Eine wegen Kindsmord angeklagte Muttersau wird für schuldig befunden und in der Folge als Mensch geschminkt vor den Schweinen aus der Region hingerichtet: Vor fast 600 Jahren ereignete sich dieser Prozess in Frankreich, wie "Le monde diplomatique" in der Augustausgabe schreibt.

Anwalt für Besitzer, nicht aber für Schwein

Die Verhandlungen gegen Tiere seien damals denselben gerichtlichen Ritualen wie Prozessen gegen Menschen gefolgt. Tiere wurden damals als mit Bewusstsein ausgestattete Wesen angesehen, die über einen eigenen Willen verfügen und somit für ihre Taten einstehen müssen. Man ging sogar davon aus, dass die Tiere den Urteilsspruch verstehen können.

Was die Muttersau damals über ihr Urteil gedacht hat, sei dahingestellt. Tatsache ist, dass sie zum Tod durch Erhängen verurteilt wurde. Ihre Ferkel entgingen mangels Zeugen diesem Schicksal. Der Besitzer der Tiere wurde von einem Anwalt unterstützt und kam glimpflich davon: Er musste lediglich die Verhandlungskosten übernehmen.  

Noch heute Spuren der Schweizer Prozesse

Ähnliche Gerichtsprozesse fanden auch in der Schweiz statt, wie beispielsweise die Appenzeller Hofnamen "Hundshenki" und "Hundsgalgen" belegen. Stefan Sonderegger schrieb dazu im Bericht über das Jahr 1958: "Es kann kein Zweifel bestehen, dass es sich hier um Zeugnisse von Tierstrafen oder Tierprozessen handelt." 

dmo