Herr Riedener, starten Sie noch immer mit einem Stück Gruyère zum Frühstück?

Urs Riedener: Ja genau, mit einem Stück Kaltbach-Gruyère. Das hat sich bewährt (lacht).

Sind Sie ein Gewohnheitsmensch?

Ja und Nein. Aber einer meiner Grundsätze ist, nicht ohne Frühstück aus dem Haus zu gehen. Und dazu gehört auch Käse. Käse ist eine längerfristige Energiequelle - ich kann also gut am Morgen um halb sieben mit der Arbeit beginnen und brauche dann erst am Mittag wieder etwas zu essen.

Dass Sie aber zwölf Stunden ohne Pause arbeiten könnten, geht nicht.

Nein, so viel Käse möchte ich am Morgen nicht essen (lacht laut). Ich gehe ausserdem gerne kurz in die Kantine und setze mich zu meinen Leuten.

Das überrascht. Es ist auffallend, dass ausser ihren Kollegen in der Geschäftsleitung, die übrige Belegschaft per Sie mit Ihnen verkehrt.

Nein – das ganze Management-Team und meine Direktunterstellten sind mit mir per Du. Es ist mir übrigens wichtig, nahbar zu sein. Aber nicht auf diese Art. Die Du-Kultur hat für mich etwas Anbiederndes. Jemanden zu siezen drückt auch Respekt aus – und zwar in beide Richtungen.

Wie gross ist der Beitrag Ihres Führungsverständnisses am Umsatzwachstum von 2,3 Prozent im letzten Jahr?

Es ist ja nicht nur mein Führungsverständnis, sondern das von Emmi. Das Umsatzwachstum ist am Schluss das Resultat von 6200 Mitarbeitenden, die jeden Tag aufstehen und wissen, wo sie besser werden können.

2018 machte Emmi im Ausland erstmals mehr Umsatz als im Inland. Ist Emmi noch ein Schweizer Konzern?

Das klingt immer so, wie wenn der Heimmarkt Schweiz für uns bedeutungslos werden könnte. Wir machen die Hälfte unseres Umsatzes in der Schweiz. Die andere Hälfte verteilt sich auf 14 Länder, in denen wir präsent sind und rund 60 Länder, in die wir zusätzlich aus der Schweiz heraus exportieren. Kein einzelnes Land kommt von der Bedeutung her auch nur in die Nähe der Schweiz. Und dann sind die Umsätze alleine nicht entscheidend – sondern auch der Produktionsort.

Wir haben eine sehr starke Produktionsbasis in der Schweiz und produzieren hier inklusive Export fast 60 Prozent des gesamten Umsatzes. Damit sind wir der grösste Exporteur von Schweizer Milchprodukten. Auch im Ausland verstehen wir uns sehr stark als Schweizer Konzern und haben entsprechend hohe Ansprüche an Qualität, Exaktheit und Leistung. Diese Werte wollen wir auch in anderen Ländern leben.

Könnte Emmi zu viel Umsatz im Ausland erwirtschaften?

Nein, das glaube ich nicht. Unsere Grösse in der Schweiz ist sowohl Stärke als auch eine gewisse Schwäche. Aber bei aller Diversifikation wollen wir uns nicht verzetteln. Und wichtig ist, dass wir im Ausland nicht nur Umsatz machen, sondern starke Positionen aufbauen, Exportmöglichkeiten aus der Schweiz schaffen und Geld verdienen. Und was ganz sicher auch nicht unser Ziel ist: ein weiterer einzelner Markt im Ausland, der gleich gross ist wie der in der Schweiz.

Wie legen Sie fest, in welchen Märkten Emmi selbst aktiv werden will?

Wir brauchen ein hohes Qualitätsbewusstsein und eine Kultur für den Milchproduktekonsum. Und es braucht auf einem Markt ausreichend Wachstumsmöglichkeiten und Kaufkraft für unsere Produkte. Vor allem für die Schweizer Exportprodukte muss ein Bewusstsein für Premium-Produkte vorhanden sein.

Das heisst, dass Afrika südlich der Sahara mit Ausnahme von Südafrika für Sie nicht interessant ist.

Nein. Wir exportieren kleine Mengen nach Südafrika, aber in der mittleren Zone konnten wir noch keine Kaufkraft für unsere Konzepte feststellen.

Die Abhängigkeit vom Auslandsgeschäft bleibt...

Da müssen wir uns nichts vormachen: Ein Viertel der Schweizer Milch muss – heute wie wohl in Zukunft - exportiert werden. Der Milchkonsum in der Schweiz wird nicht steigen, während die Käseimporte zunehmen. Deshalb braucht es eine Vorwärtsstrategie bei den Käseexporten und anderen Exporten oder eine geringere Milchproduktion. Das heisst, die ganze Branche ist vom Ausland abhängig.

Das können Sie sagen, weil Emmi Marktführer ist.

Wir waren mal die Nummer vier in der Schweiz. Die Marktführerschaft kriegt man nicht einfach so, die muss man sich erkämpfen.