Als Vanessa und Niklaus Jenni 2015 mit der Fischzucht und -mast begannen, hatten sie eigentlich nicht vor, auf Direktvermarktung zu setzen. Aber, wie so oft im Leben, kam es anders. Der Fischhändler, an den sie die Karpfen lebend verkauften, ging Konkurs. Eine Lösung musste her. Nun verarbeiten und verkaufen sie die Fische seit etwa vier Jahren selber.

Momentan, in der Sommerpause, seien es etwa fünf bis zehn Kilogramm Fisch pro Woche, erzählt Vanessa Jenni. Nebst den Karpfen, die sie auf dem Hof im bernischen Bangerten selber züchten, haben Jennis auch Lachsforelle und Regenbogenforelle im Angebot, die sie von einer Walliser Zucht beziehen. Diese verkaufen sie vor allem an Privatpersonen, aber auch einige Restaurants.

Karpfen klein schlachten

Der Grund, warum Vanessa und Niklaus Jenni nicht voll und ganz auf Karpfen setzen, ist das eher schäbige Image und der bescheidene Bekanntheitsgrad des Fisches. «Wir mussten etwas ins Angebot nehmen, was die Hemmschwelle senkt, dass die Leute bei uns überhaupt Fisch kaufen», sagt Vanessa Jenni. Viele Kunden würden erst sagen: «Karpfen, das esse ich nicht!», sagt sie.

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Doch Karpfen ist nicht gleich Karpfen. Viele würden den Fisch mit vielen Gräten und verfettet kennen, sagt die Betriebsleiterin. Es komme aber auf den Schlachtzeitpunkt an. Auf dem Hof Jenni werden die Karpfen mit etwa 200 bis 300 Gramm Lebendgewicht geschlachtet und nicht, wie es eben viele kennen, mit drei Kilogramm. «Karpfen ist ein wertvoller Fisch, sehr fein und süsslich und absolut vergleichbar mit einem Eglifilet von der Grösse und Konsistenz her», sagt Vanessa Jenni.

Kein Raubfisch

Forelle ist zwar bekannter als Karpfen, ein grosser Vorteil hat der Karpfen aber: Er kann nämlich vegetarisch ernährt werden, da er ein Allesfresser ist. Bei Jennis bekommen die Karpfen vegetarisches Futter aus der Schweiz. Die Forellen als Raubfische hingegen müssen mit Futter gefüttert werden, das Fischmehl oder Fischöl enthält, was angesichts der überfischten Weltmeere nicht sehr nachhaltig ist.

«Karpfen ist ein wertvoller Fisch, sehr fein und süsslich»

Vanessa Jenni, Betriebsleiterin Hof Jenni, Bangerten, Kanton Bern

Vanessa Jenni hofft jeweils darauf, dass die Kunden Forelle bestellen und zum Probieren noch etwas Karpfen dazu nehmen. Was wohl in etwa aufgeht, denn bei den Bestellungen geben sich laut Jenni bei den privaten Kunden die beiden Fischarten etwa die Waage. Bei den Restaurants sei aber die Forelle klar beliebter, sagt sie.

Corona-Boom flacht ab

Die meisten Kunden, die bei Jennis Fisch bestellen, sind Stammkunden. Einen Hofladen gibt es keinen, dafür haben Jennis am Anfang der Corona-Pandemie einen Online-Shop auf die Beine gestellt, inklusive Lieferdienst bis nach Bern. «Mit Corona hatten wir einen sehr steilen und guten Einstieg», sagt Vanessa Jenni. Die Verkäufe seien aber mittlerweile abgeflacht. Während Corona sind jeweils etwa 12 bis 20 Bestellungen in der Woche eingegangen, jetzt sind es noch zwischen drei und vier. Als Grund dafür sieht Vanessa Jenni die fehlende Zeit der Konsumentinnen und Konsumenten.

So machen sie sich auch weiter auf die Suche nach mehr Stammkunden. Doch es ist einfacher gesagt als getan. Eine Verteilaktion von Tausenden von Flyern in der Agglomeration von Bern führte zu keiner einzigen Bestellung. «Wir sind schon etwas ernüchtert, dass es nicht besser läuft», sagt Vanessa Jenni. Möchten doch alle nachhaltiger konsumieren und lokale Produzenten unterstützen – meint man zumindest. 

Frischer Fisch vom Hof

Bestellungen nehmen Vanessa und Niklaus Jenni jeweils bis Mittwoch morgen entgegen, danach wird geschlachtet, was bestellt wurde. «Wir wollen keinen Food-Waste», sagt Vanessa Jenni. Die Fische werden mittels Stromstoss in einer speziellen Kiste betäubt, danach geschlachtet, filetiert, gewaschen, abgetrocknet und vakuumiert und sind dann am Donnerstag auf dem Hof abholbereit oder werden auf Wunsch in der Agglomeration Bern und im Berner Seeland ausgeliefert.

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Zu den Stammkunden von Jennis gehört auch eine Handvoll Restaurants. Ob sie ein Restaurant als Abnehmer gewinnen können, komme ganz klar darauf an, ob der Betreiber an regionaler und nachhaltiger Ware interessiert sei. «Wenn er nur auf den Preis schaut, können wir nicht mithalten», sagt Vanessa Jenni.

Im Angebot des Online-Shops der Familie Jenni hat es Karpfen-Filets, die für Fr. 5.80 pro 100 g zu haben sind, sowie Regenbogenforellen-Filets für 3.80 Fr. pro 100 g und Lachsforellen-Filets für 4.30 Fr. pro 100 g. Ausserdem sind ganze Fische und bei den Forellen auch geräucherte Stücke bestellbar, die Niklaus Jenni selber auf dem Hof herstellt. Er hat die Ausbildung zum Fischwirt in Deutschland abgeschlossen, die gleiche Ausbildung, die auch Schweizer Berufsfischer absolvieren.

Da steckt Herzblut drin

Jennis könnten mit den Anlagen, die sie haben, jährlich etwa sieben Tonnen Fisch herstellen, im Moment vermarken sie etwa eine Tonne. Sie stehen vor der Frage, ob es sich angesichts der geringen Nachfrage auf lange Sicht lohnt, mehr in den Betriebszweig zu investieren. Eine schwierige Frage für Vanessa und Niklaus Jenni, denn sie sind von ihrer Fischzucht überzeugt. So nutzen sie den alten Stall, der sonst für nichts mehr gebraucht werden kann und können das Quellwasser sinnvoll nutzen – und nicht zuletzt ist die Fischzucht auch die Passion von Niklaus Jenni, die er aufgeben müsste.

Weitere Informationen: www.hof-jenni.ch