Die Obstbauern stehen vor sehr  grossen Herausforderungen. Handel und Konsumenten fordern qualitativ hochwertige Produkte, die umweltschonend, möglichst ohne den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln (PSM) produziert werden. Pflanzenschutz ist in aller Munde. «Obstbauern auf der Durchfahrt! – Ist weniger auch gleich mehr?» war denn auch der passende Titel der vierten internationalen Strohballenarena, die am 21. Juni auf dem Versuchsbetrieb Güttingen TG stattfand.    

Branche muss aktiv werden

Die Organisatoren, namentlich das BBZ Arenenberg, das Kompetenznetzwerk Ernährungswirtschaft (KNW-E) und der Verein Integrierte Ländliche Entwicklung (ILE) Bodensee, hatten Vertreter aus Beratung, Handel und Produktion eingeladen. Daraus ergab sich eine ausgewogene Diskussion mit Sichtweisen aus verschiedenen Blickwinkeln.

Wie es denn um die Nachhaltigkeit im Obstbau stehe, wollte Michael Baldenhofer, ILE Bodensee, von Urs Müller wissen. Der Fachstellenleiter Obst am BBZ Arenenberg entgegnete, in Sachen Nachhaltigkeit gebe es noch Einiges zu tun. Mit der Obstbaumodellanlage wolle man herausfinden, mit welchen Massnahmen der Einsatz von synthetischen PSM reduziert werden kann (s. Kasten). «Unsere Aufgabe ist es, Lösungen aufzuzeigen, bevor etwas vom Bund diktiert wird», sagte Müller. 

Qualität würde leiden

Manfred Büchele vom Kompetenzzentrum Obstbau-Bodensee in Ravensburg (D) erachtet es als wichtig, dass man gemeinsam, auch länderübergreifend nach Lösungen sucht. Für ihn ist klar: «Ohne PSM ist es nicht möglich, Obst in der geforderten Qualität zu produzieren.» Er wies darauf hin, dass Obstbauern Ware herstellen, keine Rohstoffe, die man veredelt. Büchele bezeichnet den Pflanzenschutz als «Königsdisziplin des Obstbaus».

Auch Benno Neff, Geschäftsführer der Tobi Seeobst AG und damit Vertreter des Handels, bestätigte, dass die Qualität das A und O ist. «Das ist erstens eine Voraussetzung für eine einwandfreie Lagerung. Zweitens will der Kunde den perfekten Apfel: Knackig, ohne Flecken.» 

Neff stellt eine zunehmende Sensibilität der Kunden fest. «Der Apfel gilt nach wie vor  als sehr gesund. Wir müssen aber aufpassen, dass wir Themen wie Ressourcenschonung oder Umweltschutz nicht ausser Acht lassen.» 

Mit den Kunden reden

Für Jörg Streckeisen vom Thurgauer Obstverband spielt der direkte Kontakt mit dem Konsument eine wichtige Rolle. «Wir als Produzenten können dem Kunden am besten und glaubwürdigsten erklären, weshalb wir Pflanzenschutzmittel einsetzen.» Ob denn der Obstbau eine «Imageaufpollierung» nötig habe, wollte Frank Burose, Geschäftsführer Kompetenznetzwerk, von Streckeisen wissen. Dieser verneinte: «Wir müssen sachlich argumentieren. Wir haben nichts zu verbergen.» Sicher, es sei eine Herausforderung, wie man auf die viele Negativpresse reagieren soll. Eine Grosskampagne als Antwort  würde aber zu nichts führen, glaubt der Obstbauer. 

Bio ist nicht die Lösung

In der anschliessenden Diskussionsrunde rückte der Bioobstbau in den Fokus. Jörg Streckeisen, der seinen Betrieb Anfang Jahr umgestellt hat, äusserte sich zurückhaltend. «Der Markt für Bioobst ist da. Jeder muss sich selber die Frage stellen, ob er bereit ist, dieses Risiko einzugehen. Wir haben uns dafür entschieden.»  

Urs Müller, der in seiner Funktion als Obstbauberater viel in Kontakt kommt mit dem Bioobstbau, meinte dazu: «Bio ist nicht die Lösung. Vielmehr braucht es eine Kombination der Massnahmen und der verschiedenen Anbausysteme.» Er erlebe die Biobauern als sehr konstruktiv, es werde viel mehr hinterfragt. «Im Moment fehlen aber die biotechnischen Massnahmen. Die kann man nicht einfach aus dem Hut zaubern.» Benno Neff wies darauf hin, dass es sich bei Bio und IP um zwei verschiedene Schienen handle. «Wir dürfen diese Systeme nicht gegeneinander ausspielen.»

Alternativen sind teuer

Einig sind sich die Referenten, dass Handlungsbedarf im richtigen Umgang mit PSM besteht. Waschplätze müssen abdriftsicher sein. Ein weiterer Punkt ist die richtige Einstellung der Spritze, gerade in Gewässernähe.   Alternativen zum Herbizideinsatz gibt es bereits. Das Handicap bei der mechanischen Unkrautbekämpfung ist, dass sie in den Kinderschuhen steckt. Die Maschinen sind zudem sehr teuer. 

Im Vorfeld der Arena zeigte Patrick Stadler, Betriebsleiter des Versuchsbetriebs, einige Maschinen, die man im Moment testet. Eine war der «Grasskiller». Damit wird Wasser mit einem Druck von über 1000 bar durch einen rotierenden Kopf in den Boden gejagt. Das Unkraut stirbt ab, ohne dass die Bäume geschädigt werden. Allerdings, so Stadler, fährt man mit einer Geschwindigkeit von 2,5 Stundenkilometern. Vergleicht man den Dieselbrauch für diese Maschine mit demjenigen, den man fürs Spritzen braucht, stellt sich berechtigterweise die Frage, was in diesem Fall ökologischer ist.

Stefanie Giger