So stellt man sich einen Reinzuchtbetrieb vor: Kühe mit extrem starken Typeigenschaften, stahlharten Fundamenten und Eutern, die keine Wünsche offenlassen. Dazu tragen die Simmentalerkühe einen Kopfschmuck, der schon fast einem Kunstwerk gleicht. Es ist wirklich ein Genuss, Gast zu sein bei der Reinzüchterfamilie Johann und Anita von Grünigen aus Turbach. Nicht nur mit ihren reinen Simmentalerkühen sind von Grünigens weit über die Kantonsgrenze hinaus bekannt, auch durch die Teilnahme an der «Gstaad Züglete» sind sie mit ihren schönen Kühen ein wahrer Blickfang.

Passt perfekt auf den Betrieb

«Die reine Simmentalerkuh, passt einfach perfekt auf unseren Betrieb, der auf 1370 m ü. M. liegt», sagt Johann von Grünigen. Sie sei anpassungsfähig, berggängig und dank ihrer Doppelnutzung liefere sie nicht nur Milch, sondern auch wertvolles Fleisch. Die Züchterfamilie weiss, was sie an ihren Simmentalerkühen hat: Nicht nur etliche Schauerfolge gehen auf ihr Konto, auch der alljährliche Alpaufzug im Frühling oder der Abzug im Herbst gehören zu den grossen Highlights der Reinzüchter. Und die Familie von Grünigen hat noch ein weiteres Kunststück geschafft, dass es wohl auch nie mehr geben wird. «Mein Vater Walter hat die Kuh Omega gezüchtet, welche 1978 an der Herbstschau mit 99 Punkten beurteilt wurde», erinnert sich Johann von Grünigen noch. Bis heute sei Omega die einzige Kuh, der man die 99 Punkte belassen habe.

Eine Kuh mit 99 Punkten

Die 99-punktige Moritz Omega war nicht nur schön, sondern sie gab ihr eindrückliches Exterieur auch weiter. «Sie hat unsere Zucht massgeblich geprägt», sagt Johann von Grünigen. «Noch heute haben wir etliche Nachkommen aus der Omega-Linie im Stall», doppelt seine Frau Anita nach. Aus dieser Kuhfamilie stammen auch die erfolgreichen Ausstellungskühe Fels Tulipa oder Benno Krone ab. Vor allem Krone war eine Kuh, die es Anfang 2000 zu schlagen galt. Diese Kuh stellte die Züchterfamilie so richtig ins Rampenlicht. So holte die mächtige Krone 2005 den Miss-Titel an der VSA in Thun und wurde im gleichen Jahr auch Miss Simmental an der Bernischen Eliteschau. Ein Jahr später ging ihr Erfolg weiter: 2006 wurde Krone Grand Champion an der Swiss Expo und wurde auch Miss an der Reinzuchtausstellung in Thun wie auch Miss an der Top-Schau Saanenland. «Ja, Krone war sicher eine Kuh, die man nur einmal im Leben züchten kann», sagt Johann von Grünigen anerkennend. Von Krone konnte sogar ein Stier nach Frankreich verkauft werden.

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Moritz Omega, die an der Viehschau 1978 mit 99 Punkten beurteilt wurde, stammt aus dem Betrieb von Grünigen. (Bild von Grünigen)

Krone und Tulipa sind nur zwei Kühe von vielen, die aus dem Natursprung abstammten. «Der Natursprung hat auf unserem Betrieb und im ganzen Turbachtal eine sehr grosse Bedeutung», sagt Anita von Grünigen. Jahrelang hegten und pflegten sie auch den Genossenschaftsstier in ihrem Stall. Heute setzt die Züchterfamilie vor allem ihren eigenen Zuchtstier ein. «Mit unseren Natursprungstieren hatten wir immer Glück», hält der Reinzüchter fest. «Auch einen Unfall gab es bisher noch nie», sagt Anita von Grünigen, die meistens für das Wohl der Stiere und auch das Führen der Kolosse zuständig ist.

Verschiedene Stiere

So standen bei von Grünigens auch die bekannten Simmentalerstiere Amarone, Sipan oder Unikat im Stall, bevor diese zu Swissgenetics gingen. «Der Genossenschaftsstierankauf war immer eine interessante Sache», erinnert sich der Landwirt. Dafür verantwortlich war eine extra dafür geschaffene Einkaufskommission mit vier bis fünf Personen. «Da ging es manchmal schon lange hin und her, bis man den richtigen Stier gefunden hat», lacht von Grünigen. Einige hatten dabei vermehrt ein Augenmerk auf das Fundament und die anderen schauten verstärkt auf die Euteranlagen der Mutterlinie. «Irgendwie hat sich die Einkaufskommission immer noch gefunden», sagt er. Von Grünigen kann sich noch erinnern, dass der teuerste gekaufte Genossenschaftsstier um die 8000 Franken kostete.

Beim Stallrundgang wird klar, warum von Grünigens schon jahrelang erfolgreich auf die Simmentaler setzen. Von den 17 Kühen ist eine wie die andere wie aus einem Guss: Punkto Typeigenschaften, Lende, Becken, Bemuskelung und auch Euterqualität gehören von Grünigens Kühe einer anderen Liga an. «Entweder passt ein Stier auf die Herde oder nicht», sagt der Züchter nüchtern. Er kenne einige Natursprungstiere, die bei ihnen eingeschlagen haben, beim Nachbar aber nicht oder umgekehrt. «Züchten hat immer noch viel mit Gespür zu tun», ist Anita von Grünigen überzeugt. Genomische Zuchtwerte und Zahlen seien sicher hilfreich, aber die Ahnenlinie sei für eine erfolgreiche Zucht unabdingbar. Sage und schreibe fünfzehn 98-punktige Kühe hat die Züchterfamilie bisher hervorgebracht, fünf davon sind immer noch im Stall.

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Die reinen Simmentalerkühe sind von Kopf bis Fuss eine Pracht. Auch der Hornpflege wird grosse Beachtung geschenkt. 

«Unser Zuchtziel ist ganz klar die Zweinutzungskuh mit einer guten Bemuskelung und einem starken Fundament», hält von Grünigen fest. Damit man auch Zuchtkühe verkaufen könne, sei ein starkes Euter mit einer guten Melkbarkeit unabdingbar. Dass von Grünigens auch Kühe züchten können, die alt werden, beweist die eindrückliche 14-jährige Kuh Xantia in ihrem Stall. Trotz ihres Alters steht Xantia immer noch mit einem tadellosen Fundament und einem gut aufgehängten Euter da. Oder die zwölfjährige Leitkuh Silvan Kenia, die jedes Züchterherz höherschlagen lässt. Mit Leistungen von bis zu 8500 kg, mit 55 55 98 punktiert und einem tadellosen Exterieur ist Kenia immer noch ein wahrer Blickfang. «Alle Kühe, auch die Älteste, laufen immer noch von zu Hause auf die Vorweide und im Sommer auf die Alp und im Herbst wieder zurück», sagt Johann von Grünigen. 56 Kilometer und viermal Zügeln seien das pro Jahr, da brauche es schon eine widerstandsfähige Kuh, die fit sei und gut laufen könne.

Die Tradition bewahren

Johann und Anita von Grünigen, bewirtschaften ihren 25 ha grossen Betrieb plus die Alp mit 18 Kuhrechten, zusammen mit ihrem ältesten Sohn in einer Generationengemeinschaft. Der Junior geht zusätzlich noch seinem ersterlernten Beruf als Zimmermann nach.

Neben der reinen Simmentalerkuh setzt sich die ganze Familie auch stark für Traditionen ein. Dazu gehört auch die «Gstaad Züglete», welche meistens Anfang September stattfindet. Je nach Wetterverhältnissen und Gras seien es bis zu sieben Familien, die mit ihrem Vieh von der Alp ins Tal zurückkehren. Auch von Grünigens machen immer an der Gstaad Züglete mit. Mit ihren schön geschmückten Kühen kehren von Grünigens dann von der Alp wieder auf die Vorweide zurück. Dabei durchqueren sie den Nobelort Gstaad. «Mit dieser Tradition versuchen wir, unsere Kultur den vielen ausländischen und einheimischen Gästen weiterzuvermitteln», sagt Johann von Grünigen. Dabei bieten ihre Simmentalerkühe mit dem prächtigen Blumenschmuck ein tausendfaches Fotosujet.

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An der «Gstaad Züglete», Anfang September in Gstaad, sind auch von Grünigens Kühe mit dabei. (Bild von Grünigen)