Wenn der Vorstand der Branchenorganisation Milch tagt, dann geht es um die Wurst - aber nur im übertragenen Sinne. Meist geht es um Milch, Markt, Macht und Geld. Es geht um Preise, um Einfluss und nicht selten um die Frage, wer in den Verhandlungen die besseren Karten und die bessere Taktik hat.

Hitzige Debatte vor dem Entscheid

Am Mittwoch war es wieder soweit: der Vorstand der Branchenorganisation Milch traf sich und beriet über den Richtpreis für A-Milch im 4. Quartal 2018. Wie es in einem solchen Gremium üblich ist, vereinbarten die Akteure Stillschweigen darüber, wer wie in der Sitzung abgestimmt hat. Aus der Medienmitteilung der BOM war jedoch zu entnehmen, dass eine hitzige Diskussion dem nicht-Entscheid vorausgegangen sein muss. Dem Antrag der Milchproduzenten, den Richtpreis zu erhöhen, wollten die Verarbeiter demnach nicht folgen. Grund dafür: die unterschiedliche Einschätzung der Marktlage.

Harsche Töne aus Brugg

Wenig überraschend hält sich einen Tag später der Detailhandel und die Milchindustrie zurück, während die Milchproduzenten ihren Unmut kundtun. Wenig überraschend ist der Schweizer Bauernverband in seinem Urteil härter, und den Aussagen pointierter, als es die Genossenschaft der Schweizer Milchproduzenten ist. So schreibt der SBV in der Medienmitteilung: «Die Branchenorganisation Milch (BO Milch) bewies mit ihrem gestrigen Entscheid einer Nullrunde beim Richtpreis Milch, dass sie weder fähig noch willens ist, brancheninterne Entscheide zu fällen.»

So ist nach Sicht des SBV «unbestritten», dass die Milchbauern mit Futterknappheit und teureren Zukäufen konfrontiert seien; beides Faktoren, die die Milchproduktion verteuerten. «Eine Erhöhung des bereits sehr tiefen Milchpreises um 5 Rappen wäre in dieser ausserordentlichen Lage zwingend gewesen», heisst es weiter. Das hätte nämlich gezeigt, dass die BOM in der Lage wäre, auf «ausserordentliche Entwicklungen zu reagieren - ohne dass jedes Mal die Politik bemüht werden muss.» Wenig überraschend schreibt der SBV, er sei «empört über die Arroganz und fehlende Solidarität.» Und der Verband lässt verlauten, dass, wenn sich die Branche nicht selbst helfen lassen wolle, dann die Politik in Zukunft wieder Mitreden müsse.

Konziliantere SMP

Deutlich weniger hart äusserten sich die SMP. So hätten die Marktpartner innerhalb der BOM bei der Marktbeurteilung die Situation falsch eingeschätzt: «Die Auswirkungen der Trockenheit werden den Markt in den kommenden Monaten nicht nur in der Schweiz, sondern europaweit deutlich verändern; davon sind die Milchproduzenten überzeugt», heisst es in einer Mitteilung. Grund für diese Einschätzung sei, dass in ganz Europa das Futter für Milchkühe knapp sei. «Der Deutsche Bauernverband beispielsweise rechnet mit einem trockenheitsbedingten Ernteausfall von einem Drittel. Das führt nun in den kommenden Monaten dazu, dass die Milcheinlieferungen zurückgehen und die Fett- und Eiweissgehalte tiefer ausfallen werden», schreiben die SMP. Der Butter dürfte deshalb bis Ende 2018 zur Mangelware werden, derweil die Futterkosten steigen.

Rückkommen gefordert

Offenbar waren an der letzten Vorstandssitzung die Verarbeiter besser vorbereitet, zumal die Milchproduzenten gemäss SMP geschlossen für die Milchpreiserhöhung gestimmt hätten. In der Folge fordern sowohl die SMP als auch der SBV einen Rückkommen auf den Entscheid. Formell wäre das möglich; ob sich der BOM-Vorstand angesichts der Marktlage aber tatsächlich auf einen höheren Preis einigen kann, ist derzeit unklar.

hja