Während sich die Temperaturen im Mai eher frisch zeigten, steigen diese nun rasch in die Höhe, so auch im Stall. Die ersten Fliegen lassen sich bereits auf den Tieren nieder und können mit den steigenden Temperaturen schnell zur Plage werden. Neben einer reduzierten Futteraufnahme, die zu schlechteren Mast- und Milchleistungen führt, können sie auch Krankheiten übertragen.

Chemische Mittel wie Neporex oder Agita kommen dann häufig gegen die Larven und adulten Fliegen zum Einsatz. Arthur Leimgruber aus Herznach im Kanton Aargau hat bessere Erfahrungen mit Nützlingen gemacht.

Schwalben – natürliche Regler der Fliege

«Schrrip»- und «Sier»-Laute ertönen aus dem Milchviehstall der Familie Leimgruber. Es schwirren Schwalben rege über den Köpfen der SF- und Normande-Rinder umher. Von einer Seite ist der Stall geöffnet. «So können die Schwalben ungehindert zu ihren Nestern», erzählt Ruth Leimgruber und zeigt begeistert auf eines der Nester. In den vergangenen Jahren habe die Anzahl der Nester stark zugenommen. Eine grosse Hilfe für die Leimgrubers: «Sie regulieren einen Teil der Fliegen, vor allem im Sommer.»

Seit 10 Jahren setzen Arthur und Ruth Leimgruber zusätzlich Nützlinge im Stall ein. «Wir sind mit ihrer Arbeit sehr zufrieden. Wie Sie sehen, haben wir so gut wie keine Fliegen im Stall», ist Arthur Leimgruber von den kleinen Helfern überzeugt. Mit chemischen Mitteln hat der 61-jährige ebenfalls Erfahrungen gemacht. Weil damit aber der gewünschte Erfolg ausblieb, war er offen für Neues, schon lang bevor er seinen Betrieb vor vier Jahren auf Bio umstellte.

Schlupfwespen parasitieren Fliegen im Tiefstreu

Heute haben Leimgrubers ihre dritte von insgesamt zwölf Lieferungen von der Agroline Bioprotect erhalten. «Die erste wurde in der letzten Aprilwoche geliefert. Danach kommen die Nützlinge alle zwei Wochen bis Anfang Oktober. Arthur Leimgruber packt einen Plastikbecher aus und öffnet den Deckel. Zwischen Sägespänen zeigen sich kleine dunkelbraune Puppen. «Aus diesen schlüpfen dann die Schlupfwespen», sagt er.

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Leimgruber nimmt die Heugabel in die Hand und beginnt an den Randbereichen der Kälberbox die Strohmatte zu öffnen. Darin verteilt er einen Teil des Sägespänen-Puppen-Gemischs und häufelt das Stroh wieder zu.

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«Hier sind die Schlupfwespen am besten vor Viehtritt geschützt. In diesem feucht-warmen Milieu entwickeln sich auch die Stallfliegen am liebsten», so der Biolandwirt. Der Hersteller empfiehlt auf je 100 m2 den Inhalt von einem Becher zu verteilen. Leimgruber besitzt eine 9 m2 grosse Kälberbox sowie eine 24 m2 grosse Liegefläche für das Milchvieh, wo er den Rest des Bechers ebenfalls im Randbereich ausbringt. Dort parasitieren dann die Schlupfwespen die Puppen der Stallfliegen und verhindern damit die Weiterentwicklung des Schädlings.

Im Schwemmkanal werden die Larven gefressen

Neben den Schlupfwespen erhalten Leimgrubers zudem Güllefliegen, die nicht mit den Stallfliegen zu verwechseln sind: «Sie verhalten sich ganz anders, sind lichtscheu, bleiben im Güllekanal und gehen nicht an die Tiere.» Arthur Leimgruber greift einen kleinen Beutel, darin ebenfalls Sägespäne und Puppen enthalten. Nur, dass sich in den Puppen nun Güllefliegen entwickeln anstatt Schlupfwespen.

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Im 40 m langen Güllekanal ist die feste Schwemmschicht deutlich zu erkennen. Darauf verteilt der Milchviehhalter nun den Inhalt des Beutels.

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«Pro 20 m Kanallänge ist ein Beutel notwendig. Ich benötige in dem Fall zwei», sagt Leimgruber.

Nach dem Schlupf beginnt die adulte Güllefliege zunächst Eier abzulegen. Die sich daraus entwickelnden Larven des Nützlings ernähren sich dann von den Larven der Stallfliege. Dadurch wird die Entwicklung des Schädlings unterbrochen.

Besser vorher entmisten

Den Schwemmkanal lassen Leimgrubers einmal im Monat ab. Den Güllefliegen schade es nicht, da sie weiter in der Güllegrube ihre Arbeit fortsetzen, sagt der Landwirt. Die Liegebox wird je nach Bestandsdichte alle zwei bis drei Monate, die Kälberbox einmal im Sommer entmistet. Dies sollte vor der nächsten Lieferung der Nützlinge erfolgen.

Sobald es im Stall um die 18°C warm wird, erscheinen die ersten Fliegen. Genau zu diesem Zeitpunkt sollte dann mit der Ausbringung der ersten Nützlinge begonnen werden, empfiehlt die Agroline Bioprotect. Die Anwendung ist bei allen Tierarten möglich. Schlupfwespen kommen im Tiefstreu und Güllefliegen im Flüssigmist zum Einsatz. Güllefliegen sollten nur in Ausnahmefällen parallel mit Schlupfwespen eingesetzt werden, d. h. nur, wenn die Ausbringung nicht in unmittelbarer Nähe zu den Schlupfwespen erfolgt. Sonst könne man gemäss Agroline Bioprotect nicht ausschliessen, dass auch die Güllefliege von den Schlupfwespen parasitiert wird. Um den grösstmöglichen Erfolg mit den Nützlingen zu erzielen, ist wichtig festzustellen, woher die Fliegenbrut stammt – aus dem Güllekanal oder dem Tiefstreu.

Wie die Nützlinge ausgebracht werden, zeigt Ihnen Arthur Leimgruber in seinem Milchviehstall: 

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Regeln beim Nützlingseinsatz

Werden Schlupfwespen und Güllefliegen im Stall eingesetzt, sind gewisse Grundregeln zu beachten, um die erfolgreiche Bekämpfung von Stallfliegen zu gewährleisten.

Mit Vorsicht kombinieren

Biozide (Insektizide, Larvizide etc.) sollten parallel mit Nützlingen nur mit Vorsicht angewendet werden, denn sie sind genauso schädlich für Schlupfwespen und Güllefliegen wie für unerwünschte Insekten. «Eine Kombination ist nur mit einer klaren örtlichen Trennung möglich, d. h. wenn z. B. ein Insektizid am Stallfenster und die Schlupfwespen im Tiefstreu eingesetzt werden», erklärt Franziska Borer von Andermatt Biovet.

Auf Insektizide verzichten

Schlupfwespen reagieren empfindlich auf Insektizide. Raubmilben (siehe Kasten unten) und Güllefliegen ertragen keine Larvizide. Werden oder wurden solche eingesetzt, muss nach der Anwendung eine Wartefrist von mindestens zwei Wochen bis zur Aussetzung von Güllefliegen eingehalten werden. Danach sollte ganz auf Larvizide verzichtet werden.

Die letzte Anwendung lang wirkender Insektizide gegen Stallfliegen sollte bei einer Ansiedelung von Güllefliegen mindestens zwei Monate zurückliegen. Auf den Einsatz von Insektiziden ist gemäss Andermatt Biovet künftig zu verzichten, wenn Nützlinge verwendet werden.

Rückzugsort sicherstellen

Auf Schlupfwespen und Raubmilben haben Desinfektionsmittel nur einen geringen Einfluss. Dort, wo Güllefliegen angesiedelt werden, sollte kein Spritzwasser oder Desinfektionsmittel verwendet werden. Bei der Stallreinigung empfiehlt Andermatt Biovet, einen Teil der Schwimmschicht im Schwemmkanal als Rückzugsort für Güllefliegen zurückzulassen.

Auf Entwurmungsmittel mit den Wirkstoffen Ivermectin, Doramectin und verwandten ist zu verzichten.

Weitere biologische Mittel gegen Fliegen

Neben Schlupfwespen und Güllefliegen, die von der Agroline Bioprotect sowie von Andermatt BioVet vertrieben werden, können Landwirte weitere biologische Mittel in Kombination oder einzeln einsetzen.

Raubmilben (Andermatt BioVet): Raubmilben sind für die Tiefstreu und den Güllekanal (trockene Schwimmschicht) geeignet. Der Nützling frisst die Eier und Larven verschiedener Fliegenarten und kann in Kombination mit Schlupfwespen eingesetzt werden. Notwendig sind ein bis drei Aussetzungen pro Saison. Der erste Einsatz sollte im März/April, die zweite im Juni/Juli und die dritte im September/Oktober erfolgen.

Bekämpfungs- und Repellentmittel (Andermatt BioVet): Verschiedene biologische Konzentrate zur Spritzbehandlung gegen Fliegen. Diese werden auf die von Fliegen besetzte Stellen in Stallungen gesprüht und müssen gegebenenfalls wiederholt werden.

Fliegenfallen (Agroline Bioprotect, Andermatt BioVet): Für den Aussenbereich. Lockstoffe ziehen Stall- und Weidefliegen an, die sich in unmittelbarer Umgebung befinden. Die Fliegen können die Falle nicht mehr verlassen.

Fliegenschnur (verschiedene Anbieter, z. B. Andermatt BioVet oder Landi): Fliegen setzen sich zur Ruhe ab und bleiben kleben. Bei der Montage auf Schwalben achten.