Ziel- statt massnahmenbasierte Beiträge sollen nach Meinung des Bundesamts für Landwirtschaft (BLW) das künftige Direktzahlungssystem vereinfachen. Da Ziele in der Regel etwas Abstraktes und ihre Erreichung schwer messbar ist, spreche man besser von «wirkungsbasierten» Abgeltungen, erklärte Annelies Uebersax von Agrofutura. An der diesjährigen Fachtagung der Agrofutura AG wurden die Begrifflichkeiten geklärt, bevor es in die Praxis ging. Denn mit wirkungsbasierten Abgeltungen hat man aus verschiedenen Projekten bereits Erfahrung.

Es braucht Grundinteresse

Zusammengefasst versprachen sich die Verantwortlichen der Ressourcenprojekte Zibif (Zielorientierte Biodiversitätsförderung), N-Effizienz und Klimastar von einem wirkungsbasierten Ansatz eine bessere Zielerreichung und höhere Motivation der teilnehmenden Landwirt(innen). «Die Bauern haben einen gewissen Respekt vor der Verantwortung, sind aber sehr motiviert», schilderte Martin Graf von der Fachstelle Naturschutz des Kantons Zürich seine Beobachtungen bei Zibif. Man stelle aber auch fest, dass dieser Ansatz nicht für alle gleichermassen funktioniere: «Ein Grundinteresse muss vorhanden sein», so Graf. Er schlug daher vor, zweigleisig zu fahren. Weniger an der Biodiversität interessierte sollten Mindestanforderungen erfüllen, während zusätzliches Engagement belohnt würde.

Die richtige Höhe der Abgeltungen beschrieb Andreas Buri vom Zürcher Bauernverband (ZBV) als ein «Herantasten». Beim Projekt N-Effizienz habe man sich dafür Überlegungen zu Schaden und Nutzen des nicht verwendeten Stickstoffs gemacht und schlussendlich statt der betrieblichen N-Effizienz den Fokus auf den N-Saldo pro düngbare Fläche gelegt, die ein greifbareres Mass sei. «Die Beitragshöhe darf variieren», meinte Buri, «sofern das angekündigt wird und der Wert rechtzeitig feststeht.» Landwirte seien sich schwankende Preise schliesslich gewohnt.

Beim Zürcher N-Effizienz-Projekt habe eine Obergrenze verhindert, dass Betriebe voll extensivieren und kaum mehr produzierten. «Das wäre sonst ein schlechtes Vorbild gewesen», findet Buri. Die Hauptaufgabe der Landwirtschaft – die Lebensmittelproduktion – stellte keiner der Redner(innen) infrage. Doch Jolanda Krummenacher, Agrofutura, bemerkte einleitend, dass zum seit Jahrhunderten bestehenden Ziel der Ernährungssicherung mittlerweile eben auch zahlreche ökologische hinzugekommen seien. Und: «Viele dieser Ziele sind heute nicht erreicht», so Krummenacher.

Möglichst grosse Auswahl

Damit Verbesserungen mit wirksamkeitsbasierten Abgeltungen erreicht werden können, sollte die Auswahl an Massnahmen für die Betriebsleitenden möglichst gross ein, riet Andreas Buri. Vor allem für den Einstieg brauche es ausserdem eine gute Beratung. Ideal seien Flurbegehungen für den Erfahrungsaustausch in der Praxis. «Heute machen das praktisch nur noch Verkaufsfirmen», kritisierte der ZBV-Vertreter. «Die öffentliche Hand hat diesbezüglich das Feld geräumt und die Schulen machen nicht mehr viel.» Nicht zuletzt dürften bereits gute Betriebe nicht bestraft werden, indem Beiträge sich nur an neuen – oder prozentualen – Verbesserungen orientieren.

Nachhaltigkeits-Dozent Jan Grenz von der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) nannte dies das «Prozentsyndrom». Es führe zum Setzen von Pseudozielen. «Die Prozente gehen mir so auf den Keks», betonte Grenz und gab das Beispiel Klimaschutz: Dort müsste das Ziel keine Prozentzahl sein, sondern dass das Leben durch den Klimawandel nicht massiv erschwert werde. Man einigte sich nach Voten aus dem Publikum darauf, dass die Zielsetzung etwa vom Zeithorizont und dem Grundgedanken eines Projekts abhängt: Will man «schlechte Betriebe» verbessern oder gezielt das bestehende Niveau berücksichtigen, um auch «gute» für ihr bisheriges Engagement zu belohnen?

«Vollgas» verhindern

Bei Klimastar wählten die Verantwortlichen letztere Möglichkeit und passten das gesetzte Ziel dem Niveau der Betriebe an. Wie die Landwirt(innen) die angestrebte Reduktion der Treibhausgas-Emissionen pro kg Milch erreichen, steht bei Klimastar nicht im Vordergrund, auch wenn es eine Liste möglicher Massnahmen gibt.

Stattdessen wird die Klimawirkung mit dem KLIR-Tool der HAFL berechnet. «Beim Klima ist die Effizienz zentral», sagte André Bernet von den Zentralschweizer Milchproduzenten (ZMP). Im Gegensatz zum Projekt N-Effizienz galt es daher zu verhindern, dass mit «Vollgas-Produktion» die Emissionen auf eine möglichst grosse Milchmenge verteilt werden. Das stelle bei Klimastar die Kombination mit der Reduktion der Flächen- und Nahrungsmittelkonkurrenz sicher.

Jan Grenz berichtete von Problemen mit den von den Betriebsleitenden erfassten Daten für die Berechnung via KLIR – der Aufwand für deren Überprüfung seitens HAFL sei unerwartet gross gewesen. «Es gibt sicher noch Luft nach oben», meinte er hinsichtlich bereits andernorts erfasster Daten, die genutzt werden könnten. «Es ist interessant, wie bedenkenlos Leute ihre Daten gegenüber Google zur Ware machen und gleichzeitig eine nationale Agrardaten-Plattform abgelehnt wird.»

Die Erfahrungen aus Ressourcen-Projekten wie N-Effizienz, Zibif und Klimastar sollen in die nationale Agrarpolitik einfliessen, sagte Magdalena Gisiger vom BLW. Die Knacknuss dabei sei die Skalierung auf die ganze Schweiz – ohne Fehlanreize zu schaffen oder ungute Nebenwirkungen in Kauf zu nehmen. «Die Wahl der Indikatoren ist essentiell», gab Gisiger zu bedenken. Das BLW gehe bereits beide Wege, indem z. B. BFF QI wirksamkeitsorientiert gefördert werden (anhand des Auftretens definierter Zielarten).

«Habt Vertrauen»

Für die Arbeit mit wirksamkeitsbasierter Abgeltungen riet Annelies Uebersax den Behörden, pragmatisch, realistisch und partnerschaftlich vorzugehen. «Habt Vertrauen in die Betriebe und Branchen», rief Uebersax auf. Man solle auf Partnerschaften setzen, denn das sei motivierend. Uebersax ist sicher: «Die Betriebsleitenden sind parat für mehr Eigenverantwortung und Freiheit. Und sie lassen sich motivieren.»