Dass der Zürcher Bauernverband (ZBV) und die Migros-Molkerei Elsa das Heu nicht auf der gleichen Bühne haben, liegt auf der Hand. Dass sich ersterer mit einer forschen Medienmitteilung an alle bedeutenden Medienhäuser der Schweiz wendet, und knapp zwei Wochen nach einer schon erfolgten Preissenkung das Geschäftsgebaren des orangen Riesen kritisiert, ist aber schon bemerkenswert.

"Eiskalte Margenausdehnung"

Zuerst zur Medienmitteilung. Darin greift der ZBV Migros frontal an. Der Verband lässt am Freitag mitteilen, dass die M-Industrie in Aussicht stelle, nächste Woche den Produzentenpreis für Milch um drei Rappen pro Liter Milch zu senken. Diese Milchpreissenkung sei eine „Ohrfeige für sämtliche Schweizer Milchproduzenten und setzt den Milchpreis national weiter enorm unter Druck“, schreibt der ZBV. Ausserdem sei die Milchpreissenkung auch im europäischen Kontext „Absolut nicht nachvollziehbar“, so der Verband.

Die Migros würde mit ihren Verarbeitungsfirmen „einmal mehr ihre Marktmacht“ ausspielen und versuche, auf Kosten der Produzenten ihre Margen zu erhöhen. „Diese Vorgehen ist inakzeptabel“, schreibt der ZBV weiter. Der Verband fordert Migros auf, „sich auf ihre ursprünglichen Werte zu besinnen und das Vorgehen zu überdenken“ heisst es am Schluss der Mitteilung.

2,5 statt 3 Rappen Preisreduktion

Tatsächlich hat Migros den Basismilchpreis schon per 1. Juli von 65 auf 62,5 Rappen je Kilo Milch gesenkt.

Kommt der ZBV zwei Wochen zu spät mit seiner Kritik? ZBV-Präsident Hans Frei widerspricht: „Die Milchgeldabrechnung kommt erst anfangs August beim Milchproduzenten an. Wir kämpfen gegen diese ungerechtfertigte Preissenkung, und dazu ist es im jetzigen Zeitpunkt nicht zu spät!“ Ausserdem betont Frei, dass die Preisreduktion um 2,5 Rappen bereits ein bescheidenes Ergebnis aufgrund des Drucks auf die Elsa sei. Ursprünglich geplant war, dass Migros den Basispreis um drei Rappen senkt.

Ganz anders tönt es bei Elsa: einerseits hat die Molkerei mit einem zusätzlichen Elsa-Inform (das ist ein Produzenten-Newsletter, der von Elsa verschickt wird) die Ausgangslage für die kommunizierte Preissenkung nochmals erläutert und sich zudem am 8. Juli mit Vertretern der Direktlieferanten getroffen. Andererseits betont Lukas Barth, der Leiter Agrarpolitik und Milchbeschaffung der Elsa, dass es nicht um Margen geht, „sondern um unsere Marktanteile.“ Wie Barth sagt, seien letztlich auch die Produzenten davon betroffen, wenn diese verloren gingen.

Migros-Basismilchpreis für Juli und August auf 62,5 Rappen festgelegt

Zuerst zum Brief: Darin wird erläutert, dass es verschiedene Diskussionen waren, die letztlich dazu führten, dass die Anpassung des Basispreises nicht wie geplant minus drei Rappen sondern minus 2,5 Rappen pro Kilo Milch beträgt. „Natürlich wäre es schöner und für beide Seiten angenehmer gewesen, die erste Preiskorrektur im neuen System hätte nicht nach unten sondern nach oben gezeigt.“ Zu den Diskussionen, die in den letzten zwei Wochen geführt wurden, schreibt Elsa: „Wir hätten erklären sollen, dass es sich bei der aktuellen Preiskorrektur um die erste konsequente Anwendung des neuen Preissystems handelt. Dies ist uns offenbar nicht gänzlich gelungen.“

Der Basispreis wird für die Monate Juli und August auf 62,5 Rappen festgelegt. Danach verspricht Migros, mit der für Herbst erwarteten Preiserhöhung mitzugehen. Zusätzlich zum Basispreis bezahlt Migros einen Nachhaltigkeitszuschlag von drei Rappen je Kilo Milch. Nach den Abzügen für Transport und Administration von 4,5 Rappen bleibt ein ausbezahlter Milchpreis (ab Hof oder Sammelstelle) von 61,0 Rappen.

Interessanterweise schreibt Elsa, dass verschiedene Marktindikatoren eine Preiserhöhung im Herbst anzeigen würden. "Sie dürfen davon ausgehen, dass wir das sehr genau verfolgen und eine Preisanpassung vornehmen, wenn sich dies bestätigt." heisst es im Brief. Mit anderen Worten: Elsa wird die auf 1. September im Zusammenhang mit dem Grünen Teppich geplante Richtpreiserhöhug von 68 auf 71 Rappen/kg Milch franko Rampe durchaus mittragen.

Marktanteile in Gefahr

Dass Elsa jetzt die Preise korrigiert, liege denn auch nicht an der vom ZBV kritisierten „eiskalten Margenausdehnung“, sondern an der Tatsache, dass Elsa auch nach der Preisanpassung per 1. Juli beim ausbezahlten Milchpreis immer noch fünf Rappen über dem durchschnittlich ausbezahlten Preis für A-Milch (Vergleich Mai, Preise franko Rampe) liegt. Wie Lukas Barth erklärt, bezahle Elsa bereits seit Frühjahr 2015 überdurchschnittliche Milchpreise, wobei die Preisdifferenz - zugunsten der Produzenten - seit diesem Frühjahr nochmals gestiegen ist. Zuletzt betrug die Differenz 7,5 Rappen. „Für uns war das aufgrund der Wettbewerbsfähigkeit nicht mehr akzeptabel“, erklärt Barth.

Wie Barth deshalb betont, habe die jüngste Preisrunde nichts mit den im Detailhandel angekündigten Preissenkungen für rund 1500 Produkte zu tun. "Im Laden ist die Milch immer noch gleich teuer", so Barth. Stattdessen gehe es darum, dass Elsa im Vergleich zu den übrigen Schweizer Molkereien wettbewerbsfähig bleiben müsse.

Diskussion der Martini-Konferenz weiterführen

Hans Frei indes sagt, dass die jüngste Preisankündigung von Migros die an der Martinikonferenz vom November 2018 geführte Diskussion um die Margenverteilung direkt wieder aufgriffen.