Der Gedanke, dass die Bäuerin verunfallt oder erkrankt, wird oft verdrängt. Zudem kann es vorkommen, dass die Arbeit der Bäuerin für Familie und Betrieb unterschätzt wird, insbesondere, wenn kleine Kinder zu betreuen sind.

Erika Spring aus Amlikon-Bissegg im Kanton Thurgau, Einsatzleiterin des Hauspflege-Teams des Thurgauer Landfrauenverbands (TLFV), kennt hingegen die Anforderungen an eine Bäuerin. Der Betriebsleiter und die Mitarbeiter erwarten zum Beispiel eine angemessene Verpflegung und einen Mittagstisch. Ein Kind nach dem anderen kommt von der Schule, möchte Erlebtes berichten und erwartet Hilfe bei den Aufgaben.

Doch was, wenn die Bäuerin durch Krankheit oder Unfall ausfällt? «Wenn die Bäuerin ausfällt, stellt das die Welt aller Betroffenen zunächst ziemlich auf den Kopf», weiss Erika Spring. Sie hat einen bäuerlichen Hintergrund, den Landwirtschaftsbetrieb mit Milchwirtschaft führen inzwischen ihre beiden erwachsenen Söhne weiter.

Individuelle Vorstellungen

Sie stellt klar, dass die Einsätze nicht immer in «dramatischen» Situationen nachgefragt werden, sondern auch helfen können, Arbeitsspitzen zu brechen. «Man muss sich aber bewusst sein, dass ein Haushalt immer auch eine intime Angelegenheit ist.» Dazu gehört zum Beispiel, wie jemand putzt und wie oft. Oder wie die Vorstellungen von Sauberkeit und Ordnung sind. «Da gibt es sehr individuelle Auffassungen. Das muss man als Hauspflegerin berücksichtigen.»

Im Hauspflege-Team des TLFV sind auch einige Bäuerinnen. Fallen saisonale Arbeiten an wie zum Beispiel Früchte einkochen oder Fleisch vakuumieren, sind diese Hauspflegerinnen bereits vertraut mit den spezifischen Begebenheiten eines Landwirtschaftsbetriebes.

Mehr als putzen

Bei den Einsätzen geht es um mehr als «nur» putzen und kochen. «Sie erfordern eine hohe Sozialkompetenz.» Gerade weil die Hauspflegerinnen so nahe an den betroffenen Familien sind, bekommen sie manchmal auch belastende Eindrücke mit. Deshalb legen der TLFV und die Spitex Wert darauf, dass die Team-Frauen drei- bis viermal pro Jahr Weiterbildungen rund um die Themen Hauswirtschaft und Sozialbegleitung besuchen können.

Für Judith Wick aus Gachnang, Bäuerin und im Team der Hauspflege des TLFV, ist jeder neue Einsatz eine Herausforderung: «Anfänglich ist auf beiden Seiten etwas Unsicherheit zu spüren, man muss sich ja erst kennenlernen.» Meistens legt sich diese rasch, denn die Familien sind erleichtert, wenn sie jemand bei den täglichen Arbeiten unterstützt.

Hohe Sozialkompetenz

Judith Wick überlegt sich stets, welche Ansprüche die jeweilige Familie an sie stellt und wie sie diesen am besten gerecht wird. Fragen bezüglich der Wahrung der Privatsphäre gehören jedes Mal dazu. Etwa wie die Essgewohnheiten der Familie sind. Welche Räumlichkeiten sie betreten, welche Kästen sie öffnen darf. Oder wie sauber geputzt werden muss.

Gegenseitige Sympathie und Vertrauen spielen eine grosse Rolle. Die meisten Frauen im Hauspflege-Team sind im Alter zwischen 45 bis 60 Jahren und verfügen somit über viel Lebenserfahrung. Soziale Kompetenzen erleichtern es auch, das Vertrauen der Kinder zu gewinnen, sodass sie die Hauspflegerin akzeptieren.

Dankbare Aufgabe

Bei der Kinderbetreuungen können erzieherische Aspekte eine Gratwanderung sein: Wann, wie, und wo darf oder muss man als Aussenstehende etwas verbieten, Grenzen setzen?

Für Judith Wick ist es jedes Mal eine persönliche Bestätigung, wenn es ihr gelingt, dass sich die Familien über ihre Anwesenheit freut. «Es ist eine dankbareAufgabe, weil ich eine Möglichkeit habe, zu helfen, wenn Not an der Frau ist. Dabei entstehen Bekanntschaften und interessante Begegnungen.» Die Einsätze seien horizonterweiternd, darüber hinaus bekomme sie dabei Impulse für ihre eigene Haushaltsführung.

Die Kosten?

Und die Kosten für die Hauspflege? Bei Entlastungseinsätzen erfolgt die Berechnung auf der Basis des steuerbaren Einkommens der Einsatzfamilie, plus zwei Prozent des versteuerten Vermögens.

Ob die Kosten übernommen werden, hängt vom bestehenden Versicherungsschutz ab. Fällt die Bäuerin nur wenige Tage aus, können die Kosten für die Hauspflege über eine Zusatzversicherung bei der Krankenkasse abgedeckt werden. Hat man eine Unfall- und Krankentaggeldversicherung, übernimmt diese die Kosten, wenn eine Bäuerin ärztlich bescheinigt längere Zeit arbeitsunfähig wird.