In einer freien und liberalen Gesellschaft haben Kunden und Wähler immer recht. Sie sind die letzte Instanz, sei es in Bezug auf Unternehmensumsätze oder in Bezug auf die Bundesverfassung. Und noch nie war es so einfach, so viel über Menschen zu wissen, wie das heute der Fall ist. Und doch gibt es wenig Daten darüber, mit welchen Angeboten und Möglichkeiten Menschen zu Kaufentscheiden gebracht werden können. Noch. Denn Bent Egberg Mikkelsen aus Dänemark möchte das ändern.

Mikkelsen ist Professor an der Aalborg Universität in Kopenhagen. Er arbeitet an einem EU-Forschungsprojekt mit, das genauer und besser verstehen will, wie Konsumenten Kauf- und Essensentscheide fällen. Am Dienstag hat Mikkelsen in Luzern Konzept und Idee der Plattform vorgestellt.

Kunden wollen mehr: mehr Geschmack, mehr Transparenz und mehr Verfügbarkeit 

Dass eine Plattform nötig wird, die aus dem Kunden ein Glashaus macht, liegt laut Mikkelsen an drei Faktoren: «Die Kunden wollen Geschmack und Produktneuheiten.» Mikkelsen meint damit den Druck, dass die Nahrungsmittelindustrie ständig neue Geschmacksrichtungen und Produktvariationen herstellt, um Marktanteile zu halten. Zweitens würden Kunden vermehrt die Herkunft der Produkte berücksichtigen. Einerseits könne die Landwirtschaft dazu in die Stadt; andererseits könne mit neuen Plattformen Wissen und Vertrauen in die Lieferketten und deren Akteure geschaffen werden. Als dritter grosser Treiber für neue Fragen und Angebote sieht Mikkelsen die ständige Erreichbarkeit und die Eigenart, dass Menschen mit ihren Smartphones ständig Bilder machen. Und weil die Kunden ständig unterwegs sind, würden sich auch ihre Bedürfnisse ständig wandeln.

Aus Sicht der Unternehmen kommt erschwerend hinzu, dass die sozialen Medien das Verhältnis zum und das Verständnis für das Essen tiefgreifend verändern. Was bleibt, ist die Liebe zu dem, was auf dem Teller liegt – wenigstens sinngemäss. Wie Mikkelsen sagt, werden nämlich alleine in Grossbritannien ein Drittel aller Twitter-Meldungen in Bezug zu Essen und Ernährung verschickt.

Daten sollen Ordnung schaffen

Um in diesem Chaos Ordnung zu schaffen, sollen nun Daten und vernünftige Analysen helfen. Wie Mikkelsen betont, geht es dabei nicht nur darum, einzelne Stufen der Lieferketten, sondern das ganze System besser zu verstehen. Die Zukunft sieht Mikkelsen deshalb in einer stärkeren Vernetzung. Für Unternehmen in der Land- und Ernährungswirtschaft hat das zur Folge, dass sie ihre Entscheidungen auf besseren Datengrundlagen abstützen können.

Als Datengrundlage dienen Unternehmensdaten von 17 Partnern in ganz Europa sowie Kundendaten. Die Erhebungen laufen noch bis Ende Jahr und sollen ab 2023 der Öffentlichkeit zugänglich sein. Damit möglichst viele Konsumenten die Plattform mit ihren Daten speisen, setzt Mikkelsen auf Datenphilantropen, die Daten freiwillig für eine gute Sache spenden.

hja