Es waren Beschwerden mit Folgen: nachdem diesen Frühling zwei Parteien aus Aarwangen Klage gegen das Glockengeläut von weidenden Rindern eingereicht hatten, formierte sich in der Berner Gemeinde grossen Widerstand. Innert zwei Monaten sammelte das Initiativkomitee um Arzt und Neurologe Andreas Baumann 1099 Unterschriften. Während lediglich 319 Unterschriften nötig gewesen wären, um die Gemeindeinitiative einzureichen, unterstützte so ein Drittel aller Stimmbürger(innen) das Anliegen.
«Ich war beeindruckt von dieser Resonanz», erklärte Niklaus Lundsgaard-Hansen, Gemeindepräsident von Aarwangen, an der Gemeindeversammlung vom Montagabend.
Erfolglose Einsprache
[IMG 3]Die zwei Beschwerdeführer haben indessen Forfait gegeben – eine Partei zog ihre Klage zurück, die andere kehrte Aarwangen den Rücken zu. Doch der Fall ist noch nicht abgeschlossen: Denn der Kanton hat eine Lärmimmissionsbeurteilung durchgeführt und entschieden, dass die Tiere des angeklagten Landwirts an diesem Weideort zwischen 22 und 7 Uhr keine Schellen tragen dürfen.
Der Tierhalter machte Einsprache - doch ohne Erfolg. Denn eine solche sei erst möglich, wenn die Gemeinde eine entsprechende Verfügung erlasse, zitierte Andreas Baumann in seiner Rede die Antwort des Kantons.
Den ländlichen Charakter behalten
Deshalb sei nun ein Reglement nötig, um den Erhalt des Glockengeläuts zu sichern, fuhr Baumann fort. Dieses beinhalte Massnahmen, um die Glockenklänge in Einklang mit der Lärmschutzverordnung zu bringen. So soll der Tradition von Aarwangen als ländliches Dorf Rechnung getragen werden. Zu diesem Kulturgut gehöre auch das Glockengeläut - am Tag und in der Nacht.
Am Montagabend kam diese Initiative dann vors Aarwanger Stimmvolk. «Nein sagen zu Traditionslöschungsversuchen, das ist das Thema», betonte Andreas Baumann vor der Abstimmung. Das Ziel des Initiativkomitees sei eine langfristige Regelung des Glockengeläuts in der Gemeinde und die Vermeidung von wiederholten Diskussionen.
Ein eindeutiges Zeichen
[IMG 2]Gleicher Meinung waren auch die Aarwangerinnen und Aarwanger. Mit 162 zu vier Stimmen sprachen sie sich mit deutlicher Mehrheit für die Glockeninitiative aus. Jetzt werde die Gemeinde in Zusammenarbeit mit drei Mitgliedern des Initiativkomitees das Reglement ausarbeiten, erklärte Niklaus Lundsgaard-Hansen das weitere Vorgehen. Ziel sei es, dieses dann an der nächsten Gemeindeversammlung im Juni vors Volk zu bringen.
«Es ist mir eine grosse Freude, dass die Aarwanger Bevölkerung das Anliegen des Initiativkomitees mit einer so überwältigenden Mehrheit teilt», meinte Andreas Baumann nach der Abstimmung. Es scheine, als habe die Initiative ein Thema aufgegriffen, das viele berührt. «Ich selber bin ein sehr traditionsbewusster Mensch», ergänzte er, «denn am Schluss sind es immer die Traditionen und Bräuche, die Kraft und Halt geben.»