Trotz starkem Arbeitseinsatz bangen viele Berglandwirte um ihre Existenz, denn die Produktionskosten sind hoch und bei gleichbleibendem Betrieb sinkt das Einkommen jährlich. Eine Intensivierung der Produktion, wie dies in Talgebieten geschieht, ist oft nicht möglich. Die technologischen Fortschritte können im Berggebiet weniger genutzt werden. Grund dafür sind die topografisch und strukturell schwierigen Produktionsbedingungen der Berglandwirtschaft.

Trotz limitierten Flächen macht der Strukturwandel vor der Alpenfront nicht halt: Grosse Betriebe sind wettbewerbsfähiger; wer bleiben will, passt sich an. Oft wächst der Betrieb – die bewirtschaftende Familie aber nicht. Die resultierende physische und psychische Belastung kann zu einer deutlich unterdurchschnittlichen Lebensqualität für die Familienbetriebe führen.

Zusammenarbeit speziell für Familienbetriebe eine Chance

Eine mögliche Lösung bietet eine verstärkte Zusammenarbeit unter den Betrieben. Gebündelte Einkäufe, geteilte Maschinen und Infrastrukturen, kollektive Arbeitserledigung, koordinierte Weiterverarbeitung und gemeinsamer Vertrieb. Eine Kooperation auf horizontaler Ebene (unter den Bergbauern) aber auch vertikaler Ebene (entlang der Wertschöpfungskette) führt zu einem besseren Einkommen durch die Spezialisierung der Stärken und Auslagerung der Schwächen und einem robusteren Betrieb bei Marktschwankungen. Sie kann Wachstum möglich machen – auch ohne Hofaufgabe oder Verlust an Lebensqualität.

Laut der Forschungsanstalt Agroscope ist die überbetriebliche Kooperation die effektivste Art um die Produktionskosten erheblich zu senken. Und als Bonus kommt die soziale Dimension hinzu: Die "Hilfe zur Selbsthilfe" führt zu Arbeitsentlastung, guter Vernetzung, mehr Freizeit und besserer Lebensqualität – für die ganze Familie.

Weniger Arbeiter – mehr Arbeit?

Nicht nur die Wirtschaft verändert sich, auch die Familien. Früher haben sich mehrere Generationen zusammen mit den Nachbarn auf dem Heuwagen getürmt, um zur Bergheuet zu fahren. Heute ist das ein seltenes Bild. Die Anzahl der Mehrgenerationen-Betriebe schwindet. Eine gegenseitige Aushilfe auf den Nachbarhöfen während Arbeitsspitzen sei heute praktisch unmöglich, meint Jörg Beck, Landwirtschaftsverantwortlicher bei der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete (SAB).

Wandelnde Familienstrukturen und technologische Fortschritte tragen auch das ihre dazu bei, die Arbeiterzahl zu verringern. Die Tatsache bleibt bestehen, dass mit den aktuellen Arbeitskräften die Kulturlandschaft im Berggebiet nicht erhalten bleiben kann.

Spezialgebiet Berggebiet

Es gibt zahlreiche Beispiele erfolgreicher Kooperationen in Berggebieten1 – und doch tun sich viele Bergbetriebe schwer, diese Mechanismen zur Hilfe zu ziehen. Konkrete Zahlen zur Kooperation in der Berglandwirtschaft existieren nicht, doch waren 2013 nur 10 Prozent der Bauern schweizweit Mitglied bei einem Maschinenring. Das Potenzial sei bei weitem noch nicht ausgeschöpft, sagt denn auch Claudio Müller, Geschäftsführer des Maschinenrings Graubünden.

Im Berggebiet sind jedoch spezielle Bedingungen zu berücksichtigen. Die Futtergewinnung für die Milchviehwirtschaft hängt von guten Wetterbedingungen ab. Tendenziell höhere Niederschläge als im Tal bedeuten zwar eine bessere Futterproduktivität, aber auch weniger Arbeitstage zur Futtergewinnung. In diesem engen Zeitfenster bräuchte jeder gleichzeitig eine Maschine und eine helfende Hand.

Der Maschinenring kann dieser periodischen Nachfrage nicht zur Genüge nachkommen. So seien die meisten Berglandwirte doch auf die eigene Maschine angewiesen, sagt Jörg Beck. Dennoch behält der Maschinenring eine grosse Bedeutung, auch in den Berggebieten. Die Zusammenarbeit und gegenseitige Hilfe erfolge vor allem während anderen Arbeiten; beim Aufbessern von Wegen, Erhalt der Infrastrukturen oder Neubauten, so Beck.

Betriebsgemeinschaften als Zukunft

Trotz limitierender Faktoren beim geteilten Maschineneinsatz sind sich die Experten einig: Überbetriebliche Zusammenarbeit ist auch in der Berglandwirtschaft der Königsweg.
Betriebliche Zusammenschlüsse sind die weitreichendste Form der Zusammenarbeit – und bieten auch das grösste Potential. Trotzdem sind sie eher eine Seltenheit. Die Fusion wird von manchen als zu riskant gesehen, denn sie ist eine partielle Aufgabe der Kontrolle und setzt eine gute Organisation, Kommunikation und Mechanismen zur Konfliktlösung voraus.

Während der zeitintensiven Planung gilt es viele Details zu beachten und zu besprechen. Viele Bergbauern seien jedoch bereits mit ihrem alltäglichen Betrieb so am Anschlag, dass die nötige Zeitinvestition gar nicht getätigt werden könne, gab Therese Haller, Expertin für agroökonomische Analysen, an einer von Agroscope organisierten Tagung zu Perspektiven der Berglandwirtschaft zu bedenken.

Die Fusion der Betriebe ist ein sehr anspruchsvoller Prozess, sagt Jörg Beck von der SAB. Die Schwierigkeit liege darin, den passenden Partner zu finden. Wirtschaftlich müssten die Betriebe in ihren Tätigkeitsfeldern und in ihrer Struktur kompatibel sein. "Die Persönlichkeit spielt auch eine grosse Rolle. Es muss zwischen beiden Partnern stimmen – wie bei einer Hochzeit", sagt Beck. Und zuletzt sollten die Betriebe auch geografisch in der Nähe liegen.

Die Zurückhaltung bei Zusammenschlüssen sieht Jörg Beck als Generationsfrage, für die Zukunft ist er optimistisch. Nicht zuletzt weil auch der Bund das Potential erkannt habe und gemeinschaftliche Massnahmen aktiv fördere.

Alexandra Carter, lid