Im vorliegenden Artikel fasst die Forschungsgruppe Betriebswirtschaft von Agro-scope die wichtigsten Erkenntnisse aus der diesjährigen Tagung des IFCN-Netzwerkes zusammen.

Asien hat Durst auf Milch

Zwischen 1998 und 2018 hat die Menge der weltweit produzierten und konsumierten Milch um 63% zugenommen, dies entspricht einem jährlichen Wachstum von 2,5%. Diese Dynamik ist hauptsächlich auf die zunehmende Nachfrage in Asien, insbesondere in Indien und China, zurückzuführen. Als Folge des wirtschaftlichen Aufschwunges in Asien und der steigenden Kaufkraft der asiatischen Mittelklasse erfolgte dort eine stärkere Orientierung an westlichen Essgewohnheiten, was sich unter anderem in einem deutlich höheren Pro-Kopf-Konsum von Milchprodukten niederschlug.

Handel hat sich verdoppelt

Der internationale Handel mit Milchprodukten verdoppelte sich im Zeitraum von 1998 bis 2018. Im Jahr 2018 wurden insgesamt 6,5% der weltweiten Milchproduktion international gehandelt. Während sich das Handelsdefizit bei den Milchprodukten für China, den Nahen und Mittleren Osten sowie Nordafrika weiter vergrösserte, erhöhte sich entsprechend der Überschuss in den beiden grössten Exportregionen Neuseeland und Europäische Union. Die USA, die bis 2006 Nettoimporteur von Milchprodukten waren, sind mittlerweile zum drittgrössten Exporteur avanciert.

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Weltmarktpreis stieg an

Die kräftige Nachfrage hat den globalen Markt für Milchprodukte grundlegend verändert. Während der kombinierte IFCN-Weltmilchpreisindikator bis 2006 zwischen 15 und 20 Dollar pro 100 kg fett- und eiweisskorrigierte Milch pendelte, bewegt er sich seit 2007 zwischen 25 und 50 Dollar pro 100 kg fett- und eiweisskorrigierte Milch. Der Anstieg des Weltmilchpreises ist nicht nur das Ergebnis der gestiegenen Nachfrage nach Milchprodukten, sondern auch der gestiegenen Nachfrage nach Erdöl, die wiederum durch die wirtschaftliche Dynamik in Indien und China angekurbelt wurde. Eine Verbindung zwischen dem Markt für Agrarrohstoffe und dem Erdölmarkt besteht nämlich über die Biotreibstoffe.

Mehr Preis-Schwankungen

Preisschwankungen sind ein typisches Merkmal für den Agrarrohstoff-Markt. Die Preisvolatilität ergibt sich aus dem Selbstregulierungsmechanismus, der Angebot und Nachfrage über den Preis in Übereinstimmung bringt.

 

Das IFCN in Kürze

Das IFCN (International Farm Comparison Network) ist ein internationales Forschungsnetzwerk, das wirtschaftliche Aspekte der Milchproduktion untersucht. Es hat sich als Ziel gesetzt, mit Daten und Expertenwissen zu einem besseren Verständnis der Milchproduktion und des Milchmarktes beizutragen. Der kombinierte IFCN-Weltmilchpreisindikator wird in US-Dollar pro 100 kg fett- und eiweisskorrigierte Milch (4,0% Fett und 3,3% Eiweiss) angegeben. Er entspricht dem monetären Wert der Milch ab Hof, berechnet auf der Basis des Welt-Milchrohstoffpreises.

 

Was bringt die Zukunft?

Der Weltmilchpreis zeigte in den letzten zwei Jahrzehnten aufgrund einer Zunahme der angebots- und nachfrageseitigen Turbulenzen eine volatilere Entwicklung. Die Frage ist: Was steigt bis 2040 schneller, das Angebot oder die Nachfrage? Das IFCN hält es für sehr wahrscheinlich, dass aufgrund des anhaltenden weltweiten Be-völkerungswachstums und steigenden Lebensstandards die globale Nachfrage nach Milchprodukten in den kommenden zwanzig Jahren schneller zunehmen wird als das Angebot. Das Wachstum von Nachfrage und Angebot dürfte dabei in erster Linie von Asien ausgehen. Um diese zusätzliche globale Nachfrage zu decken, dürften vor allem Neuseeland, die Europäische Union und die USA noch mehr Milch bzw. Milchprodukte exportieren.