Wer wünscht sich nicht einen Stier, der alles vererbt: viel Milch, hohe Inhaltsstoffe, ein gutes Exterieur und einen hohen Fitnesswert. Auch bei der Rasse Swiss Fleckvieh ist dies nicht anders. Aber bei der neusten Zuchtwertschätzung vom Dezember fällt eines auf: Von den fünf besten Exterieurstieren (ITP), vererbt nur einer, und zwar Van Gogh P, einen positiven Fitnesswert. Die anderen vier Stiere Kilian (mit dem haushohen ITP von 141), Florino, Tornado und Odel sind unter dem Rassenschnitt von 100 angesiedelt. Das heisst, sie vererben zum Beispiel eine hohe Zellzahl, eine kurze Nutzungsdauer, eine schlechte Fruchtbarkeit oder eine tiefe Mastitisresistenz.

Nicht ganz überraschend

Aber eigentlich wäre der Fitnesswert doch die Stärke der Swiss-Fleckvieh-Rasse. «Hier müssen wir sicher aufpassen, dass wir in Zukunft nicht vermehrt SF-Stiere haben mit einem negativen Fitness-Index», sagt Daniel Seematter, Präsident der IG Swiss Fleckvieh. Für ihn kommen die negativen Zuchtwerte für Fitness nicht ganz überraschend. «In der Vergangenheit wurde sehr viel mit Odyssey- und Incas-Blut gearbeitet und dies war diesbezüglich sicher nicht die Traumpaarung», sagt der IG-Präsident. Er fordert nun die Züchter auf, ihre Kühe gezielt anzupaaren. Seematter hält aber fest, dass vor allem Exterieurzüchter diese fünf Stiere einsetzen werden, die ganz grosse Palette aber auf ausgewogene Swiss-Fleckvieh-Stiere setzen werde.

Besser als gedacht

Auch Andreas Bigler, Sire Analyst für Swiss Fleckvieh und Simmental bei Swissgenetics, kennt das Problem und relativiert: «Florino und Kilian sind mit einem IFF von über 96 nahe dem Rassendurchschnitt. Odel und Tornado sind beides Odyssey-Söhne und sie haben deshalb einen tiefen Zuchtwert für Töchterfruchtbarkeit, der noch wenig Sicherheit aufweist», hält er fest. Immerhin seien beide höher als ihr Vater und deshalb nicht schlechter als erwartet. Obwohl für viele Züchter der Stier Odyssey das Mass aller Dinge war, wird er heute oft für die negativen Fitnesswerte verantwortlich gemacht. «Die Züchter haben Odyssey auch im vergangenen Geschäftsjahr immer noch stark eingesetzt. Das zeigt, dass sie doch mehrheitlich zufrieden waren mit den Töchtern», sagt Bigler. «Seine grösste Schwäche ist die Töchterfruchtbarkeit, aber davon sind glücklicherweise nicht alle Töchter betroffen», so der Sire Analyst. Für dieses Merkmal gebe es eine natürliche Selektion über die Nachkommen und die verbleibenden Odyssey-Töchter haben züchterisch viel Potenzial. Aber eines macht Bigler klar: «Wir berücksichtigen die Fitnesswerte jetzt auch auf der weiblichen Seite. Die angekauften Stiere werden genomisch getestet und dabei werden heute auch Anforderungen an den IFF gestellt.» Er erwartet deshalb keinen negativen Trend für die Rasse. «Nicht nur den Fitnesswert müssen wir beachten. Die Fleischleistung ist ebenso wichtig und diese dürfen wir auf keinen Fall vernachlässigen», doppelt Daniel Seematter nach. Viel Hoffnung setzt Andreas Bigler in die Söhne von Orlando und Hardy P. «Der SF-Stier Hardy hat die Hornloszucht erfolgreich gestartet und da braucht es für die nächsten Jahre starke Nach-folger», hält Bigler fest. Swiss-genetics hofft mindestens auf einen guten Hardy-Sohn, sei aber auch auf andere Hornlos-Stiere angewiesen. «Florino ist der stärkste Vinos-Sohn und führt diese Linie in die Zukunft. Sein Bruder Tornado ist der erste geprüfte Sohn von Odyssey mit viel Potenzial», so der Sire Analyst.

Schwierige Zeiten

Trotz der leichten Zunahme an verkauften SF-Samendosen der letzten Jahre, kommen auf die Swiss-Fleckvieh-Rasse schwierige Zeiten zu. Der Grund liegt im Jahr 2014, da wurde der maximale Blutanteil von 87,5% bei der Rasse eingeführt und das Herdebuch geschlossen. Um damals die «junge» Rasse mit neuem Blut versorgen zu können, bewilligte der Bund über die Tierzuchtverordnung, dass man fünf Jahre lang ein bis zwei Stiere pro Jahr aus anderen Sektionen als reine SF-Stiere anerkennen kann. «Ab 2020 ist damit nun Schluss», sagt Andreas Bigler. Die Rasse sei heute linienmässig relativ breit aufgestellt und kurzfristig sehe er keine Probleme. «Im internationalen Vergleich ist das Zuchtprogramm jedoch sehr klein und es bleibt eine grosse Herausforderung, einerseits die Blutbreite zu erhalten und andererseits trotzdem züchterisch vorwärtszukommen», hält Bigler fest. Klar äussert sich zu diesem Thema der IG-Präsident: «Ich bin froh, dass ab 2020 nur noch reine Swiss-Fleckvieh-Stiere zur Verfügung stehen werden», sagt Daniel Seematter. «Wir forderten damals eine eigenständige Rasse und es kann nicht sein, dass wir auch in Zukunft immer wieder Stiere von anderen Rassen holen», so der Präsident. Mit seiner Aussage liegt Seematter nicht ganz falsch. Denn mit der Agrarpolitik 2022+ sollen Kreuzungstiere keine Herdebuchbeiträge mehr erhalten. «Das heisst, wenn die Züchter ein reines Swiss Fleckviehtier mit einem Simmentaler- oder Red-Holstein-Stier besamen, ist das Produkt nicht mehr rein», stellt der IG-Präsident klar. «Darum appelliere ich an alle: Besamt eure Kühe und Rinder unbedingt rassentreu, sonst geht es mindestens drei Generationen, bis der Nachkomme wieder reinrassig ist.»

Nach Iset sind die Stiere eng beisammen

Name

Iset

ITP

IFF

kg Milch

% Fett

Ophir

1228

111

128

+74

-0,34

Frisco

1225

113

109

-225

+0,69

Tauron

1222

117

113

-358

+0,53

Flims

1222

125

116

+1

+0,17

Hardy P.

1220

121

110

+266

+0,23


Exterieur gut, Fitness (IFF) unter dem Rassenschnitt von 100

      

Name

ITP

IFF

Iset

kg Milch

% Fett

Kilian

141

97

1093

-69

+0,31

Van Gogh

135

107

1157

+149

+0,31

Florino

130

96

1182

+194

+0,39

Tornado

130

85

1120

+644

-0,03

Odel

127

92

1168

+414

+0,03

 

Ophir führt die Rangliste nach IFF und Iset an

      

Name

IFF

ITP

Iset

kg Milch

% Fett

Ophir

128

111

1228

+74

-0,34

Lons

124

115

1132

+104

-0,19

Flims

116

125

1222

+1

+0,17

Barbados

116

101

1198

+504

-0,17

Nabucco

114

116

1138

+182

+0,06