Chia-Samen, Granatapfel, Avocado. Sie alle geniessen den Ruf, Superfood zu sein. Es sind exotische Lebensmittel aus fremden Ländern, die den Weg in den Schweizer Einkaufskorb finden. Als Superfood werden Lebensmittel bezeichnet, die einen hohen Anteil eines physiologisch wertvollen Inhaltsstoffs enthalten. So lautet die Definition von Betty Bossy. Ausländische Exoten sollen besonders viel Antioxidantien und Phenole besitzen, welche krebshemmend wirken. Hinter dem englischen Namen verstecken sich auch einheimische Lebensmittel, die schon lange bekannt sind.

#YT0#

Altbekanntes im Trend

Simon Räss ist Mitinhaber von Wildbeeren Räss, aus Benken ZH. Der Familienbetrieb baut auf 36 Hektaren vorwiegend Beeren nach den Richtlinien von Bio Suisse an. Räss ist überzeugt: Konsumenten müssen Superfood nicht weit suchen. Linda Idone ist Lehrerin, verheiratet und Mutter von zwei Kindern. Sie würde gerne eine neue Definition von Superfood sehen. Im Interview mit der Bauernzeitung sprechen der Produzent und die Konsumentin über einheimischen Superfood und darüber, was nun wirklich gesund ist.

[IMG 2]

Simon Räss, Produzent und Mitinhaber der Wildbeeren Räss.

Simon Räss, was sind Beispiele für Superfood?

Simon Räss: Typische Beispiele sind die Gojibeeren oder Aronia, wo erstens ein Trend da ist und zweitens die Polyphenole oder die Antioxidanten in besonders hohem Mass vorkommen. Eine Schale Beeren unterstützt die Gesundheit. Alle Beeren sind Superfood, aber Gojibeeren, Felsenbirnen und besonders die Aronia stechen heraus. Die Aronia-Beere ist schwarzblau, von der Schale bis ins Fruchtfleisch hinein. Sie enthält ausserordentlich viele wertvolle Inhaltsstoffe.

Kann einheimischer Superfood mit den Exoten mithalten?

In der Schweiz gibt es Superfood, den wir schon immer kannten. Wir könnten lange suchen, bis etwas an Cassis herankommt, mit seinem hohen Gehalt an Vitamin C. Oder die rote Stachelbeere: Eine Beere, die in der Schweiz produziert wird, ob biologisch oder konventionell, ist einfach gesünder. Flug und Transport kommen nicht dazu. Schweizer Beeren werden unter sehr guten sozialen Bedingungen gepflückt. Bei den importierten Exoten gibt es viele Fragezeichen.

Welche Stellung hat Superfood in unserer Lebensweise?

Erst wenn man etwas über längere Zeit konsumiert, ist der Effekt da. Beim Aroniasaft haben wir deshalb viele Stammkunden. Ich trinke selbst fast jeden Tag ein Glas Aroniasaft und esse viele Beeren.

Glauben Sie, dass Sie dadurch gesünder sind?

Früher hatte ich eher einmal eine Grippe. Heute ist das höchst selten. Wenn man über längere Zeit dem Körper etwas Gutes tut, dann zeigt sich eine Wirkung.

[IMG 3]

Linda Idone, Konsumentin, Lehrerin und Mutter zweier Kinder.

Linda Idone, wird bei Ihnen zu Hause gekocht?

Linda Idone: Wenn wir alle zu Hause sind, dann gehört das Kochen dazu. Dabei ist wichtig, dass es lecker ist. Dann ist es meist auch gesund. Unsere Kinder helfen gern beim Rüebli schälen und Gurken schneiden.

Was stellen Sie sich unter Superfood vor?

Da sehe ich vor mir poppige Verpackungen. Ich will mein Müesli kaufen und suche im Regal zwischen all den Supermüesli das Normale.

Also eher etwas Negatives...

Warum muss etwas Superfood genannt werden? Das ist für mich schon verdächtig. Als wolle mir jemand etwas verkaufen. 

Wie definieren Sie Superfood?

Warum nicht das als Superfood bezeichnen, was mit gutem Gewissen genossen werden kann? Wer Superfood konsumiert, denkt: «Was kann ich für mich tun?» Ich finde aber, beim Einkaufen geht es nicht nur um mich. Ich habe auch eine Verantwortung anderen Menschen und der Natur gegenüber.

Superfood soll sich positiv auf die Gesundheit auswirken.

Bei den Labels wird suggeriert, dass wir es selbst nicht wissen. Am Schluss vertrauen wir mehr auf das, was auf einer Packung steht als auf das, was wir selbst spüren. Ich denke, was sich auf die Gesundheit und das Wohlbefinden besser auswirkt, ist, in die Natur hinauszugehen, die Augen und Ohren aufzumachen, zu tasten und schmecken. Wenn man noch etwas essen kann, wie zum Beispiel Brombeeren, sind alle Sinne dabei. Das ist Seelennahrung.

Liegen gesunde Lebensmittel in einem Familien-Budget?

Drei gesunde warme Mahlzeiten in der Woche sind schon in der Kinderbetreuung inbegriffen. Da müsste ich eher fragen: Könnt ihr euch die Kinderbetreuung leisten? Beim Essen spare ich nicht so. Wir leisten uns andere Sachen nicht.

 

Die Autorin schrieb im Auftrag des Schweizerischen Bäuerinnen- und Landfrauenverbands SBLV. Weitere Informationen: www.landfrauen.ch