Wie sich die belastende Umstrukturierung des Sektors auf die Lebensqualität jener Menschen auswirkt, die auf Milchwirtschaftsbetrieben leben und arbeiten, wurde bisher kaum untersucht, heisst es in einem Beitrag von «Agrarforschung Schweiz». Eine Studie der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaft HAFL unter der Leitung der neuen Dozentin für Agarsoziologie Sandra Contzen füllt nun diese Lücke.

Strategien in fünf Bereichen

In den Gesprächen kamen Strategien in fünf unterschiedlichen Bereichen zur Sprache:

Arbeitsgestaltung: Eine passende Stalleinrichtung, regelmässige Freitage, eine gute Personenkonstellation oder überbetriebliche Zusammenarbeit sollen mehr freie Zeit verschaffen für Erholung, Familie oder Planung sowie mehr Flexibilität und weniger Angebundensein ermöglichen. 

Arbeitserleichterung: Die sinnvolle Mechanisierung und Automatisierung in Betrieb und Haushalt bezweckt, Zeit einzusparen oder körperlich anstrengende Arbeit zu reduzieren.

Abgrenzung: Hier geht es um die Trennung von Arbeit und Privatsphäre. Mögliche Vorgehensweisen sind bauliche Massnahen (z. B. ein separater Wohnbereich für Lernende) oder Organisatorisches (z. B. vorübergehende Distanz zum Betrieb oder reduzierte Erreichbarkeit während Ferien).

Horizonterweiterung: Gegen Betriebsblindheit und zur Anregung der Selbstreflexion trägt die Pflege sozialer Kontakte oder der Besuch von Arbeitskreisen bei. 

Anpassung der Betriebsausrichtung: Die Umstellung auf Bio, eine Reduktion, Auslagerung oder die Aufgabe eines Betriebszweigs dienen dazu, die Freude an der Arbeit zu behalten. Gleichzeitig können sie Wertschätzung und / oder Rentabilität verbessern. 

Ein Ideenkatalog für alle

Die oben aufgeführten Strategien sind teilweise einfach umsetzbar, andere verlangen mehr Aufwand hinsichtlich Planung und Ressourcen, fassen die Forschenden zusammen. Zwar wurden im Rahmen dieses Projekts ausschliesslich Personen im Umfeld der Milchproduktion befragt, die Ergebnisse seien aber auch für andere Betriebe als eine Art Ideenkatalog wertvoll. Die Autoren sind sich jedoch sicher, dass jede Bauernfamilie ihre individuell passende Strategie finden müsse.

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Lebensqualität auch in der Beratung thematisieren

Beim finden der passenden Strategie für mehr Lebensqualität kann eine Beratung hilfreich sein. Dieses Thema sollte bei strategischen Entscheidungen sowie in der Fachberatung in unterschiedlichen Bereichen gezielt aufgenommen werden, so die Empfehlung der HAFL. Gespräche mit 15 landwirtschaftlichen Beratungspersonen hätten allerdings gezeigt, dass nicht alle konsequent Fragen zur Lebensqualität stellen. Einige fühlten sich dafür zu unerfahren.

Generell sind laut Studie alle auf dem Betrieb lebenden Familienmitglieder in den Beratungsprozess miteinzubeziehen. Schliesslich sei die Lebensqualität ist mit vielen Aspekten auf betrieblicher, familiärer und persönlicher Ebene verbunden

Mehr über Agrarsoziologie erfahren Sie im Interview mit Sandra Contzen.