Im Boden wandeln Mikroorganismen Stickstoffverbindungen aus Düngemitteln wie Gülle, Mist oder Ähnlichem in Lachgas (N2O) um. Dieses Gas ist klimaschädigend und sehr langlebig: Es bleibt 120 Jahre lang in der Atmosphäre, schreiben Forschende der Universität Bern in einer Mitteilung. Eine neue Studie mit Berner Beteiligung erstellte eine Übersicht über natürliche und vom Menschen verursachte Lachgas-Emissionen:

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Bei den menschgemachten Lachgas-Emissionen sind die Landwirtschaft und die Abwasserreinigung die grössten Quellen. (Grafik Uni Bern)

Düngemittel sorgen für rasanten Anstieg

Die Forschungsarbeit zeigt, dass die Lachgas-Emissionen weltweit gegenüber dem vorindustriellem Niveau um 20 Prozent gestiegen sind – laut den Forschenden vor allem durch den zunehmenden Einsatz von Stickstoffdüngern in der Landwirtschaft. Man kommt zum Schluss, dass diese Emissionen die Erreichung der Pariser Klimaziele gefährden. Der Trend sei «alarmierend».

Konflikt zwischen Klimazielen und Ernährungsweise

In Zukunft dürfte die ausgestossene Menge N2O weiter ansteigen, so die Befürchtung, denn die Nachfrage nach Nahrungs- und Futtermitteln für Tiere werde wachsen. Global trage Lachgas 7 Prozent zur menschgemachten Erwärmung bei.  «Es besteht ein Konflikt zwischen der Art und Weise, wie wir die Menschen ernähren, und unserem Ziel, das Klima zu stabilisieren», wird einer der Studien-Autoren zitiert. 

Der Anstieg der N2O-Emissionen bereite besonders deshalb Sorgen, weil die Quellen «schwierig zu reduzieren» seien.

 

Weniger Lachgas ausstossen

Die N20-Emissionen müssen dringend sinken, um die Pariser Klimaziele zu erreichen, schreiben die Studien-Autoren. Agrocleantech hat eine Liste mit Massnahmen zur Lachgas-Reduktion zusammengestellt:

  • Effizienter Stickstoffeinsatz: Genaue Düngungsplanung, angepasst an den Bedarf der Kulturen und die Bodenverhältnisse und zum idealen Zeitpunkt ausbringen (Verdichtungen vermeiden)
  • Ertragsangepasste N-Düngung und Vermeidung von Bilanzüberschüssen
  • Präzisionsdüngetechniken anwenden (mit Sensoren)
  • Berücksichtigung des gesteigerten Düngewerts des Hofdüngers, wenn Verluste im Stall, Hofdüngerlager und bei der Ausbringung durch geeignete Massnahmen reduziert werden.
  • Stickstoffstabilisierte Mineraldünger (z. B. ENTEC)
  • CULTAN-Verfahren: Ammoniumdepots im Boden
  • Protein- und stickstoffoptimierte Fütterung (Minderung von N-Überschüssen im Stall)
  • Standortoptimierter Pflanzenbau (positive Fruchtfolgeeffekte nutzen, wie z.B. N-Fixierung durch Leguminosen) 
  • Vermeidung von Ammoniakverlusten

Ausserdem hat Agrocleantech berechnet, dass der jährliche Verlust von 48'000 Tonnen Stickstoff pro Jahr in der Landwirtschaft finanziellen Einbussen in der Höhe von 5 Millionen Franken bedeutet. 

Gemäss Agrarforschung Schweiz gibt es in der Schweizer Nutztierhaltung verschiedene Ansatzpunkte zur Reduktion der Lachgas-Emissionen:

Stickstoff-optimierte Fütterung für Nutztiere: Das Treibhausgas-Reduktionspotenzial ist hier eher klein, da Schweine und Geflügel bereits sehr gezielt gefüttert werden. Bei Wiederkäuern ist diese Massnahmen wegen sich ändernden und schwer abschätzbaren N-Gehalten im Gras schwierig umzusetzen.

Mischbestände mit Leguminosen im Futterbau: Dadurch sinkt zwar der Bedarf an Stickstoffdüngern, der höhere N-Gehalt des Futters kann aber die Emissionen aus Hofdüngern erhöhen. 

Bei Agrarforschung Schweiz wird betont, technische Massnahmen würden allgemein nicht ausreichen, um die im CO2-Gesetz geplanten Treibhausgas-Reduktionsziele in der Landwirtschaft zu erreichen. « Eine Umgestaltung der landwirtschaftlichen Strukturen, begleitet von einer Umstellung des Nahrungsmittelkonsums zu vermehrt pflanzlicher Ernährung, birgt hingegen grosse Potenziale und bietet sich als zielführender Lösungsweg an.», schreiben die Forschenden. 

 

Erfolgreiche Reduktion in Europa, Stagnation in der Schweiz

Den grössten Anstieg der Menge freigesetzten Lachgas verzeichnet man in Schwellenländern, wo sowohl die pflanzliche Produktion als auch die Tierbestände stark zugenommen haben. Beispiele sind Brasilien, China und Indien. Während in Afrika und Südamerika Hofdünger (Gülle und Mist) die Hauptquellen ist, spielt Kunstdünger diese Rolle in China, Indien und den USA. Europa ist laut der Studie die einzige Region weltweit, die in den letzten 20 Jahren erfolgreich ihre Lachgas-Emissionen reduzieren konnte.

In der Schweiz gab es zwar von 1990 bis 2010 10 Prozent weniger freigesetztes N2O, seit 2010 sind die Emissionen aber gleich geblieben. Zwei Drittel davon stammen aus der Landwirtschaft.