaftliche Praxis». Was meinen Sie damit?
Anfang der 90er-Jahre haben wir Düngungsplanung gemacht, Hofdüngeranalysen, Bodenproben und vieles mehr. Dann wurde die Nährstoffbilanz bzw. Suisse-Bilanz eingeführt. Ich mache die Suisse-Bilanz massgeblich dafür verantwortlich, dass die gute landwirtschaftliche Praxis, nach Bedarf, nach Vorkultur oder nach Nmin zu düngen, verloren ging. Das starre N- und P-Kontingent pro Betrieb aus der Suisse-Bilanz nimmt jedem den Sinn und den Anreiz, die oben zitierten Planungsinstrumente einzusetzen. Die HAFL zeigte auf, dass genau diese Instrumente der 90er-Jahre zu einer Erhöhung der N-Effizienz führen würden. Ich finde es bedenklich, wie viel Geld heute ausgegeben wird, um zu Erkenntnissen zu gelangen, die die Bauern sowieso umsetzen würden, wenn man sie durch das Regelwerk nicht daran hindern würde.
Werden die Erkenntnisse aus Projekt N-Effizienz in die AP 2030+ einfliessen?
Der Wille ist sicher vorhanden, die Erkenntnisse aus den verschiedenen Ressourcenprojekten in die AP einfliessen zu lassen. Wie viel dann tatsächlich hängenbleibt, ist von vielen Faktoren abhängig. Die Einflussnahme auf die Ausgestaltung der Agrarpolitik sind vielfältig. Unabhängig von der zukünftigen Agrarpolitik kann aber jeder Landwirt die neuen Erkenntnisse auf seinem Betrieb umsetzen, sofern sie ihm plausibel sind und ihm etwas bringen.
Andreas Buri bewirtschaftet einen Betrieb in Ossingen und war als Vertreter des Zürcher Bauernverbands in der Projektbegleitgruppe.