Wer es getan hat, fühlt sich befreit, atmet auf, hat Raum geschaffen zum Leben und sich Wohlfühlen, vielleicht sogar für etwas Neues. Und doch schieben es viele vor sich her, wissen nicht recht, wie sie es anpacken sollen.[IMG 2]

Caroline Bamert aus Wegenstetten hingegen ist Fachfrau fürs Entrümpeln. Sie weiss, warum gründliches Aufräumen den Mitmenschen schwer fällt – und wie sie es dann doch schaffen.

Es ist eine richtige Arbeit

Caroline Bamert bietet Aufräum-Coachings und Ordnungsberatung an. Das ist heute und in unserer Gesellschaft eine gefragte Dienstleistung. Zu ihrem Referat am Online-Januarkurs der Aargauer Landfrauen vergangene Woche loggten sich gegen 90 Teilnehmerinnen ein.

«Beginnen Sie mit etwas Einfachem, zum Beispiel dem Medikamentenschrank.»

Aufräumen will trainiert sein, weiss Caroline Bamert.

Der Einstieg fällt oft schwer, die Motivation fehlt. «Aufräumen ist bei vielen Menschen seit der Kindheit negativ behaftet. Sie haben gar nie gelernt, wie es richtig geht. Und meistens soll es nebenbei erledigt werden, wird nicht als richtige Arbeit angesehen», zählt Caroline Bamert die Motivationsbremsen auf. Und sie ergänzt die Liste weiter: Dinge nicht weggeben können, weil sie einen reuen. Angst vor Mangel. Perfektionismus, der die Lust zum Anpacken nimmt.

Die «Feederleicht»-Methode

Die Aufräum-Expertin weiss Rat. Ihre «Feederleicht-Methode» umfasst acht Grundsätze, mit denen das Entrümpeln leichter fällt.

Es braucht Wille und Zeit: «Es geht nicht schnell-schnell», räumt Caroline Bamert mit allfälligen Illusionen auf. Der erste Schritt lautet, sich in die Pflicht zu nehmen, dass man aufräumen will und dafür Zeit einplant – es möglichst sogar in die Agenda einträgt wie andere Aufgaben. «Du wirst Zeit finden. Du hattest auch Zeit, das alles herzuschaffen», ermutigt sie.

Helferlein und Boxen bereitstellen: Ein 110-Liter-Abfallsack, Altpapiersammler, Textilspendesack, Sortierboxen und Schachteln, Zipperbeutel, Schnur, Schere, Klebband und eine Steighilfe gehören zur Grundausrüstung.

Nur Wichtiges behalten: Das sind Dinge, die man braucht, die einen glücklich machen oder die aus rechtlichen Gründen aufbewahrt werden müssen. «Wann verwende ich das zum nächsten Mal? Wie oft habe ich dieses Kleidungsstück im vergangenen Jahr getragen?», gehören zu den möglichen Leitfragen.

Nach Kategorie entrümpeln: Wer zum Beispiel sämtliche Taschenmesser oder Kugelschreiber einer Haushaltung auf einem Haufen sieht, kann vergleichen und aussortieren. Sentimentalitäten werden während des Aufräumprozesses gesammelt und erst ganz am Schluss aussortiert – dann, wenn Übung im Aufräumen vorhanden ist und das Entscheiden trainiert wurde, was geht und was bleibt.

Von einfach zu schwierig: «Trainieren Sie sich, fangen Sie mit etwas Einfachem an», rät Caroline Bamert. Einfach ist beispielsweise der Medikamentenschrank oder das Badezimmer. Auf der anderen Seite der Skala stehen Estrich und Keller, wo viele emotionale und auch sperrige Altlasten stecken.

Aufbewahrungsort festlegen: Ordnung halten ist viel einfacher, wenn jeder Artikel seinen festen Platz hat. Zudem bekommen einsame Gegenstände, die nirgendwo so richtig hingehören, schnell Gesellschaft, und schon entsteht eine Gerümpelecke.

Nicht gleichzeitig putzen: Ein Tablar feucht abwischen oder Staubmäuse aufsaugen ist erlaubt. Aber das Putzen darf nicht als Ersatzhandlung von der eigentlichen Aufgabe, dem Entrümpeln, ablenken. Denn in der Regel fällt es leichter, Schmutz zu beseitigen als Gegenstände.

Sofort entsorgen: Zeitnahes Entsorgen ist wichtig, erst dann ist die Arbeit erledigt. Wer die aussortierten Sachen herumstehen lässt, gerät in Versuchung, nochmals mit dem Verlesen anzufangen.

Den Dingen Wert geben

Möglichst viel wegzuwerfen, ist nicht Caroline Bamerts Idee von einem aufgeräumten Leben. Ordnung sehe für jeden Menschen anders aus, stellt sie klar. Die einen sind gerne von Dingen umgeben, andere mögen viel Raum um sich herum. Wer alles leichten Herzens wegwirft, ist nicht unbedingt ein Aufräumprofi, sondern geht vielleicht einfach verschwenderisch mit Ressourcen um. Wer hingegen an Dingen hängt, gibt ihnen einen Wert, und das ist aus ökologischen und finanziellen Gründen ein Vorteil. Das sollte schon beim Einkaufen anfangen: Wer sich Anschaffungen gut überlegt – nicht nur die grossen, sondern gerade auch die kleinen, sammelt weniger Ballast an und muss später weniger entrümpeln.

Aufräumen und Entrümpeln – für Caroline Bamert ist das viel mehr als eine Hausarbeit. «Wir befassen uns dabei mit uns selber», sagt sie. Wie will ich wohnen? Wie sieht mein ideales Leben aus? Was mache ich gerne? Wofür möchte ich Raum haben? Wer diese Fragen beantworten kann, entscheidet einfacher, welche Dinge bleiben können und welche gehen dürfen.

Es wirkt ansteckend

«Aufräumen zieht Kreise», ist eine Erfahrung von Caroline Bamert. Im besten Fall führt es sogar zu einem bewussteren Konsumverhalten. Die Mitmenschen im Haushalt zum Entrümpeln zu drängen, funktioniere nicht. «Aber keine Bange: Wenn sie spüren, welche Energie dadurch frei wird, steckt es an», sagt die Aufräumexpertin.

Weitere Informationen: www.feederleicht.ch