«Wie man sich bettet, so liegt man», heisst es in einem alten Sprichwort. Das gilt auch für die Kuh. Denn nur wenn sie sich im Liegen entspannen kann, ist sie den Anforderungen des Alltags gewachsen. Eine Kuh, die viel liegt, sei gesünder und gebe mehr Milch, sagt auch Kuhsignal-Trainer Christian Manser stets an seinen Workshops. Und die Qualität dieses Liegens ist neben stallbaulichen Aspekten massgebend von der Einstreu abhängig.

Verformbar, weich und griffig

«Eine gute Einstreu sollte komfortabel, trocken und sauber sein, so dass die Tiere gerne abliegen. Um von der Kuh als komfortabel empfunden zu werden, muss die Einstreu weich, verformbar und griffig sein», erklärt Helene Sutter vom Strickhof, Lindau ZH.    Nur so könne ein müheloses Abliegen und Aufstehen gewährleistet werden. Zudem sollte die Einstreu keinen Nährboden für Bakterien bieten, welche einen negativen Einfluss auf die Eutergesundheit haben können. «Dies kann gewährleistet werden, indem auf die Hygiene geachtet wird», sagt Sutter.

Indizien für eine unpassende Einstreu seien stark verdreckte Tiere, eine verkürzte Liegezeit, sowie Verletzungen an den Sprunggelenken (siehe Nachgefragt). Kühe sollten zwischen 12 und 14 Stunden am Tag ruhen. «Stehen die Tiere vermehrt mit den Vorderbeinen in der Liegeboxe oder brauchen sie sehr lange, um abzuliegen, ist dies ein weiteres Zeichen. Auch bei wiederkehrenden Problemen mit der Eutergesundheit sollte die Einstreu kontrolliert werden. Allerdings können diese Probleme auch aufgrund anderer Ursachen auftreten», erinnert Sutter.

Viele Faktoren spielen mit

«Die Wahl der richtigen Einstreu hängt vom Betrieb ab», erklärt Helene Sutter auf die Frage, wie die Tierhalter zur für ihren Betrieb richtigen Einstreu gelangen. Dabei sei zentral, welche Infrastruktur der Betrieb habe, ob die Tiere in der Anbindehaltung, in Liegeboxen oder in Tiefstreu gehalten würden. «Wie wird gemistet? Wie sauber ist der Rest des Stalles, also die Stallgänge und Ausläufe? Ist der restliche Stall eher dreckig, wird mehr Schmutz in die Einstreu getragen», erklärt Sutter.    

Teure Anschaffung

Eine noch wenig verbreitete Einstreu wird mittels Gülleseparation gewonnen. «Feststoff aus Gülle ist eine komfortable Variante für die Tiere. Allerdings ist die Anschaffung eines Gülleseparators sehr teuer und deswegen nur lukrativ für grosse
Betriebe oder als Gemeinschaftsmaschine», erklärt Helene Sutter. Obwohl der Keimgehalt in der Einstreu als unproblematisch gilt, sollten Käsereibetriebe mit Abnehmer klären, ob sie mit dieser Einstreu einverstanden sind. Sand sei eine Einstreu, die eine niedrige Bakterienbelastung aufweise und von den Tieren, insbesondere bei Hitze, geschätzt wird. «Allerdings wird hier auch ein spezielles Entmistungssystem benötigt», ergänzt Sutter.

 

Einstreue wie Stroh-Kalk oder Stroh-Mist-Mischungen würden erfahrungsgemäss von den Tieren sehr gut akzeptiert. «Sie weisen dafür einen etwas höheren Arbeitsaufwand auf und auch eine höhere Variation in der Qualität des Strohs sowie des Preises. Zudem kann die Bakterienbelastung bei Stroh-Mist-Matratzen höher sein, als bei
anderen Einstreuvarianten», mahnt die Fachfrau.

Kalkstroh ist beliebt

Immer mehr Betriebe investieren daher in eine Kalkstrohmatratze, die von Fachleuten insbesondere wegen ihres positiven Einflusses auf die Eutergesundheit propagiert wird. «Bei einer Kalkstrohmatratze ist sicherlich die richtige Mischung wichtig, welche aus einem Teil Stroh, ein bis zwei Teil Wasser und drei bis sechs Teilen Kalk, sowie aus einer Deckschicht Stroh besteht», sagt Helene Sutter. Die Pflege hänge davon ab, ob die Mischung manuell oder mit dem Futtermischwagen gemacht werde, sowie auch von der täglichen Pflege und der allgemeinen Hygiene im Stall. «Sind die Beine der Kühe stark verschmutzt, wird dieser Dreck in die Einstreu getragen, dann muss die Einstreu in kürzeren Intervallen gewechselt werden», sagt sie. Wichtig bei der Kalk-Stroh-Matratze sei zudem, den pH-Wert der Einstreu zu heben, womit das Keimwachstum gehemmt wird.

«Die Einstreu schützt die Haut vor dem Kontakt zum Gummi»

Johanna Bernhard ist Tierärztin und arbeitet an der Universität Bern in der Vetsuisse-Fakultät Nutztierklinik. Im Interview erläutert sie, worauf es beim Einstreuen ankommt.

Welchen Einfluss hat die Einstreu auf die Gesundheit der Kühe?

Johanna Bernhard: Bei der Untersuchung von Hautschäden, also haarlosen Stellen, Wunden und Schwellungen im Bereich des Sprunggelenks, Kniegelenks und des Karpalgelenks (vorderes Knie) hat sich gezeigt, dass eine Einstreumenge von mindestens 2 cm das Risiko für Hautschäden deutlich reduziert. Das führen wir darauf zurück, dass die Einstreu zum einen polstert und zum anderen verhindert, dass die Kühe beim Aufstehen und Niederlegen mit den Gelenken und der Haut über den Liegeflächenuntergrund rutschen. So werden Schürfwunden und Verbrennungen, die durch die Reibungswärme zwischen Untergrund und Haut entstehen, verhindert.

Was ist das Hauptproblem?

Im Anbindestall muss man beachten, dass die Einstreu auch an einem Ort liegt, an dem sie den Kühen
nützt. Das sind vor allem die Bereiche der Boxe, in denen sich die Beine der Kühe beim Liegen befinden.
Das ist im Anbindestall besonders wichtig, weil die Kühe den Ort zum Abliegen weniger frei wählen können als in manchem Laufstallsystem. Oft rutscht die Einstreu in den Kopfbereich, unter den Bauch der Kuh oder fällt am hinteren Ende der Boxe herunter in den Schorrgraben. Deshalb ist es besonders wichtig, dass die Landwirte genügend Einstreu in die Box geben und diese dann mehrmals täglich gleichmässig verteilen, damit Löcher in der Einstreu, die den Boxenuntergrund freigeben, verhindert werden.

Was sind die grössten Fehler, die gemacht werden?

Als trügerisch in Bezug auf das Risiko von Hautschäden und der Einstreumenge in einer Boxe haben sich Gummimatten erwiesen. Hier wurden unsere Schweizer Forschungsergebnisse von internationalen Studien gestützt: Wenn die Liegefläche einen Betonboden hat, ist jedem klar, dass dieser nicht genug polstert, also wird oft mehr Einstreu in die Box gebracht. Verwendet man eine Gummimatte, so denkt man leicht, dass diese als komfortable Liegefläche ausreichend ist. Einstreu wird dann oft nur noch in geringem Umfang benutzt, um die Boxe trocken und rutschfest zu halten. Unsere Ergebnisse haben aber gezeigt, dass es auch auf Gummimatten sehr wichtig ist, über 2 cm Einstreu in allen Boxenbereichen zu haben. So wird der Effekt, wie er etwa auf einem Kunstrasen oder in einer Turnhalle entsteht, wenn man mit den Knien darüber reibt, verhindert. Die Einstreu fängt entstehende Reibungswärme ab und schützt die Haut vor dem Kontakt zum Gummi.

Welche Einstreu empfehlen Sie, um Schäden am Fundament zu reduzieren?

Besonders gut als Einstreu geeignet sind Stroh-Produkte, wie Häckselstroh oder Langstroh. Vermeiden sollte man Sägespäne als Einstreumaterial, weil die kleinen Holzsplitter sich in die Haut der Kühe einspiessen können oder beim Aufstehen und Niederlegen wie Schmirgelpapier wirken. Die Verwendung von mit Sand gefüllten Tiefboxen ist international schon häufig positiv beurteilt worden, in der Schweiz jedoch eher unüblich. Mehr Einstreu steigert den Boxenkomfort, so dass die Kühe länger liegen. Das wiederum beugt Lahmheiten vor und fördert die Euterdurchblutung und Milchproduktion.