«Kaum einer unserer Schneepflüge ist wie der andere, das sind fast alles an die Bedürfnisse der Kunden angepasste Geräte», sagt Thomas Ellenberger, während er durch die grosse Produktionshalle der Zaugg AG in Eggiwil geht. Der Verkaufsberater muss laut sprechen, denn am Standort Eggiwil Holzmatt wird aktuell an mehreren Stellen umgebaut.

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«Wir wechseln hier gerade von Plasmaschneidern auf Laserverfahren und haben daneben noch andere Umbauten», erklärt er, während er an zugeschnittenen Metallplatten und frisch orange lackierten Teilen vorbeigeht. In der Werkhalle herrscht ein emsiges Treiben, denn während des Umbaus wird bei Zaugg ganz normal weitergearbeitet. Der Winter ist schliesslich Hochsaison für das Unternehmen, das neben den bekannten Schneepflügen eine ganze Reihe weiterer Produkte für die Schneeräumung und -bearbeitung anfertigt.

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Eine 130 Jahre lange Geschichte 

2023 feiert die Firma ihr 130-jähriges Bestehen. Der Betrieb, der heute zu den grössten Arbeitgebern in der Region Emmental gehört, hat 1893 ganz klein als Schmiede mit einer eigenen Wagnerei angefangen. Die ersten landtechnischen Geräte, die in den folgenden Jahren von der Pflugschmiede hergestellt wurden, waren Brabant- und Patent-Selbsthalterpflüge, die von Pferden gezogen oder gar geseilt wurden.

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Schon früh fasste man in Eggiwil auch den Schnee ins Auge: In der Wagnerei seien auch Skis angefertigt worden, weiss Thomas Ellenberger. Die benötigten Materialien waren in der Wagnerei ohne Weiteres verfügbar und Schnee fiel früher im Emmental schliesslich auch noch zur Genüge. In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg begann schliesslich die Entwicklung von landtechnischen Anbaugeräten für Traktoren, die zu dieser Zeit im Aufkommen waren. Das heutige Kerngeschäft, die Schneeräumung, kam in den 1960er-Jahren dazu; zunächst mit Schneepflügen, ab den 1970ern wurde das Angebot auf Schneefrässchleudern ausgeweitet. Bis in die 1990er-Jahre hinein stellte das Familienunternehmen weiterhin auch landtechnische Geräte her, bis dieser Betriebszweig eingestellt wurde. Noch heute fertigt die Zaugg AG Eggiwil aber Ersatzteile an und repariert am Standort Holzmatt Landmaschinen.

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Wichtig für die ganze umliegende Region

Nachdem die Firma bis zur Mitte der 1990er-Jahre als Familienunternehmen geführt wurde – drei Generationen hatten die Geschicke des wachsenden Unternehmens zuvor geleitet –, gründete man 1997 die Zaugg AG. Heute beschäftigt die Firma an drei Standorten im Emmental rund 170 Personen. «Rund 20 Prozent davon sind Bauern, die als Nebenerwerb bei uns arbeiten», gibt Thomas Ellenberger zu Protokoll.

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Wie erwähnt, gehört Zaugg zu den grössten Arbeitgebern der umliegenden Region. Das hat nicht nur für Arbeitnehmende, sondern auch für den Nachwuchs eine grosse Bedeutung: Aktuell werden 14 Lernende in acht verschiedenen Lehrberufen ausgebildet; von Anlagen- und Apparatebauern über Konstrukteure bis hin zu Landmaschinen- oder Polymechanikern.

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«Wir beziehen zwar gewisse Komponenten aus dem Ausland – zum Beispiel Motoren und Spezialteile –, aber wir produzieren nur hier. Und auch das ‹Engineering› findet hier statt. Geliefert werden unsere Produkte am Ende in über 40 Länder auf der ganzen Welt», betont Thomas Ellenberger nicht ohne Stolz in der Stimme. Weshalb ist das Unternehmen denn nicht näher an die grossen Verkehrsachsen heran gezogen? «Dieser Entscheid wurde schon 2003 gefällt. Unser Unternehmen wurde hier gross und ein grosser Teil der Belegschaft kommt aus der nächsten Umgebung. Das, was für uns hier stimmt, überwiegt die potenziellen Vorteile eines anderen Standorts bei Weitem», begründet der Emmentaler.

«Schnee ist unser Metier»

Die bekanntesten Produkte, die in Eggiwil hergestellt werden, sind die eingangs erwähnten orangen Schneepflüge, fast alles Individual-Anfertigungen. «Da kommt es immer drauf an, was die Kunden benötigen. Wie gross soll die Durchfahrtsbreite sein? Benötigt man Licht am Pflug? Wird der Pflug an eine Kommunalplatte angeschlossen, oder soll es ein anderer Anschluss ein?», erklärt Thomas Ellenberger die Vielfalt in Sachen Schneepflüge, während er durch das Lager führt, in dem sich Bau- und Ersatzteile deckenhoch stapeln. «Besonders wichtig ist es, dass wir die Messer, die unten am Pflug in Kontakt mit dem Boden kommen, stets in genügender Zahl an Lager haben», betont der Fachmann. «Im Winter erreicht man uns für Serviceleistungen nämlich rund um die Uhr, sieben Tage die Woche», sagt er, während er im Vorbeigehen einen Arbeiter grüsst.

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Neben den Schneepflügen produziert man im Emmental eine Reihe weiterer Gerätschaften zur Schneeräumung, denn «Schnee ist unser Metier», meint Ellenberger schmunzelnd. Da wären etwa verschiedene Anbau-Schneefrässchleudern und die grossen Monoblockfräsen, die entweder im hochalpinen Gebiet beim Räumen von Passstrassen zum Einsatz kommen oder auf Flugplätzen, wo gründlich und effizient geräumt werden muss.

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Auch die Rolba-Modelle 500, 1500 und 3000 werden im Emmental hergestellt. Während es die Modelle 1500 und 3000 schon länger und unter anderem Namen gegeben habe, sei die Rolba 500 eine hauseigene Entwicklung, welche die Stärken der anderen Modelle vereine, klärt Thomas Ellenberger auf. «Das Fahrzeug verfügt über 230 PS und einen mechanischen Fräsantrieb. Die Maschine ist kompakt gebaut, auf Leistungsfähigkeit ausgelegt und passt so optimal ins hochalpine Gebiet, wo viel Schnee geräumt werden muss.»

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Ein Monster eigens für die Pipe

«Eine unserer Stärken ist sicherlich unser Gespür für Innovation», betont Thomas Ellenberger. Das bedeutet viel neue Technologie und eine Ausweitung des Angebots. So habe man bei Zaugg etwa die Schneeräumung auf Schienen Anfang der 2010er-Jahre «auf ein neues Level» gehoben. Für die Rhätische Bahn habe das Unternehmen vier grosse Spezialmaschinen gebaut, denn die Geleise der Bündner Schmalspurbahn führen durch ein oft anspruchsvolles, hoch gelegenes und im Winter häufig tief verschneites Gebiet.

«Das war der Startschuss für die Produktion grösserer Maschinen. Heute besitzt etwa die Bahn auf den Pike’s Peak im amerikanischen Colorado eine unserer Maschinen. Das ist die höchstgelegene Zahnradbahn, die auf über 4000 m ü. M. führt», kommt Ellenberger ins Schwärmen.

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Und noch ein weiteres Produkt versetzt einen ins Staunen: Das sogenannte «Pipe Moster» ist ein Gerät zum Formen von Halpipes. «Mitte der 1990er-Jahre haben wir mit einem einfachen Blechkonstrukt angefangen, damit konnte man eine drei Meter hohe Halfpipe in Form bringen. Unser aktuell grösstes Pipe-Monster-Modell schafft Pipes von bis zu sieben Metern», freut sich der Verkaufsberater. Die Zaugg AG Eggiwil sei in dieser Sache sogar FIS-Partner: «Weltweit werden die Halfpipes bei FIS-Anlässen mit unseren Pipe Monstern gebaut, auch bei Olympischen Spielen. Der Bau von Halfpipes ist eine Wissenschaft für sich.»

Wie sieht die Zukunft aus?

Allen schönen und nützlichen Produkten zum Trotz: Der Klimawandel wird auch vor Eggiwil nicht Halt machen, auch im tiefen Emmental sind die Winter nicht mehr so schneereich wie in vergangenen Zeiten. Wie geht man bei Zaugg damit um? «Bislang haben wir das Glück, dass es immer irgendwo schneit und unsere Produkte gefragt sind», meint Thomas Ellenberger halb scherzhaft. Doch dann wird er ernster: «In der Tendenz verzeichnen wir einen Rückgang bei kleinen, einfachen Geräten. Früher konnte man mit den entsprechenden Margen auf Masse produzieren. Heute müssen wir umdenken und uns auf unsere Stärke besinnen: Wir können und müssen unsere Geräte auf die spezifischen Kundenbedürfnisse zuschneiden.»

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Und letzten Endes könne man das Wetter nie vorhersehen, bekräftigt Ellenberger. «Wir müssen sicherstellen, dass unseren Kunden auch in Ausnahmewintern solide Produkte zur Verfügung stehen.»