Es ist noch nicht lange her, da konnte es nicht zu viel Eiweiss in der Milch haben, bzw. zu wenig Fett. Der Wind hat gedreht. Der Butterberg ist dahingeschmolzen. Die Zentralschweizer Milchproduzenten (ZMP) passen per Januar 2021 die Gehaltsbezahlung an.

Fett gewinnt an Wert

Fett soll wieder etwas Wert sein. Ende Oktober hat der ZMP-Regionalausschuss die neuen Modelle für die Gehaltsbezahlung und auch die Anforderungen an die Qualität verabschiedet. «Die Jahre der Fettüberschüsse sind vorbei, es braucht aktuell zu viele Importe», stellt ZMP-Geschäftsführer Pirmin Furrer klar. Er und Präsident Thomas Oehen orientierten Corona-bedingt nicht in den Regionen vor Ort, wie üblicherweise um diese Jahreszeit, sondern per Videobotschaft. Online einsehbar für Mitglieder zusammen mit weiteren Referaten von Thomas Oehen (Agrarpolitik, Strategie ZMP) und Pirmin Furrer (Nachhaltigkeit).

Weshalb die Butterlager leergeräumt sind, erklärt Furrer. Die Milchproduktion sei seit 2014 tendenziell rückläufig. Milchfett konnte das stark diskutierte Palmfett in einigen Rezepturen ersetzen. Auch konnte wieder mehr Milch verkäst werden. Das dritte Jahr in Folge ist das Butterlager in der Konsequenz sehr knapp. So knapp, dass 2020 mehrere Importe notwendig wurden. Die Branche könne es sich nicht leisten, den Handel nicht zu beliefern, sagt Pirmin Furrer. Um Gegensteuer zu geben, soll das Milchfett der ZMP-Lieferanten wieder besser honoriert werden. Der neutrale Wert, wo es also weder Abzüge noch Zuschläge gibt, liegt beim Fett bei 4 Prozent und beim Eiweiss bei 3,3 Prozent. Für 0,01 Prozent mehr gab es bislang 0,02 Rappen Zuschlag pro Kilo Milch beim Fett und 0,07 Rappen beim Eiweiss. Ab Januar gewinnt das Fett an Bedeutung, indem sich die beiden Werte angleichen: 0,04 Rappen werden dann beim Fettgehalt draufgeschlagen und noch 0,05 Rappen für mehr  Eiweiss.

Mittelwert hält Einzug

Auch bei der Milchqualität gibt es für ZMP-Lieferanten wichtige Neuerungen. In den Augen vieler Milchbauern «endlich» angepasst werden die massgeblichen Zahlen. Zumindest für die Molkereimilchproduzenten. Ab Januar gilt nicht mehr der schlechteste Wert aller Monatsproben, sondern der Mittelwert. Um eine Verminderung der Qualität zu vermeiden, wurden im Gegenzug die Anforderungen angepasst. Unter 60 00 Keime pro ml werden nun gefordert, bisher waren es 80 00 Keime. Bei der Zellzahl heisst die Devise neu weniger als 280 00 Zellen pro ml anstatt der 350 00 Zellen. Beim Gefrierpunkt werden die Anforderungen im Sinne der Produzenten gelockert. Dies nach den teils unerklärlich vielen Abzügen vor allem Anfang 2020. Neu gelten auch die Mittelwerte mit einem neuen Grenzwert von – ,515. Etwas anders verhält es sich bei der Käsereimilch. Die Zentralschweizer Käsermeister haben entschieden, bei den Qualitätsanforderungen auf das Fromarte-Modell zu setzen. Wie bis anhin stützt man sich also auf die schlechteste Probe, beim Gefrierpunkt kommt aber die dynamische Variante zum Zug. Für die ZMP sind beide Modelle denkbar. Das sei Sache der Käsereigenossenschaften.

Milch ist nicht Fleisch

Zu guter Letzt die Milchpreisfrage: Die Zentralschweizer Milchproduzenten haben im Herbst dezent erhöht. Tendenziell weniger Produktion, zu wenig Butter, gute Nachfrage nach Käse: Die Milchpreise müssten doch durch die Decke gehen? Pirmin Furrer erklärt in der Videobotschaft geduldig den Unterschied zwischen Schweizer Fleisch und Schweizer Milch. Fleisch profitiert vom Grenzschutz. Ist die Nachfrage grösser als das Angebot, steigen die Preise unmittelbar. Die Milchbranche kämpft in einem zum grössten Teil liberalisierten Markt. Sind die Milchpreise tief, verdienen die Bauern nichts. Wird die Schweizer Milch aber zu teuer, nimmt automatisch der Import zu, nehmen die Exporte ab und Marktanteile gehen verloren. Die Schweizer Milchkuh beisst sich somit immer irgendwie in den eigenen Schwanz.

Referate von Thomas Oehen und Pirmin Furrer für Mitglieder unter:
www.zmp.ch