Es war kein einfacher Entscheid, den Werner Walter am vergangenen Freitag zu fällen hatte. Als OK-Präsident der 10. Solothurner Eliteschau hatte er abzuwägen, ob aufgrund akuter Seuchengefahr auf eine Austragung der im Zweijahresrhythmus stattfindenden Ausstellung verzichtet werden soll.

BVD-Tiere von Solothurner Sömmerungsbetrieb führten zu Absage

«Da kam plötzlich ein Rattenschwanz», erklärt Walter gegenüber der BauernZeitung. Ein Rattenschwanz in dem Sinne, dass man feststellen musste, dass zu viele der angemeldeten Tiere im Vorfeld mit der Bovine Virus-Diarrhoe (BVD) in Kontakt gekommen sein könnten. Was war passiert?

Die Spuren führen auf einen Solothurner Sömmerungsbetrieb. Dort wurden zwei BVD persistent infizierte Tiere, sogenannte Streuer, die im Kanton Aargau gefunden worden sind, gesömmert, wie Otto Maissen, stellvertretender Solothurner Kantonstierarzt, auf Anfrage erklärt. «In einem solchen Fall leitet der betroffene Kanton, hier der Kanton Aargau, entsprechende Untersuchungen zur Abklärung der Infektionsquelle und zur Suche nach weiteren infizierten Tieren ein. Dabei stellte sich heraus, dass ein Solothurner Bestand,dessen Tiere auf dem gleichen Sömmerungsbetrieb geweidet hatten, offensichtlich mit BVD in Berührung gekommen sind», erläutert Maissen den Hergang.

Da dieser Bestand zunächst auch auf einem zweiten Solothurner Sömmerungsbetrieb die gleichen Tiere in diesem Jahr gesömmert hatte, sei ohne weitere Abklärungen nicht zu bestimmen, ob ein BVD-Geschehen auf einem oder auf zwei Sömmerungsbetrieben stattgefunden habe. Nun waren Tiere aus Betrieben, die auf diesem zweiten Sömmerungsbetrieb weideten, an die Eliteschau in Mümliswil gemeldet. Das erhöhte Risiko einer Verbreitung von BVD durch die Eliteschau wollten die Verantwortlichen nicht in Kauf nehmen und sagten die Ausstellung im letzten Moment ab. «Vielleicht zeigt es sich, dass alles nur halb so schlimm ist», erklärt Werner Walter. Bis das bekannt ist, wird es allerdings noch andauern.

«Der Veterinärdienst des Kantons Aargau hat gemäss unserer Übersicht Abklärungen auf 26 Betrieben in sieben Kantonen (AG, BE, BL, LU, SH, SO, ZG) eingeleitet. Von diesen sind sechs Betriebe aus dem Kanton Solothurn», so Maissen. Auch der Veterinärdienst Solothurn habe seinerseits, um eine Ansteckung auf dem zweiten Sömmerungsbetrieb zu untersuchen, Probenahmen in 15 Betrieben in den Kantonen SO (13) und BE (2) eingeleitet. Eine Grossuntersuchung also. Welche Resultate davon zu erwarten sind, kann derzeit nicht abgeschätzt werden. «Das Ausmass des ganzen Geschehens hängt wesentlich von den Ergebnissen der nun eingeleiteten Untersuchungen in allen Kantonen ab. Je nachdem wie diese Ergebnisse ausfallen, sind mehr oder weniger Folgeinfektionen zu erwarten», so Otto Maissen. Dabei spielten vor allem trächtige Tiere eine wesentliche Rolle, die in den nächsten Monaten Kälber gebären, die Streuer sein könnten.

Solche Risikotieren suchen die Kantone, damit so früh wie möglich Vorsichtsmassnahmen getroffen werden können. Als Hauptgrund für die Einschleppung von BVD nennt der stellvertretende Solothurner Kantonstierarzt den Tierverkehr. «Unsere Strukturen in der Rindviehhaltung bedingen einen hohen Tierverkehr», sagt Otto Maissen. Dieser sei und bleibe somit ein sehr grosser Risikofaktor. Im Vordergrund der Prävention stehe der Schutz der trächtigen Tiere. So solle beispielsweise beim Zukauf und bei der Haltung von Masttieren eine sehr gute Trennung zu Zuchttieren durchgeführt werden. Kümmerer sollten einem Tierarzt für eine Untersuchung auf BVD gemeldet werden. Zudem müssen Aborte ab dem 3. Trächtigkeitsmonat einem Tierarzt gemeldet werden. Auf Sömmerungsbetrieben könnten gut getrennte Weiden das Verschleppen von BVD von Weide zu Weide oder gegebenenfalls zum Ganzjahresbetrieb verhindern. «In den BVDFällen der letzten Jahre konnten wir kein Selbstverschulden der Tierhalter feststellen», attestiert Maissen den Bauern. Sie sind es auch, die vom Schaden, der durch das Virus verursacht werden kann, betroffen sind. Wie lange und in welchem Ausmass die Sömmerung 2018 die Bauern noch beschäftigen wird, ist derzeit nicht abzuschätzen.

Trächtige Tiere als Risiko

Die Solothurner Eliteschau geht ohne grosse Siegerinnen vorüber. Die Glocken für die Gewinner, wurden vorerst nach Bärau in die Glockengiesserei zurückgebracht. Was mit ihnen passieren wird, sei noch nicht abschliessend besprochen. Das OK rund um die Ausstellung dürfte noch einige Tage mit der Bearbeitung der Absage beschäftigt sein. Für OK-Präsident Werner Walter steht fest, man habe den richtigen Entscheid getroffen. «So ein Risiko kann niemand tragen », erklärt er. Vorerst dürfte es in Sachen BVD anspruchsvoll bleiben. «Um früher Fälle zu entdecken, wird die BVD-Überwachung ab 2019 weiter intensiviert», schliesst Otto Maissen.