Jahrelang hinkten die Schul- und Beratungsstandorte der Kantone Bern, Freiburg und Solothurn der Realität hinterher. Während der Landwirt laufend gezwungen war, seine Stallungen auf den neusten Stand zu bringen, erteilten sich die Kantone selbst immer wieder munter Ausnahmebewilligungen und wirtschafteten mit löchrigen Dächern und nicht mehr konformen Kuhlägern weiter. Die Landwirtschaftsschüler lernten dort bestenfalls, dass der Kanton sich selbst mit andern Massstäben beurteilt als den produzierenden Landwirten. Nun kommt Bewegung in die Sache. Das Landwirtschaftliche Institut Grangeneuve, das Inforama Rütti und der Wallierhof in Riedholz bekommen neue Kuhställe. Doch während die Milchproduzenten mittlerweile landauf, landab mit Investitionen auf der Bremse stehen und unter den tiefen Milchpreisen ächzen, richten die Kantone mit der grossen Kelle an. Es entstehen Hightechställe, die wohl künftig jeden Lernenden vor Neid erblassen lassen. Oder wie es ein Branchenkenner ausdrückt: «Die ehrlichste Vorbildfunktion wäre es wohl, wenn die Schulstandorte sagen würden, der Bau eines Milchviehstalls lohne sich in diesem Umfeld, egal zu welchen Baukosten, nicht.»

Wallierhof und Rütti 

Die Kosten pro Kuhplatz beziffern der Wallierhof wie auch das Fachamt für Grundstücke und Gebäude des Kantons Bern, welches im Fall des Rütti-Neubaus die Kommunikation unter sich hat, in etwa gleich hoch. 23'800 Franken auf der Rütti, 23'500 Franken auf dem Wallierhof kostet der Bau pro Kuh. Vergleichbar mit Bauten in der Praxis sei dies, schreibt der Kanton Bern. Jonas Zürcher, Direktor des Bildungszentrums Wallierhof, betont: «Die Vergleichbarkeit mit den Bauten in der Praxis ist schwierig, weil bei uns keine Eigenleistungen enthalten sind. Diese werden in der Praxis häufig nicht oder nur teilweise eingerechnet und führen zu beträchtlichen Kosteneinsparungen. Zudem fallen wegen verwaltungsinternen Vorgabenund dem öffentlichen Submissionsverfahren für die Ausschreibungen deutlich höhere Planungs- und Ingenieurhonorare an». Nicht eingerechnet sind im Preis von 23'500 Franken die Kosten für die Photovoltaikanlage wie auch Zusatzkosten für Einrichtungen zu Bildungszwecken. Insgesamt kostet der Stall am Wallierhof für 70 Milchkühe und das Jungvieh bis vier  Monate mit Siloraum und Güllelager 1,64 Mio Franken.

Wirtschaftlicher Kuhstall

Ähnlich hoch beziffert auch der Kanton Bern die Baukosten alleine für den Kuhstall. Die gesamten Projektkosten belaufen sich auf 4,25 Mio Franken, der Kuhstall kostet 1,67 Mio Franken ohne Betriebs-, Standort- und projektspezifische Anforderungen. «Da der Stall auf der Rütti zum Pachtbetrieb der Familie Emmenegger gehört und die Pächterfamilie den Stall wirtschaftlich betreiben will und muss, ist der Praxistauglichkeit und -orientierung bei der Planung ein sehr hoher Stellenwert beigemessen worden», betont die Medienstelle der Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern auf die Anfrage der BauernZeitung, ob die geplanten Hightechställe der Bildungsstandorte praxisnah seien. «Der neue Stall muss neben den praxisorientierten Anforderungen auch zusätzliche Bedürfnisse für die Bildung, Beratung und angewandte Forschung erfüllen. Dies liegt auch im Interesse einer zukunftsorientierten Berner Land- und Milchwirtschaft», schreibt der Kanton Bern weiter. Auch Jonas Zürcher relativiert die Baukosten des neuen Kuhstalls: «Vergleiche bezüglich Kosten pro Kuhplatz sind immer mit grosser Vorsicht anzustellen, zu gross können in Wirklichkeit die Unterschiede der Projekte sein. Wir können zu unseren Kosten stehen.»

Keine Stellungnahme zu den Baukosten bekam die BauernZeitung vom Landwirtschaftlichen Institut in Grangeneuve. Direktor Pascal Toffel reagierte auf die Anfrage der BauernZeitung nicht. «Die vielfältigen und modernen Anlagen unterstützen den Unterricht und machen dieses Bauernhofprojekt zu einem Vorbild an neuen Technologien», schrieb der Kanton Freiburg in der Botschaft zum Dekretsentwurf über den Rahmenkredit. Dieser beträgt 12 Mio Franken. 6,5 Mio Franken entfallen auf den Bauernhofteil, der 50 Kühe mit einer Milchproduktion von 500 000 kg beinhalten wird. Und der Kanton Freiburg ist sich bewusst: «Die geschätzten Kosten für das Projekt des Schulbauernhofs liegen über den durchschnittlichen Werten der von den Landwirten des Kantons erstellten Bauten».

Daniela Joder