«Wir können nicht mit Fug und Recht behaupten, wir haben hier ein Problem – wir können aber auch nicht sagen, es ist keines», wird  Empa-Forscher Bernd Nowack in einer Mitteilung der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa zitiert. Gemeinsam mit Wissenschaftler der ETH Zürich beschäftigte er sich mit dem derzeitigen (Un)Wissenstand zum Thema Nanoplastik.

Die kleinen Unbekannten

Als Nanoplastik gelten Stücke von Kunststoffen, die durch Verwitterung und Abbauprozesse absolut winzig geworden sind. In jedem Fall sind diese Partikel kleiner als Mikroplastik, der per Definition unter 5 Millimeter Durchmesser hat. 

Mikroplastik gibt es mittlerweile überall auf der Welt: in abgelegenen Bergseen, im arktischen Meereis, in Tiefseeböden und in der Luft, heisst es in der Mitteilung weiter. Da daraus höchst wahrscheinlich Nanoplastik entsteht, wächst die Sorge um dessen Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt. Zumal unbekannt ist, in welchen Mengen die winzigen Partikel bereits vorhanden sind. 

Kaum messbare Menge

Das liege daran, dass künstliche Nanopartikel aus Plastik kaum von anderen und natürlichen Teilchen unterschieden werden können. Es müssten daher neue Analysemethoden gefunden werden.

In einem nächsten Schritt gehe es darum, die Gefährlichkeit von Nanoplastik zu untersuchen. Dass die Stückchen chemisch z. T. sehr unterschiedlich zusammengesetzt sind, macht das Ganze zusätzlich schwierig.

Kleines kommt weiter

Je kleiner ein Partikel ist, desto weiter kann es sich im Körper ausbreiten, heisst es weiter. Bisher ist unklar, ob Nanoplastik etwa die Blut-Hirn-Schranke oder die Plazenta überwinden und damit ins Gehirn oder einen wachsenden Fötus gelangen kann. Im Gegensatz dazu werde über die Nahrung aufgenommener Mikroplastik vermutlich einfach wieder ausgeschieden, ohne in den Blutkreislauf zu kommen.

Mit kühlem Kopf weiterforschen

Angesichts der vielen Wissenslücken sei es wichtig, auf dem Gebiet des Nanoplastiks weiter zu forschen – allerdings systematisch, breit und mit kühlem Kopf, so die Wissenschaftler. Denn nicht immer würden sich neu auftauchende potenzielle Schadstoffe als so gefährlich wie ursprünglich angenommen herausstellen. Die gesellschaftliche Null-Risiko-Haltung sei aber verständlich, schliesslich wolle niemand Plastik im Essen haben.

Weniger Abfall heisst weniger Mikro- und Nanoplatik

Die Lösung des Problems bestünde darin, Kunststoffe gar nicht erst in die Umwelt gelangen zu lassen. Das ist in der Theorie und teilweise auch praktisch leicht umsetzbar. So kann jeder und jede etwa gegen Littering vorgehen. Denn jedes Take-Away-Geschirr am Wegesrand zerfällt mit der Zeit in immer kleinere Stücke, bis es zu Mikro- und Nanoplastik wird.

Aber Nanoplastik entsteht eben nicht nur bei der unsachgemässen Entsorgung, sondern auch beim Gebrauch von Plastikprodukten durch Abrieb. Dagegen würde nur ein plastikfreies Leben helfen. Ganz ohne diese Kunststoffe gehe es aber nicht, wird Bernd Nowak zitiert:  «Dafür haben die verschiedenen Polymere einfach zu viele positive Eigenschaften.»