Welches Verteilsystem ist am besten geeignet, um Ammoniakemissionen bei der Ausbringung von Gülle zu verhindern? Diese Frage hat sich vermutlich einmal jeder Landwirt(in) gestellt, der sich mit dem Schleppschlauch-Obligatorium auseinandergesetzt hat. 

Wie jedem bereits bekannt sein sollte, dürfen flüssige Hofdünger ab dem 1. Januar 2024 nicht mehr mit dem Breitverteiler ausgebracht werden, weil hier der grösste Verlust von Ammoniak zu verzeichnen ist: nämlich bis zu 50 Prozent. Geräte wie der Schleppschlauch- und Schleppschuhverteiler oder die Schlitzdrill werden dann als alternative Ausbringmethoden in den ökologischen Leistungsnachweis aufgenommen (Luftreinhalte-Verordnung). Zumindest für Betriebe mit einer landwirtschaftlichen Nutzfläche von mind. drei Hektaren mit einer Hangneigung von weniger als 18 Prozent. Für die Nichteinhaltung werden Sanktionen festgelegt.  

Bis zu 76 % weniger Ammoniakverlust

Im Vergleich zu den herkömmlichen Breitverteilern können mit dem Schleppschlauch 40 und mit dem Schleppschuh 56 Prozent der Ammoniakemissionen reduziert werden. Beim Einsatz eines Schlitzdrills sogar bis zu 76 Prozent, wenn die Ritztiefe eingehalten wird – dies geht aus einem Versuch des Landwirtschaftlichen Instituts Grangeneuve und der HAFL hervor. Agroscope beobachtete zudem eine leichte Ertragssteigerung beim Gülleaustrag mit dem Schleppschuh (5,8 Prozent). Zwischen dem Schleppschlauch und dem Breitverteiler gab es keinen signifikanten Unterschied. 

«Landwirte wählen häufiger den Schleppschlauchverteiler.»

Armin Betschart, Geschäfts-führer Hochdorfer Technik AG.

Gegenüber dem Schleppschlauch schneidet der Schleppschuh auf dem ersten Blick besser ab. «Landwirte wählen jedoch häufiger den Schleppschlauchverteiler», stellt Armin Betschart, Geschäftsführer bei der Hochdorfer Technik AG in Küssnacht SZ fest. Auch die Verkaufszahlen der Meyer Gruppe in Rothenburg LU und Schwarzenbach SG bestätigen dies. «Der Schleppschuh hat sicher seine Bewandtnis. Es gibt vonseiten der Landwirte aber Bedenken, dass sich in Futterwiesen Blacken stärker ausbreiten könnten», so Geschäftsführer Stephan Meyer. Ein weiteres Kaufargument für den Schleppschlauch seien die geringeren Investitionskosten, fügt er an. Diese entstünden durch die einfachere Rahmenkonstruktion und das tiefere Gewicht. 

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Gülle ist vor Sonne und Wind geschützt

Das Prinzip des Schleppschlauch- und Schleppschuhverteilers sowie der Schlitzdrill ist das Gleiche: der flüssige Hofdünger wird streifenförmig und bodennah zwischen den Pflanzen ausgebracht. Die Gülle ist somit vor direkter Sonneneinstrahlung sowie vor Wind besser geschützt. Die Geräte können entweder direkt an die Dreipunkthydraulik (Verschlauchung) des Traktors oder an Pumpfässer angebaut werden.

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Beim Schleppschlauchverteiler wird die Gülle über eine Vielzahl von flexiblen, hängenden Schläuchen leicht über dem Boden verteilt. Beim Schleppschuh wird diese durch eine schuhähnliche Verstärkung, bestehend aus einer Kufe, bodennah ausgebracht. Diese drückt den Pflanzenbewuchs beiseite und ritzt den Boden leicht an. Bei der Schlitzdrill dringen die Kufen 4 bis 8 cm tief in den Boden ein, wo sie die Gülle ablegen. Es ist daher berechtigt, die Frage zu stellen: Verschlechtert sich der Pflanzenbestand durch ritzende Geräte?

Verletzungen im Boden bringen Unkräuter

«Von einem Schlitzdrillgerät rate ich im Grünland ab. Bei unseren Naturwiesen bewähren sich solche Verfahren nicht. Auch stos­sen diese Maschinen bei kupiertem Gelände an ihre Grenzen», so Markus Bucheli, Fachexperte Ammoniak vom BBZN Hohenrain. Der Schleppschuh wird nur leicht auf den Boden gedrückt, damit die Ablage genau auf diesem erfolgt. Somit würden, wenn überhaupt, nur eine sehr geringe Verletzung des Bestandes entstehen.

Zur Frage, ob sich Lückenbüsser wie die Wiesenblacke vermehren würden, sagt der Fachexperte: «Jede Verletzung des Bestandes kann Unkräutern Auftrieb geben.» 

Schleppschuh vs. Schleppschlauch

Schleppschuh: 
- Schleppschuhgestänge ist  etwa 10–20 % schwerer, da die Kufen mit Druck eine
   schmale Furche in die Erde ziehen müssen.
- Wendemöglichkeit ist eingeschränkt – Kufen müssen angehoben und nach dem
   Wenden wieder frisch angesetzt werden. 
- 10–20 % teurer – Mehrgewicht durch stärkeres Grundgerüst.
- Arbeitsbreiten bis 15 m.
- Höhere Emissionsminderung wird bei höheren Grasbeständen wirksam.
- Einsatz im Grünland sowie Ackerbau.
- Durch das höhere Gewicht Einsatz am Hang eingeschränkt.
- Boden wird 2–4 cm tief leicht angeritzt.

Schleppschlauch: 
- Wenden möglich, da keine Kufen vorhanden.
- Gräbt sich nicht in den Boden ein – Gülle wird über flexible, hängende Schläuche
   bodennah ausgebracht.
- Wird der Abstand zum Boden zu hoch eingestellt, geht Ammoniak verloren –
   Unterschied zum Breitverteiler dann kaum vorhanden.
- Arbeitsbreiten bis 15 m.
- Einsatz im Grünland und Ackerbau.

Sofortige Gülleeinbringung nötig

Für unsere Region würde sich der Schleppschlauch und der Schleppschuh im Grünland eignen, sagt Markus Bucheli. Die höhere Emissionsminderung des Schleppschuhs wird bei höheren Grasbeständen wirksam. Insbesondere bei einer Breitbereifung oder dem Doppelrad werde der Hofdünger zwischen die Gräser abgelegt, da der Schuh wie ein Kamm zwischen den Pflanzen durchgleitet. Auf frisch gemähten Wiesen sei der Unterschied zwischen den zwei Verfahren gering.

  Effizient düngen6 Tipps für die GülleausbringungMontag, 28. Februar 2022

Für den Ackerbau empfiehlt Bucheli eine sofortige Gülleeinbringung, sei es mit einem Drillsystem oder auch dem sofortigen Unterpflügen. Geschieht dies nicht sofort, verflüchtige sich der Ammoniak nach zwei Stunden bereits zu 50 Prozent. Eine weitere Arbeitskraft sei deshalb notwendig. Im Ackerbau sind beide Verfahren geeignet. Wird die Gülle sofort eingebracht, dann ist gemäss Luftreinhalte-Verordnung auch der Breitverteiler weiterhin erlaubt.

Futterqualität wird nicht beeinträchtigt

Wenn die Lagerkapazität vorhanden und die Transportdistanz gering ist, sollte die Gülle mit Wasser verdünnt werden, empfiehlt der Ammoniakexperte. «Das macht die Gülle fliessfähiger und die Effizienz der Düngung erhöht sich nachweislich», begründet er. Versuche der Agroscope und Agridea hätten zudem einen Mehrertrag durch die Gülleverdünnung bei früher Ausbringung festgestellt. Zudem konnte bewiesen werden, dass sich die Pflanzenzusammensetzung aus Gräsern, Leguminosen und Kräutern zwischen den verschiedenen Ausbringtechniken nicht unterscheide.

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Auch gebe es keine Hinweise auf eine Beeinträchtigung der Futterqualität, aber eine tendenziell erhöhte Verschmutzung, wenn die Hofdünger später (7 bis 10 Tage) ausgebracht werden bzw. dicker sind. Ebenso erhöhe sich der Buttersäuregehalt in der Silage beim Schleppschlauch genauso wie beim Breitverteiler, wenn die Ausbringung später stattfindet. Die Forscher raten deshalb zu einer frühen Ausbringung der verdünnten Gülle mit der emissionsmindernden Technik. 

Keine REB-Beiträge mehr

Ab diesem Jahr gibt es keine Direktzahlungen bzw. Ressourceneffizienzbeiträge mehr für die Ausbringung flüssiger Hofdünger mit emissionsmindernden Ausbringverfahren. Kürzungen von Direktzahlungen sind gemäss Bundesamt für Landwirtschaft erst ab 2024 zu erwarten, wenn die Gülle weiterhin mit dem Prallteller ausgebracht werden würde.

Nachrüsten der Technik

Wer bereits ein Güllefass besitzt, hat die Möglichkeit, den Schleppschlauch- bzw. Schleppschuhverteiler auf das Fass nachzurüsten, solange die Achsenlast und das Gesamtgewicht eingehalten werden. «Für eine mögliche Anpassung der Nutzlast sollte man sich beim Hersteller melden», informiert Armin Betschart von der Hochdorfer AG. 

Das Nachrüsten bieten zahlreiche Firmen in der Schweiz an wie z. B. die Hochdorfer Technik AG mit ihren Landmaschinenhändlern, die Kohli AG in Gisikon LU, die Wälchli Maschinenfabrik AG in Brittnau AG oder die Meyer Gruppe in Rothenburg LU und Schwarzenbach SG. 

Kein Nachrüsten bei älteren Fässern
Bei älteren Fässern mit einem geringen Volumen sowie einer geringeren Achsenlast rät Stephan Meyer von der Meyer Gruppe von einem Nachrüsten ab. Sonst käme man mit dem Strassenverkehrsgesetz in Konflikt, sagt er. Es würde sich mehr lohnen, in ein grösseres Fassvolumen in Kombination mit einem z. B. Schleppschlauch zu investieren. 

Gemeinsames investieren
Bei der Anschaffung eines Güllefasses wie auch beim Umrüsten dessen lohnt es sich, über eine gemeinsame Investition nachzudenken. Die Anschaffungs- und Unterhaltskosten werden aufgeteilt und die Auslastung des Fasses wird besser. Die effektiven Kosten kann man mit dem Excel-Berechnungsprogramm «Tractoscope» von der Agroscope berechnen. 

Markus Bucheli gibt aber zu bedenken: «Einerseits sollten die Geräte eine hohe Auslastung haben und andererseits hat der letzte Sommer bewiesen, dass je nach Wetterlage die zeitliche Flexibilität fehlt.» Erschwerend käme dazu, dass trotz teurer Technik der Ausbringzeitpunkt, besonders die Temperaturen während und nach dem Ausbringen, einen ebenso grossen Einfluss haben wie die Ausbringtechnik. 

Kufen sind nicht nachrüstbar
Wer bereits einen Schleppschlauch besitzt, kann diesen nicht so einfach mit Schleppschuhen aufrüsten, sagt Armin Betschart. Dies bestätigt auch Stephan Meyer. Das andere Rahmengestell könne dem Druck nicht standhalten, welcher benötigt wird, um die Kufen auf den Boden anzudrücken.