Solarfarmen in Bergregionen können den jahreszeitlich schwankenden Strombedarf besser decken als Anlagen im Flachland. Zudem benötigen sie weniger Fläche. Zu diesem Schluss kommt eine Untersuchung der ETH Lausanne (EPFL) und des WSL-Forschungsinstituts für Schnee- und Lawinenforschung (SLF).

Das Team um Annelen Kahl hat dafür berechnet, wie sich die Stromerzeugung in verschiedenen Höhen und bei unterschiedlichen Neigungswinkeln der Solarpaneele im Jahresverlauf entwickelt. Die Studie betrachte zwar die Schweiz, die Ergebnisse liessen sich jedoch auf ähnliche Regionen übertragen, schreiben die Forschenden in den "Proceedings" der US-Akademie der Wissenschaften ("PNAS").

Produktion dem Bedarf annähern

Ein Problem bei der Nutzung von Solarstrom ist, dass Bedarf und Produktion oft gegenläufig sind: Solarfelder produzieren den meisten Strom im Sommer, während der Strombedarf im Winter am höchsten ist. Da es nicht ausreichend grosse Kapazitäten für die Langzeitspeicherung gibt, erschwert diese Diskrepanz eine Erhöhung des Solarstromanteils am Energiemix. Die vom Stimmvolk beschlossene Energiestrategie 2050 sieht aber vor, auf erneuerbare Energiequellen anstelle von Atomstrom zu setzen.

Die Forschenden um Kahl untersuchten daher ein Szenario, in dem die Hälfte des Atomstroms durch Solarstrom ersetzt wird. Mit konventionellen Anlagen im Flachland wäre dafür eine Solarzellenfläche von etwa 57 Quadratkilometern nötig.

Verlegt man die Solarfarmen dagegen in Bergregionen oberhalb der winterlichen Schneegrenze, steigt die Produktivität aus drei Gründen: Zum einen schluckt die Atmosphäre in höheren Lagen weniger Sonnenstrahlung, zum anderen ist die Wolkenbedeckung im Winter in der Höhe geringer als im Flachland, und der Schnee reflektiert im Winter sehr viel Sonnenlicht.

Steilerer Winkel nötig

Um das reflektierte Licht im Winter optimal auszunutzen, müssten die Solarpaneele mit einer Neigung von 65 Grad deutlich steiler aufgestellt werden als im Schweizer Flachland, wo der optimale Neigungswinkel bei etwa 37 Grad liegt.

Solche Gebirgsinstallationen kämen den Forschern zufolge mit etwa 47 Quadratkilometern Solarzellenfläche aus, etwa ein Sechstel weniger als im Flachland. Durch ihre erhöhte Winterproduktivität könnten sie zudem den saisonal schwankenden Strombedarf besser bedienen als konventionelle Solarfarmen im Flachland. Der Berg-Solarstrom würde die Diskrepanz zwischen Produktion und Bedarf auf immerhin etwa die Hälfte verringern.

Um Schneebedeckung zu vermeiden, könnten die Solarpaneele in den Bergen auch komplett senkrecht montiert werden, betonen die Forschenden. Dadurch sinke die Winterproduktivität kaum. Zwar steigt dadurch die nötige Solarzellenfläche, sie liegt aber immer noch knapp unter dem Flächenbedarf im Flachland.

Bestehende Strukturen nutzen

Mögliche Umweltauswirkungen der Berg-Solarfarmen haben die Forschenden in der Studie nicht untersucht. "Der direkte Einfluss hängt von der bestehenden Infrastruktur ab", erläuterte Kahl auf Nachfrage. "Wenn man einen abgelegenen Ort wählt, der weder Strassenzugang noch Anschluss an das Elektrizitätsnetz hat, sind die Auswirkungen grösser, als wenn man zum Beispiel auf bestehenden Gebäuden und anderen Strukturen in einem Dorf, einem Skigebiet oder an Wasserkraftwerken installiert."

Die Installation in bereits erschlossenen Gebieten sei vorzuziehen, und in den Alpen seien bereits weite Teile der Bergregionen mit entsprechender Infrastruktur versehen, erklärte Kahl. Um dies genauer abzuschätzen, seien jedoch weitere Studien nötig.

sda