Das Totalherbizid Glyphosat kommt seit einigen Jahren nicht mehr aus den Negativschlagzeilen. Es sei krebserregend, sagen die einen Studien. Es sei es doch nicht, sagen andere Untersuchungen. Innerhalb der EU auf jeden Fall wird um ein Verbot gerungen. Ende November hatten die EU-Staaten nach langem Streit beschlossen, die Zulassung für Glyphosat um fünf Jahre zu verlängern. Die neueste Wendung im politschen Hin und Her: Im EU-Parlament soll ein Sonderausschuss die Hintergründe der neuerlichen Zulassung durchleuchten.

Eher zufällig entdeckt

Währenddessen forscht die preisgekrönte Chemikerin Catia Bastioli an einer Alternative für den umstrittenen Unkrautvernichter. Liefern könnte diese die Gemeine Distel, ein Kraut, dass bei Gartenfreunden eigentlich einen schlechten Ruf hat. In Porto Torres an der Nordküste Sardiniens betreibt das Unternehmen Novamont, dessen Chefin Bastioli ist, mit der ENI-Tochter Versalis das Gemeinschaftsunternehmen Matrìca. Dort schätzt man die Distel für ihre Vielseitigkeit. Auf den kargen Böden Sardiniens lässt Matrìca in Kooperation mit dem Bauernverband fast 1000 Hektar Disteln anbauen. «Wir führen ein Riesen-Experiment unter freiem Himmel durch», sagt Catia Bastioli gegenüber der «Süddeutschen Zeitung».

Auf das Bio-Herbizid kam man eher zufällig, wie es im Artikel heisst. Bei der Gewinnung von Pflanzenöl nämlich entsteht Pelargonsäure. Zuerst wussten die Forscher damit nichts anzufangen. Dann gelang es Matrìca, aus der Säure ein Bio-Herbizid für den Freilandeinsatz zu entwickeln. Die Substanz wird von der Pflanze nicht aufgenommen, sondern verbrennt nur ihre Blätter.

Keinen Glaubenskrieg führen

Auf die Frage, ob das Bio-Herbizid wirklich eine Alternative zu Glyphosat werden könnte, sagt Bastioli: «Ich bin immer vorsichtig.» In der grünen Szene falle die italienische Wissenschaftlerin durch Pragmatismus auf, berichtet die Zeitung weiter. In Porto Torres ist die weltweit einzige Bioraffinerie zur Herstellung des Herbizids in Betrieb, mit einer Produktionskapazität von 30'000 Tonnen jährlich. «Es hat gar keinen Zweck, heute einen Glaubenskrieg zu führen», sagt Catia Bastioli. «Wir müssen die Zeit nun für eine strategische Planung nutzen, damit am Ende der Zulassung auch wirklich Ersatz parat steht.»

jw