Auf 930 Meter über dem Meer baut Stefan Rohrbach auf 22 Aren Mais an. Keine Seltenheit. Doch der Biolandwirt aus Oberbütschel im Kanton Bern hat sich für ein im Maisanbau vollkommen neues Verfahren entschieden: die Dammkultur.

Ähnlich wie im Kartoffel- oder Gemüsebau wird Mais dabei auf Dämmen angebaut. Allerdings erfolgt keine Rückverfestigung des Damms. Der Boden bleibt gelockert, was ihm einige Vorteile während der Vegetation einbringt, kann Stefan Rohrbach bezeugen. «Seit zwei Jahren baue ich bereits Mais sowie weitere Ackerkulturen auf Dämmen an. Zuvor hatte ich eher Probleme, weil mein steiniger Boden sich überhaupt nicht für den Ackerbau eignet», erzählt der 43-jährige. Doch jetzt überragen seine über drei Meter hohen Maispflanzen selbst den konventionellen Bestand des Nachbarn.

Erträge von über 50 t/ha möglich

Stefan Rohrbach ist eher zufällig auf die ungewöhnliche Anbauweise gestossen: «Ich habe nach einer Alternative zum Pflug gesucht. Dabei stiess ich auf ein Video von Julian Turiel

Turiel wird als Pionier der Dammkultur bezeichnet. Der deutschspanische Biodynamiker hat in den 1990er Jahren den Dammpflug weiterentwickelt und mit modernster Technik kombiniert. In Deutschland wird die Dammkultur von einigen Landwirten bereits seit über 20 Jahren praktiziert. Dabei würden gemäss Turiel Bedingungen für die Pflanze geschaffen, die Erträge von über 50 Tonnen Grünmasse pro Hektare selbst ohne Düngung und Pflanzenschutzmittel ermöglichen. Als Biolandwirt überzeugte Rohrbach vor allem die leichte Unkrautbekämpfung mit der Dammkultur: «Die Ackerkratzdistel ist ein grosses Problem auf meinen Feldern. Diese ist mit einem Striegel nicht bekämpfbar.»

Wie funktioniert die Dammkultur?

Bei der Dammkultur erfolgen alle Schritte – Dammbildung, Saat und Pflege – mit nur einem Multifunktionsgerät. Dieses wurde durch Julian Turiel eigens dafür entwickelt. Stefan Rohrbach, der noch im Maschinenbau tätig ist, hat seine eigene Maschine konstruiert. «Ich habe festgestellt, dass der Pflug von Turiel für meinen Traktor zu schwer ist.» Auch ist das Zeitfenster für Schönwetterperioden in Rohrbachs Region zu kurz. Er beobachtete, dass das Nachlaufen der Tasträder den Boden nach dem Hacken wieder verfestigt. Deshalb baute der Biolandwirt hydraulische und tiefenverstellbare Tasträder vor dem Pflug an. «In kupiertem Gelände ist das beim Hacken sehr viel praktischer.»

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Kunstwiese in der Fruchtfolge

Weil Stefan Rohrbach in der Fruchtfolge drei Jahre Kunstwiese hat, muss er zunächst die Grasnarbe mit der Egge 4 cm tief aufbrechen.

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Erst dann erfolgt das eigentliche Dammformen mit dem Häufelkörper und die Aussaat.

Julian Turiel empfiehlt einen Reihenabstand von 60 cm, damit bliebe noch genügend Platz für die Feldpflege. Einige Landwirte würden auch einen grösseren Abstand wählen, darunter auch Stefan Rohrbach, der mit 72 cm Reihenabstand gute Erfahrungen gemacht hat.

Dämme ein bis drei Wochen ruhen lassen bei Umstellung

Bei der Umstellung auf Dammkultur sollten die Dämme gemäss Turiel ein bis drei Wochen vor der Saat geformt werden. So habe der Boden genügend Zeit, Bodenleben zu bilden, sich aufzuwärmen und Kapillarität aufzubauen, d. h. aus den tieferen Schichten Feuchtigkeit anzusaugen. Dies sei wichtig für die Keimung und erste Entwicklung der Pflanzen.

Doppelt so tief säen wie beim Flachanbau

Bei Stefan Rohrbach erfolgt die Maissaat gleich nach dem Anhäufeln der Dämme, da er vor dem Mais noch einen Schnitt siliert. Empfohlen ist die Aussaat gegen Mitte Mai. Dann ist der Boden wärmer, wodurch die Keimung schneller erfolgt. Zudem erleichtert eine grössere Saattiefe später die Kulturpflege. Als Leitsatz gälte gemäss Turiel bei jeder Dammkultur – doppelt so tief säen wie bei einem Flachanbau.

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Rohrbach hat mit einer Saattiefe von 10 cm gute Erfahrungen gemacht, wodurch er auch keine Probleme mehr mit Krähenfrass hat.

Unkraut wird mit Hackdrähten entfernt

Nachdem der Mais aufgelaufen ist, geht der Biolandwirt mit sogenannten Hackdrähten an das Unkraut. Diese werden als Hackelement am Dammpflug angebracht. Dabei werden die Wurzeln des Unkrauts nicht abgeschnitten, sondern herausgezogen und können bei einer Schönwetterperiode austrocknen.

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Stefan Rohrbach muss mit dem Hackelement mindestens zweimal durch, das erste Mal im 2-Blattstadium, ein zweites Mal, wenn der Mais 30 bis 40 cm hoch ist. «Aufgrund der Kunstwiese ist die Unkrautbekämpfung anspruchsvoller als bei reinem Ackerbau», so der Biolandwirt. Danach stellt das Unkraut aufgrund der bereits fortgeschrittenen Entwicklung der Pflanzen keine Konkurrenten mehr um Licht und Nährstoffe dar.

Keine Düngung erforderlich

Apropos Nährstoffe. Durch das Anhäufeln des Bodens wird eine Lockerung und Durchlüftung mit Sauerstoff gewährleistet, was nicht nur die Feinwurzelbildung anregt, sondern auch die Mykorrhizabildung.

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«Mais ist von mehrerenStickstoffgaben abhängig. Durch die Entwicklung der Mykorrhiza, dem natürlichen Stickstofflieferanten, kann auf Stickstoffgaben ganz verzichtet werden», sagt Julian Turiel.

Auch sei mit weniger Schädlingen und Krankheiten zu rechnen, aufgrund des lebendigen und gesunden Bodens. Pflanzenschutzmittel müssten keine mehr eingesetzt werden. Dies beobachtet auch Stefan Rohrbach. «Meine Pflanzen sind gesund. Als Dünger gebe ich vor der Saat nur Mist obendrauf.» Notwendig wäre dies aber nicht, selbst nicht bei anspruchsvolleren Kulturen wie Weizen, so Rohrbach.

Kein Ruckeln bei der Ernte

Die Ernte erfolgt gleich wie beim Flachanbau. Die Dämme bereiten dabei keine Probleme: «Beim Hacken des Unkrauts wird der Damm noch etwas abgeräumt. Wenn man bei der Ernte quer drüberfährt, dann spürt man zwar schon noch ein leichtes ruckeln, das stellt aber kein Hindernis dar», sagt Stefan Rohrbach.

Anfang Juni wird Rohrbach das zweite Jahr Mais auf Dämmen anbauen. Für ihn ist Dammkultur eine Investition in die Zukunft. Denn sich häufende Extremjahre mit langen und intensiven Trockenperioden, wie sie 2018 und 2019 vorherrschten, werden Maispflanzen im konventionellen Flachanbau weiter herausfordern. Aufgrund der genannten Vorteile (siehe Kasten), welche die Dammkultur mit sich bringt, wird es dem Landwirt ermöglicht, selbst bei schwierigen Bedingungen gute Erträge zu erzielen.

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Schnell gelesen

Die Dammkultur eignet sichfür jede Kulturpflanze und bringt selbst in leichten Böden gute Erträge. Im Gegensatz zum Flachanbau fördert sie durch ihre Form ein wechselndes Mikroklima, welchesLebensraum für Feinverwurzelung bietet und die Mykorrhizabildung anregt. Ihre grössere Oberfläche bewirkt eine schnellere Erwärmung des Bodens, wodurch die Keimung und Jugendentwicklung angeregt wird. Die Pflanzen wachsen dem Unkraut quasi davon. Zudem können Niederschläge besser in den Boden eindringen, Nährstoffe werden nicht ausgewaschen, Verschlämmung und Erosion wird vorgebeugt. In trockenen Perioden gelangt die Pflanze durch ihre starke Durchwurzelung besser an Wasserreserven. Die Aufnahme des Taus wird durchdie vergrösserte Oberfläche gefördert.